Die National Science Foundation (NSF) ist seit inzwischen 75 Jahren eines der zentralen Säulen der wissenschaftlichen Forschungslandschaft in den USA. Als staatliche Förderinstitution trägt sie maßgeblich zur Finanzierung von Grundlagenforschung außerhalb des biomedizinischen Bereichs bei und unterstützt so entscheidende Fortschritte in Bereichen wie Klimawissenschaft, künstliche Intelligenz, Quantenmaterialien oder Cybersicherheit. Neben der Finanzierung von Forschungsprojekten spielt die NSF eine bedeutende Rolle bei der Ausbildung von Nachwuchswissenschaftlern und bei der Sicherstellung offener, reproduzierbarer wissenschaftlicher Methoden, die die Innovationskraft des amerikanischen Wissenschaftssystems stärken. Nun jedoch steht die NSF vor einer bislang beispiellosen Zerschlagung, die tiefgreifende Auswirkungen haben wird – nicht nur für die Wissenschaft, sondern auch für die amerikanische Wirtschaft insgesamt. Eine der zentralen Maßnahmen ist die vollständige Auflösung aller 37 Forschungsabteilungen der NSF.
Diese Abteilungen waren bisher für die fachliche Begutachtung und Entscheidung über Förderanträge zuständig. Divisionleiter mit tiefgreifender Expertise verantworteten die Auswahl der Projekte und die Vergabe der finanziellen Mittel. Das neue System sieht eine Zentralisierung der Entscheidungen im Rahmen einer neuen Leitungsebene vor, deren Mitglieder bislang nicht öffentlich bekannt sind. Diese Verlagerung der Entscheidungsbefugnisse von wissenschaftlichen Experten hin zu potenziell ideologisch gesteuerten Instanzen sorgt in der Fachwelt für erhebliche Besorgnis. Diese Umstrukturierungen gehen einher mit der Absage von bereits zugesagten Fördermitteln in Höhe von über einer Milliarde US-Dollar sowie einem geplanten Budgetkürzungsvorschlag von 55 Prozent.
Der ehemalige NSF-Direktor Sethuraman Panchanathan hat in diesem Zuge seinen Rücktritt erklärt, was als Signal für eine sich verschärfende institutionelle Krise gewertet wird. Kritiker sehen in der Aktion keinen legitimen Reformprozess, sondern eine gezielte Demontage der NSF als unabhängige und wissenschaftsgetriebene Förderinstitution. Hintergrund für diese Zerschlagung sind nicht nur finanzielle Erwägungen, sondern auch politische Eingriffe. Insbesondere Forschungsschwerpunkte, die sich mit gesellschaftlich relevanten Themen wie Klimawandel, Impfwissenschaften, HIV/AIDS oder Diversitätsstudien beschäftigen, erleben drastische Kürzungen. Viele Wissenschaftler befürchten, dass die Forschungsbreite und die akademische Freiheit in der Wissenschaft durch die ideologisch motivierte Neuausrichtung der Förderpolitik in erheblichem Maße eingeschränkt werden.
Die möglichen langfristigen Folgen betreffen nicht nur die Grundlagenforschung selbst, sondern auch die Innovationsfähigkeit der USA, die auf einem unabhängigen und vielfältigen Wissenschaftssystem beruht. Die Bedeutung der NSF geht weit über die Vergabe von Forschungsgeldern hinaus. Sie ist ein wesentlicher Motor für die Ausbildung junger Wissenschaftler und Forschender, die essentiell für den wissenschaftlichen Nachwuchs und die Zukunft der Forschung in den USA sind. Ohne stabile und verlässliche Förderstrukturen droht ein Verlust von Talenten und eine Abwanderung amerikanischer Forschender ins Ausland. Ein solcher Brain Drain würde die Wettbewerbsfähigkeit der USA im globalen Innovationswettbewerb nachhaltig schwächen.
Ökonomisch betrachtet ist die Investition in Forschung und Entwicklung eine der lohnendsten Strategien für langfristiges Wachstum. Studien des Federal Reserve Bank of Dallas zeigen, dass staatlich geförderte nicht-militärische Forschungs- und Entwicklungsprojekte eine Rendite von 150 bis 300 Prozent erbringen und rund ein Viertel des Produktivitätswachstums in den USA seit dem Zweiten Weltkrieg erklären. Folglich ist die geplante Kürzung und Umstrukturierung der NSF nicht nur ein wissenschaftliches, sondern auch ein wirtschaftspolitisches Desaster, das den Fortschritt behindert und die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten amerikanischen Wirtschaft gefährdet. Die zunehmende politische Einflussnahme auf die Wissenschaftsförderung steht zudem im krassen Gegensatz zu den Prinzipien von Transparenz, Offenheit und Exzellenz, die für unabhängige Forschung notwendig sind. Forscher kritisieren, dass die neue Förderstruktur ideologische Kriterien über fachliche Expertise stellt, was zu einer Verzerrung der Forschungsagenda führen kann und damit nicht den wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Anforderungen genügt.
Viele Experten fordern stattdessen eine Modernisierung des Forschungsförderungsprozesses durch bessere Datenzugänglichkeit, höhere Transparenz und stärkere Rechenschaftspflicht. Diese sinnvollen Reformansätze könnten eine bessere Ausrichtung an den gesellschaftlichen Bedürfnissen gewährleisten, ohne jedoch das Rückgrat der NSF zu zerstören. Die Konsequenzen der Zerschlagung der NSF zeigen sich bereits in einer wachsenden Instabilität der amerikanischen Wissenschaftsgemeinschaft. Die wissenschaftliche Zeitschrift Nature berichtet von einem Anstieg der Zahl amerikanischer Wissenschaftler, die sich wegen der unklaren Finanzierungslage und der politischen Eingriffe für eine Karriere im Ausland entscheiden. Dabei geht es nicht nur um einzelne Karrieren, sondern um ein strukturelles Problem, das die Innovationskraft der gesamten Nation bedroht.
Die USA verlieren damit eine ihrer wichtigsten strategischen Ressourcen – die Fähigkeit, Spitzenwissenschaftler anzuziehen und zu halten. Angesichts globaler Herausforderungen wie Pandemien, Klimawandel, Cybersecurity und den rasanten Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz ist stabile, langfristige und unabhängige Forschungsförderung essentiell. Die Entscheidung, die NSF derart zu schwächen und umzustrukturieren, wirkt kontraproduktiv und ignoriert die Bedeutung von Wissenschaft als Schlüssel für die Bewältigung dieser Herausforderungen. Der „Brain Drain“, die finanzielle Unsicherheit von Forschungsvorhaben und die ideologische Lenkung gefährden die Innovationsfähigkeit und damit die wirtschaftliche und soziale Zukunft der USA. Es gibt jedoch Hoffnung durch eine Rückbesinnung auf die Grundprinzipien der NSF.
Eine Wiederherstellung der ursprünglichen Forschungsabteilungen und der Schutz des Peer-Review-Verfahrens würden eine Rückkehr zu bewährten Strukturen bedeuten. Ebenso notwendig ist es, die personelle Kapazität der NSF wieder auszubauen und ihre Unabhängigkeit gegenüber politischem Einfluss zu wahren. Vor allem aber bedarf es einer Erhöhung der Forschungsinvestitionen, um den Wissenschaftsbetrieb zukunftssicher zu gestalten und neue wissenschaftliche Durchbrüche zu ermöglichen. Die Frage der Wissenschaftsförderung in den USA ist daher keine bloße Budgetangelegenheit, sondern ein grundlegendes Thema der Gesellschafts- und Zukunftsgestaltung. Wissenschaftspolitik entscheidet über die Richtung, in die sich sowohl Forschung als auch das gesellschaftliche und wirtschaftliche Gefüge entwickeln.
Im Kern geht es darum, den Wert von Wissenschaft als gemeinsames Gut zu erkennen und sie als Investition in eine bessere Zukunft zu verstehen. Abschließend lässt sich festhalten, dass die gegenwärtigen Veränderungen bei der NSF als Warnsignal betrachtet werden müssen. Die Zerschlagung dieser Institution gefährdet nicht nur die wissenschaftliche Exzellenz und akademische Freiheit, sondern hat auch direkte negative Auswirkungen auf die gesamte amerikanische Wirtschaft und Gesellschaft. Es gilt nun, den Reformdruck konstruktiv zu nutzen, um eine moderne, transparente und leistungsfähige Wissenschaftsförderung zu gestalten – ohne dabei bewährte Strukturen zu zerstören oder den Einfluss der Wissenschaft unter dem Vorwand politischer Kontrolle zu schmälern. Die Zukunft der amerikanischen Wissenschaft hängt entscheidend von der Handlungsfähigkeit und Unabhängigkeit der NSF ab.
Die amerikanische Gesellschaft und Politik stehen vor der Herausforderung, den Wert und die Bedeutung dieser Institution anzuerkennen und sie entsprechend zu stärken. Nur so kann der Innovationsstandort USA langfristig wettbewerbsfähig bleiben und die Wissenschaft weiterhin einen positiven Beitrag zu gesellschaftlichem Wohlstand und globalem Fortschritt leisten.