Die Suche nach präzisen Isotopendaten ist eine Herausforderung, die vielen Wissenschaftlern, Studierenden und Forschern im Bereich der Spektroskopie bekannt ist. Besonders beim Einsatz von Techniken wie der Elektronenspinresonanz (EPR) oder Kernspinresonanz (NMR) ist es unerlässlich, Informationen über den Kernspin und die natürliche Häufigkeit der Isotope von Elementen genau zu kennen. Doch diese Daten sind oft in unhandlichen PDF-Dokumenten, gedruckten Tabellen oder auf verstreuten Webseiten versteckt. Dieser Mangel an zentralisiertem, leicht zugänglichem Wissen führte zu der Entstehung von Zeeman, einer minimalistisch konzipierten, interaktiven Periodentabelle, die sich gezielt auf (labor-)relevante Isotopendaten konzentriert und diese visuell aufbereitet. Zeeman zielt darauf ab, den workflowfreundlichen Zugriff auf diese wichtigen Informationen radikal zu vereinfachen.
Das Projekt wurde von Giovanni Crisalfi initiiert, dessen Motivation aus seiner Zeit während der Masterarbeit an der Universität Bologna entstand. In Zusammenarbeit mit Prof. Lucarinis Forschungsgruppe beschäftigte er sich intensiv mit supramolekularen Verbindungen, die aus einem organischen Molekül mit stabilem Radikal und einem anorganischen Metall-Oberflächen-Gast bestehen. Diese Komplexe waren ideal für EPR-Messungen, doch die Metallgäste besaßen häufig mehrere verschiedene Isotope, die sich im Kernspin unterschieden. Für Simulationen der EPR-Spektren war es deshalb nötig, stets auf zuverlässige Isotopendaten zurückgreifen zu können.
Crisalfi musste diese Daten aus verschiedenen Quellen zusammensuchen, was den Forschungsprozess erschwerte und verlangsamte. Aus dieser Not heraus entstand zuerst ein Python-Skript, das in der Kommandozeile diese Informationen zugänglich machte. Die Kernidee war, eine robuste Tabellenbasis aus den hochwertigen natürlichen Häufigkeitsdaten von NIST mit handgesammelten, sorgfältig überprüften Kernspinwerten zu kombinieren. Da die Isotopendaten oft fragmentiert, inkonsistent oder nur schwer zu verifizieren waren, erforderte Crisalfi eine aufwändige manuelle Datenbereinigung. Außerdem wählte er für sein Projekt bewusst nur relevante Isotope aus, die im Laboralltag signifikant sind und keine seltenen, nur in Teilchenbeschleunigern detektierbaren Varianten berücksichtigten.
Obwohl dieser erste Schritt funktionierte, war die Anwendung auf ein Kommandozeilen-Tool begrenzt und eignete sich nicht für Nutzer außerhalb des Entwicklerkreises oder Forscherteams. Jahre später, inzwischen als professioneller Softwareentwickler mit tiefem Interesse an Datenvisualisierung, entstand aus der Idee, die Isotopendaten intuitiver, unmittelbar verständlich und ansprechender zu präsentieren, die Webapplikation Zeeman. Die Anwendung nutzt moderne Webtechnologien wie React für die Benutzeroberfläche, kombiniert mit Zustand-Management mit Zustand und Immer, um Updates präzise und performant umzusetzen. Für die komplexe Visualisierung setzt das Projekt maßgeblich auf die Bibliothek D3.js, die es erlaubt, individuelle, anpassbare Diagramme mit hoher Eleganz zu gestalten.
Das visuelle Konzept von Zeeman ist einzigartig: Es setzt auf einen doppelringförmigen Aufbau. Der innere Ring stellt die relative natürliche Häufigkeit der Isotope eines Elements dar, während der äußere Ring eine farblich codierte Gruppierung der Isotope nach Kernspin ermöglicht. So bietet die Oberfläche sofortige Einsichten: Man sieht nicht nur, welche Isotope dominieren, sondern auch, wie sich deren Spins verteilen. Die Nutzer können durch eine intuitive Periodentabelle navigieren, Elemente auswählen und erfahren die wichtigsten Kenndaten wie Symbol, Ordnungszahl, Massenzahl, relativ atomare Masse, Spin, Halbwertzeit und isotopische Zusammensetzung. Besonders wertvoll ist dabei die Möglichkeit, zwischen einer visuellen Übersicht und einer tabellarischen Ansicht der Rohdaten zu wechseln.
Ergänzend bietet die Anwendung Hilfetexte zur Erklärung der Darstellung sowie Legenden, die Farbcodierungen und Spinwerte klar erläutern. Die Designphilosophie von Zeeman beruht auf einem brutalistischen Ansatz, der klare Struktur, schnelle Erfassbarkeit und hohe Kontraste priorisiert. Das Ziel ist es, Informationen schnell und unmittelbar zu vermitteln, ohne den Anwender mit Schnörkeln oder übermäßiger Farbgestaltung abzulenken. Flache, lebendige Farben erzeugen starke Sichtbarkeit und erleichtern das Erkennen von Mustern, was besonders in Lehr- und Forschungskontexten von Vorteil ist. Die Namensgebung Zeeman ist eine bewusste Hommage an Pieter Zeeman, den niederländischen Physiker, der als Pionier im Gebiet der Wechselwirkung von Magnetfeldern mit atomaren Spektren gilt und dessen Erkenntnisse die moderne EPR- und NMR-Spektroskopie maßgeblich beeinflussten.
Die Anwendung richtet sich an ein breites Publikum: von Studierenden, die ein besseres Verständnis der Zusammenhänge zwischen Isotopen, Kernspins und ihrer Bedeutung in der Spektroskopie erlangen möchten, über Forschende, die schnelle, zuverlässige Daten für ihre Simulationen und Experimente benötigen, bis hin zu Lehrkräften, die mittels interaktiver und ansprechender Werkzeuge ihren Unterricht lebendig gestalten wollen. Zudem plant der Entwickler kontinuierliche Erweiterungen, um Zeeman noch zugänglicher zu machen. Geplant sind Verbesserungen in der Bedienung für mobile Geräte, die Bereitstellung einer Desktop-Version, die auch offline genutzt werden kann, sowie zusätzliche Features wie Tastenkürzel für schnellere Navigation und die Exportmöglichkeit von hochauflösenden Grafiken für wissenschaftliche Publikationen. Mit der Veröffentlichung als Open-Source-Projekt auf GitHub fördert Zeeman auch die Community-Beteiligung. Entwickler und Interessierte sind eingeladen, den Code zu studieren, Beiträge zu leisten oder das Projekt für eigene Zwecke zu adaptieren.
Insgesamt bietet Zeeman einen wahren Paradigmenwechsel in der Darstellung und Nutzung von Isotopendaten. Es überwindet die Hürden fragmentierter Datenquellen, befreit Nutzer von der zeitraubenden Suche in statischen Tabellen und macht das komplexe Thema durch interaktive Visualisierung begreifbar. Für alle, die mit EPR oder NMR arbeiten, ist Zeeman damit ein unverzichtbares Werkzeug, das den Alltag erleichtert und zugleich neue didaktische Möglichkeiten eröffnet. Wer tiefer in die Funktionsweise von Zeeman und die verwendeten Technologien eintauchen möchte, findet auf der Projektseite zahlreiche weiterführende Materialien, unter anderem Links zu D3.js-Tutorials und Erläuterungen zum innovativen Zusammenspiel von React, Zustand und Immer im Bereich des State-Managements.