General Motors (GM), einer der weltweit größten Automobilhersteller und seit über einem Jahrhundert maßgeblich in der Automobilindustrie etabliert, befindet sich derzeit inmitten eines tiefgreifenden Wandels. Die Ära der Verbrennungsmotoren, lange Zeit das Rückgrat des Unternehmens und ein Synonym für amerikanische Automobilindustrie, nähert sich ihrem stillen Ende. Unter der Leitung von Mary Barra, der ersten weiblichen CEO bei GM, ist dieser Wandel sowohl strategisch durchdacht als auch vorsichtig kommuniziert worden, was ihn für viele Außenstehende zunächst kaum erkennbar macht. Genau dieses „stille Sterben“ der Verbrenner markiert aber eine bedeutende Zäsur nicht nur für GM, sondern auch für die gesamte Automobilbranche. Dabei geht es weit über die reine Einführung von Elektrofahrzeugen hinaus, es handelt sich um ein tiefgreifendes Umdenken in Produktion, Unternehmensstrategie und Arbeitsmarktpolitik.
Die Zeichen für das Ende der Verbrennung bei GM sind subtil, werden aber für Branchenbeobachter immer deutlicher. Bei der jüngsten Gewinnbekanntgabe wurde von Mary Barra der Begriff der „vorsichtigen Kapitalallokation im Einklang mit regulatorischen Realitäten“ benutzt. Diese Aussage lässt sich als Indiz dafür interpretieren, dass GM den langfristigen Niedergang seines Geschäfts mit internen Verbrennungsmotoren einplant. Die katalytische Wirkung verschärfter Umweltvorschriften, wie beispielsweise das geplante Verbot von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren in Kalifornien ab 2035 und verschärfte Emissionsstandards der US-Umweltbehörde EPA, zwingt nicht nur GM, sondern die gesamte Branche zu umdenken und sich intensiv mit der Elektromobilität auseinanderzusetzen. Wesentlich für diesen strategischen Wandel ist die Veränderung der Produktionsstrukturen.
Traditionelle Standorte, die seit Jahrzehnten Motoren und Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren fertigen, wie das ikonische Werk in Spring Hill, Tennessee, oder die Motorenproduktion in Flint, Michigan, rücken zunehmend in den Hintergrund. Diese Fabriken, einst Dreh- und Angelpunkte für die Entwicklung und Fertigung leistungsstarker Verbrennungsmotoren, erhalten kaum noch Investitionen – ein deutliches Zeichen für die nachlassende Bedeutung der Verbrennertechnologie in GMs Zukunftsplanung. Statt eines abrupten Schlussstrichs verfolgt GM allerdings eine Strategie der schrittweisen Transformation, die sich als sogenannte flexible Antriebstechnik in den Produktionsprozessen manifestiert. Diese Technik erlaubt es, auf denselben Produktionslinien sowohl Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor als auch vollelektrische Modelle herzustellen. Dieser „Hybrid“ aus alter und neuer Technologie hat den Vorteil, bestehende Kapazitäten und Arbeitsplätze zu erhalten, während gleichzeitig der Übergang zu Elektrofahrzeugen vorbereitet wird.
Ein Beispiel hierfür ist das Werk in Arlington, Texas, wo neben klassischen SUVs wie Chevrolet Tahoe und Cadillac Escalade zunehmend die Installation von Batteriemodulen vorbereitet wird. Auch die Werkstatt im Fort-Wayne-Truckwerk wird so umgerüstet, dass sie je nach Bedarf zwischen der Montage von Verbrennungs- und Elektrofahrzeugen wechseln kann. Der Vorteil dieser Strategie liegt nicht nur in der Flexibilität der Fertigung, sondern auch in der finanziellen Vernunft dahinter. Anpassungen und Reorganisationen in der Fertigung bringen erhebliche Kosten mit sich, die GM angesichts der engen Margen im Automobilgeschäft sorgfältig abwägen muss. In diesem Kontext fällt zudem auf, dass GM sein Personal in der Verbrennungsmotoren-Sparte durch eine natürliche Fluktuationsstrategie reduziert.
Anstatt Entlassungen vorzunehmen, verzichtet das Unternehmen darauf, frei werdende Positionen durch Pensionierungen oder freiwillige Abgänge neu zu besetzen. Diese politische Rücksichtnahme gegenüber der Belegschaft, insbesondere im Blick auf die anstehenden Tarifverhandlungen mit der United Auto Workers (UAW), ermöglicht es dem Unternehmen, den Strukturwandel sozialverträglich zu gestalten und negative Publicity zu vermeiden. Einen weiteren wichtigen Hinweis auf die langfristige Ausrichtung von GM bietet die Entwicklung im Bereich des geistigen Eigentums und der Forschung. Trotz erheblicher Investitionen in die sechste Generation des kleinen V8-Motors, der immer noch im leistungsstarken Segment des Portfolios eine Rolle spielt, gibt es verlässliche Berichte, dass GM bis 2035 die Produktion von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren einstellen will. Diese scheinbare Diskrepanz zwischen Investitionsvolumen und Unternehmenszielen lässt sich als ein Zeichen dafür lesen, dass das Unternehmen die verbleibende Zeit nutzen möchte, um bestehende Technologien zu perfektionieren und den Übergang zu einem emissionsfreien Sortiment möglichst reibungslos zu gestalten.
Auch das Händlernetz und unabhängige Werkstätten werden die Veränderungen in den nächsten Jahren deutlich spüren. Mit dem schrittweisen Rückzug aus der Verbrenner-Technologie wird der Ersatzteilmarkt schrumpfen und der technische Support für ältere Fahrzeuge voraussichtlich eingeschränkt werden. Für Kunden, die sich langfristig auf die Technologien von GM verlassen, bedeutet dies eine Phase des Übergangs, in der eine sorgfältige Balance zwischen alter und neuer Technologie gehalten werden muss. GM verfolgt den Wandel zur Elektromobilität mit einem klaren Zeitplan. Während die flexible Produktion und die Investitionen in neue Batteriesysteme bereits heute voranschreiten, wird die eigentliche Verschiebung zwischen 2027 und 2030 erwartet, wenn flexible Fertigungsanlagen vollständig auf Elektrofahrzeuge umgestellt sein sollten.
Danach werden Verbrennungsfahrzeuge, wenn überhaupt, vermehrt außerhalb der USA – wahrscheinlich in Mexiko – hergestellt und in Märkte mit weniger strengen Emissionsvorschriften geliefert. So kann GM weiterhin eine globale Produktpalette anbieten, ohne die ambitionierten Klima- und Umweltschutzmaßnahmen auf dem US-Heimatmarkt zu konterkarieren. Diese strategische Planung zeigt eine realistische Einschätzung der aktuellen Herausforderungen: GM zieht sich sozusagen leise aus dem Verbrennungsmotor-Geschäft zurück, nicht weil die Technologie mangelhaft wäre oder man von Konkurrenten überholt wurde, sondern weil steigende regulatorische Kosten und veränderte Marktbedingungen ein Überleben mit Verbrennungsmotoren in den USA zunehmend unattraktiv machen. Es ist ein Beispiel für einen Wandel, der durch externe Einflüsse diktiert wird und weniger ein Ausdruck technologischer Schwäche ist. Das stille Ende der Verbrennungsmotor-Ära bei GM ist ein Paradebeispiel für den Wandel, den die gesamte Automobilindustrie durchläuft.
Damit verbunden sind nicht nur technologische Innovationen, sondern auch große gesellschaftliche und wirtschaftliche Herausforderungen. Arbeitsplatzstruktur, Lieferketten und kulturelle Identitäten in vielen Regionen werden durch diese Transformation beeinflusst. Gleichzeitig zeigt GM, dass ein solcher Wandel auch mit großer Umsicht, langfristiger Planung und strategischer Kommunikation einhergehen muss, um Reibungsverluste im Übergang zu minimieren. In der Summe steht General Motors exemplarisch für eine Branche im Übergang. Das Unternehmen balanciert zwischen Bewahrung und Neuerfindung und steuert dabei äußerst vorsichtig durch regulatorische Zwänge und Marktveränderungen.
Das bedeutet, dass das stille Sterben des Verbrennungsmotors in den kommenden Jahren weiter voranschreiten wird, während die Elektromobilität ihre Vormachtstellung ausbaut. Für Kunden, Mitarbeiter und die Automobilwelt insgesamt bedeuten diese Entwicklungen eine Zeitenwende, die sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich bringt. Wer genau hinschaut, kann in den unterschwelligen Signalen GMs einen klaren Kurs erkennen: die Zukunft ist elektrisch – das Kapitel Verbrennungsmotor schließt sich langsam, aber endgültig.