Die Raumfahrtbranche steht vor einem bedeutenden technologischen Meilenstein: Starfish Space, ein aufstrebendes Unternehmen für Satellitenwartung, hat den Plan angekündigt, die weltweit erste kommerzielle Satelliten-Andockung im niedrigen Erdorbit (LEO) durchzuführen. Diese Mission mit dem Namen Otter Pup 2 soll nicht nur die Machbarkeit der Docking-Technologie demonstrieren, sondern auch den Grundstein für eine neue Ära in der Satellitenbetreuung legen. Seit dem Beginn der Weltraumforschung wurden Satelliten nahezu ausschließlich als autarke Systeme konzipiert, die über ihre gesamte Lebensdauer ohne Eingriffe von außen funktionieren müssen. Das begrenzte die Bauweise und Fähigkeiten der Satelliten erheblich, da kein Service in der Umlaufbahn möglich war. Starfish Space möchte mit der geplanten Mission diese Einschränkung überwinden und damit neue Perspektiven für höhere Effizienz, längere Lebensdauer und kostengünstige Wartung eröffnen.
Das Projekt Otter Pup 2 ist als Nachfolgemission zur ersten, weniger erfolgreichen Mission Otter Pup 1 konzipiert. Die vorherige Mission konnte aufgrund eines Ausfalls der Triebwerke nicht andocken. Für das Nachfolgeprojekt setzt Starfish Space nun zwei hochmoderne ThrustMe-Triebwerke ein, die auf einem elektrisch betriebenen gridded Ionentriebwerk basieren. Diese Technologie ermöglicht präzises Manövrieren und eine effiziente Positionierung im Orbit mit minimalem Treibstoffverbrauch. Der Ziel-Satellit für die Andockübung ist eine ION-Satellitenplattform von D-Orbit, die als Client-Payload simuliert.
Dieser Satellit verfügt jedoch nicht über eine traditionelle Andockvorrichtung oder eine speziell vorbereitete Fangplatte, was die Herausforderung des Andockens noch erhöht. Starfish Space entwickelt mit seinem System Nautilus ein neuartiges Andockverfahren, das auf elektromagnetischer und elektro-statischer Haftung beruht. Der Kern des Andockmechanismus ist ein spezieller Endeffektor, der an einem Greifarm angebracht ist und eine Kombination aus elektrostatischer Haftung und einem integrierten Elektromagneten nutzt. Die elektromagnetische Komponente dient als Backup, um eine sichere Verbindung herzustellen, falls die elektro-statische Haftung nicht ausreicht. Dieses innovative Konzept erlaubt es, Satelliten anzudocken, die ursprünglich nicht für eine Servicedockung vorbereitet wurden – eine revolutionäre Neuerung.
In technischer Hinsicht ist die Mission Otter Pup 2 äußerst anspruchsvoll. Der 40 Kilogramm schwere Satellit misst ausgeklappt knapp unter einem Meter Länge und ist in der Lage, sich autonom relativ zum Zielobjekt zu navigieren. Die autonome Navigation übernimmt das Softwarepaket CETACEAN, das mithilfe verschiedener Sensoren und Stereo-Kameras namens Argus die Position und Ausrichtung des Zielsatelliten präzise ermittelt. Diese Technologie ist entscheidend, um ein sicheres und präzises Rendezvous zu gewährleisten. Die Steuerung und das Andocken werden durch die autonome Software CEPHALOPOD übernommen, die für die Feinsteuerung mit den elektrischen Triebwerken ausgelegt ist.
So können langsame, kontrollierte Manöver ausgeführt werden, um die Annäherung an das Zielobjekt zu optimieren und die Andockung durchzuführen. Das Zusammenspiel beider Softwaremodule macht die Mission hochautomatisiert und reduziert die Notwendigkeit von bodengestützter Kontrolle. Die Mission verläuft in mehreren Phasen: Zunächst testet Otter Pup 2 das Annähern und Positionieren in unmittelbarer Nähe des D-Orbit ION-Satelliten. Anschließend erfolgen temporäre Andockungen und Abstößungen, die erneut die Funktionalität des Andockmechanismus überprüfen. Nach erfolgreichem Abschluss trennen sich die beiden Satelliten wieder voneinander.
Besondere Beachtung verdient auch die Wahl des Orbits. Otter Pup 2 wird in eine sonnensynchrone Umlaufbahn in etwa 510 Kilometern Höhe und einer Inklination von 97,4 Grad gebracht. Diese stabile Umlaufbahn ermöglicht optimale Bedingungen für die Andocktests und ist typisch für Erdbeobachtungssatelliten. Der Start soll an Bord der SpaceX Transporter-14 Mission erfolgen, einem kommerziellen Rideshare-Start, der mehrere Klein- und Kleinstsatelliten gemeinsam transportiert. Diese Strategie spart Kosten und öffnet die Raumfahrt weiter für innovative Unternehmen mit begrenzten Budgets.
Langfristig verfolgt Starfish Space mit der Entwicklung der Otter-Familie den ambitionierten Plan, modulare, kompakte und kosteneffiziente Satellitenservicefahrzeuge anzubieten. Diese kleineren Satelliten können schneller gefertigt und gestartet werden als bisherige Servicemodule und könnten in Zukunft Wartungs-, Reparatur- und Umrückaufgaben für eine Vielzahl von Satelliten übernehmen – von der Verlängerung der Missionsdauer bis hin zur Umlagerung oder Betankung. Bereits jetzt zählt Starfish Space namhafte Kunden wie die NASA, das US Space Force und das Satellitenunternehmen Intelsat zu seinen Partnern. Gemeinsam soll die Marktreife der Technologie noch in den kommenden Jahren erreicht werden, mit einer Reduzierung der Kosten und der Komplexität von Satellitenwartung im Orbit. Die Bedeutung der Entwicklungen von Starfish Space liegt nicht nur im technischen Fortschritt, sondern auch in der ökonomischen und strategischen Dimension.
Satelliten sind heute unverzichtbare Infrastruktur für Kommunikation, Erdbeobachtung, Navigation und Forschung. Ihre langfristige Verfügbarkeit und Funktionsfähigkeit hat direkte Auswirkungen auf zahlreiche Lebensbereiche und wirtschaftliche Aktivitäten. Bisher mussten Satelliten nach dem Start vollständig eigenständig funktionieren, was die Nutzungsdauer und Einsatzmöglichkeiten stark begrenzt. Die Möglichkeit, Satelliten im Orbit zu warten, reparieren oder aufzurüsten, schafft völlig neue Perspektiven für Nachhaltigkeit und Effizienz in der Raumfahrt. Starfish Space stellt sich damit an die Spitze einer Bewegung, die den Weltraumzugang revolutionieren und den Lebenszyklus der Satelliten deutlich verlängern könnte.
Die Andocktechnologie über elektro-statische und magnetische Systeme, das autonome Navigations- und Steuerungssystem sowie die Nutzung innovativer Antriebstechnologien zeigen, wie moderne Raumfahrt sich immer mehr von klassischen, großen und schweren Systemen hin zu schlanken, kostengünstigen Lösungen entwickelt. Dies verkürzt Entwicklungszeiten und ermöglicht es auch kleineren Anbietern, an vorderster Front mitzuwirken. Abschließend lässt sich sagen, dass die Mission Otter Pup 2 von Starfish Space einen bedeutsamen Fortschritt im kommerziellen Satellitenmarkt markiert. Der Starttermin im frühen Sommer 2025 wird mit Spannung erwartet und könnte den Weg für eine neue Ära der Satellitenwartung einläuten. Das Ziel ist klar: eine flexible, zugängliche und bezahlbare Infrastruktur zur Unterstützung von Satelliten in der Umlaufbahn zu schaffen, die bislang unvorstellbar war.
Die Raumfahrtwelt steht somit an der Schwelle zu einer Zukunft, in der Satelliten nicht mehr allein auf sich gestellt sind, sondern durch innovative Technologien prolongiert und optimiert werden können – ein echter Schritt in Richtung nachhaltiger und effizienter Nutzung des Weltraums.