Der Markt für Buy-Now-Pay-Later-Dienste (BNPL) erlebt seit einigen Jahren ein starkes Wachstum und gewinnt zunehmend an Bedeutung für Verbraucher sowie Onlinehändler. Immer mehr Kunden nutzen diese Finanzierungsoption, die es ihnen erlaubt, Einkäufe direkt zu tätigen und später in Raten zu bezahlen – oft ohne Zinsen oder mit geringen Gebühren. Dieses rasante Wachstum zieht jedoch vermehrt auch Wettbewerbskämpfe nach sich, wie die jüngste Klage von Sezzle gegen den E-Commerce-Riesen Shopify zeigt. Diese Auseinandersetzung markiert einen Wendepunkt in der Branche und hebt die Problematik von Marktanteilskonflikten und möglichen Monopolpraktiken hervor.Sezzle, ein in Minneapolis ansässiger Anbieter von BNPL-Dienstleistungen, wirft Shopify vor, unfaire und monopolistische Praktiken im eigenen Zahlungs-Ökosystem durchzusetzen.
Die Klage wurde vor dem US-Bezirksgericht im District of Minnesota eingereicht und beschreibt eine Reihe von Maßnahmen, die Shopify ergriffen haben soll, um konkurrenzierende BNPL-Anbieter zu benachteiligen und damit die marktbeherrschende Stellung ihres eigenen Produkts, Shopify Installments, zu sichern.Im Kern der Anschuldigungen steht die Behauptung, Shopify zwinge Händler, die Plattform-eigenen Zahlungsdienste wie Shopify Pay und seine integrierte BNPL-Lösung zu verwenden. Konkurrenten, darunter Sezzle, würden dadurch systematisch vom Markt gedrängt. Kritisch ist dabei insbesondere der Umstand, dass Shopify sein eigenes BNPL-Angebot als Standard-Option auf den Online-Shop-Websites seiner Händler festlege und den Checkout-Prozess so gestalte, dass andere BNPL-Anbieter für Verbraucher nahezu unsichtbar oder schwer zugänglich seien. Laut Sezzle machten diese Praktiken es Kunden außerordentlich schwer, alternative Zahlungsmodelle zu nutzen.
Zusätzlich wurde ausgesagt, dass selbst wenn Nutzer die BNPL-Lösung von Sezzle auf einem Shopify-Store auswählten, sie letztlich auf ein generisches Formular umgeleitet würden, das den Eindruck erweckt, die Zahlung erfolge direkt über Sezzle, was aber nicht der Fall sei. Diese vermeintliche Täuschung dürfte nicht nur Verbrauchervertrauen untergraben, sondern auch zu erheblichen Umsatzverlusten für Sezzle führen. Zudem wird aufgeführt, dass Shopify Funktionen, die Sezzle für Händler bereitstellt – wie die Verkaufsverfolgung, das Abgleichen von Transaktionen und die Echtzeit-Reservierung von Lagerbeständen – bewusst deaktiviert habe, um die Attraktivität anderer BNPL-Anbieter zu verringern.Gegründet im Jahr 2016 positioniert sich Sezzle als eine der Vorreiterinnen im Bereich von digitalen Ratenkauf-Services für Händler und Konsumenten. Die Plattform zeichnet sich durch eine benutzerfreundliche App sowie eine virtuelle Karte aus, die Onlinekäufe ermöglicht und sich nahtlos in die Händlerseiten integriert.
Trotz dieser frühen Innovationen stellt Sezzle fest, dass der Umsatz mit Shopify-Händlern als Folge der angeblichen Monopolpraktiken von Shopify bis 2023 beinahe halbiert wurde. Dabei schätzt Sezzle, dass Shopify Installments inzwischen etwa 75 Prozent des gesamten BNPL-Marktes auf der Plattform ausmacht.Diese zwei Unternehmen stehen stellvertretend für die wachsende Konkurrenz im BNPL-Segment, das alltäglich von neuen Anbietern und technologischem Fortschritt geprägt wird. Shopify, ursprünglich bekannt für seine E-Commerce-Plattform, ist inzwischen mit eigenen Finanzdienstleistungen und speziell mit seinem BNPL-Produkt stark auf dem Vormarsch. Affirm – ein weiteres großes BNPL-Unternehmen und Shopify-Partner – profitiert ebenfalls von dieser Entwicklung, was laut Analysten die Situation noch komplexer macht.
Die Klage von Sezzle mag daher auch als Zeichen für die wachsende Verdrängung kleinerer Anbieter durch größere Plattformen verstanden werden.Der Streit offenbart zudem eine grundsätzliche Debatte darüber, wie fairness und Wettbewerb im Finanzservicesektor im digitalen Zeitalter gewahrt bleiben können. Immer mehr Händler und Verbraucher verlassen sich auf BNPL-Optionen als attraktive Finanzierungsform, werden jedoch durch proprietäre Systeme und eingeschränkte Wahlmöglichkeiten vor Herausforderungen gestellt. Eine mögliche Monopolisierung auf Plattformebene kann die Innovationsfähigkeit einschränken und den freien Wettbewerb erheblich behindern.Nicht nur Branchenbeobachter, sondern auch Regulierungsbehörden verfolgen diese Entwicklung mit Argusaugen.
Wettbewerbsrechtliche Fragestellungen rund um Plattform-Machtkonzentrationen gewinnen international immer mehr an Bedeutung. Viele Länder überlegen, wie sie das Wachstum großer Tech-Player kontrollieren können, damit Kleinanbieter nicht zu kurz kommen und Konsumenten vielfältige Optionen nutzen können.Das Statement von Charlie Youakim, CEO von Sezzle, unterstreicht das Ziel, einen transparenten und wettbewerbsfähigen Zahlungsmarkt zu schaffen, der sowohl Händler als auch Konsumenten einen fairen und innovativen Zugang erlaubt. Die bevorstehenden juristischen Schritte könnten weitreichende Auswirkungen auf die gesamte BNPL-Branche haben und als Präzedenzfall für den Umgang mit Marktmächten im Online-Handel dienen.Insgesamt zeigt dieser Rechtsstreit, wie dynamisch und umkämpft der BNPL-Markt inzwischen geworden ist.