Elon Musk, Gründer von SpaceX, hat klare Ambitionen formuliert: Er möchte der erste Mensch sein, der den Mars erreicht. Mit seinem Starship-Raumschiff plant er, innerhalb weniger Jahre bemannte Missionen zum Roten Planeten zu schicken. Doch diese ehrgeizigen Pläne sind mit enormen Herausforderungen und Risiken verbunden, die weit über die technischen Schwierigkeiten hinausgehen. Scott Hubbard, ehemaliger Leiter von NASAs Mars-Programm und Experte für Raumfahrt, äußerte sich in einem Interview besonders deutlich: Musk könne nur dann als erster auf dem Mars landen, wenn er bereit sei, lebensbedrohliche Risiken einzugehen – im Extremfall sogar das Leben von Menschen zu gefährden. Doch was bedeutet das konkret und warum ist der Mars eigentlich so schwierig zu erreichen und zu erforschen? Die Gründe dafür liegen in den technologischen, medizinischen und ethischen Schwierigkeiten, denen sich Weltraumorganisationen und private Unternehmen gegenübersieht.
Mars – das nächste große Ziel der Menschheit Der Mars fasziniert die Menschheit seit Jahrhunderten. Sein rotes Erscheinungsbild und die Möglichkeit, dass es dort zumindest einst Wasser und möglicherweise Leben gegeben haben könnte, machen ihn zu einem besonders spannenden Forschungsobjekt. In den letzten Jahrzehnten haben sowohl NASA als auch internationale Weltraumagenturen zahlreiche unbemannte Rover, Sonden und Landemissionen zum Mars geschickt, die uns wichtige Daten geliefert haben. Roboter wie Opportunity, Spirit und zuletzt Perseverance sind Beweise für technologische Fortschritte und eine nachhaltige Mars-Erforschung. Doch die bemannte Mission zum Mars stellt eine ganz andere Herausforderung dar.
Nicht nur müssen Astronauten die etwa sieben Monate lange Reise im All überstehen, sondern sie müssen auch auf einem Planeten leben, dessen Umweltbedingungen extrem lebensfeindlich sind. Dort gibt es kaum Atmosphäre, die Temperaturen sind extrem niedrig, die Strahlung ist hoch und die geringe Schwerkraft stellt den menschlichen Körper vor unbekannte Belastungen. Scott Hubbard war lange Jahre einer der wichtigsten NASA-Wissenschaftler im Bereich Marsforschung. Er hat die Entwicklung der amerikanischen Mars-Missionen maßgeblich beeinflusst und ist ein Verfechter der Zusammenarbeit zwischen staatlichen Organisationen und privaten Firmen im Bereich der Raumfahrt. Dennoch gibt er zu bedenken, dass die Ambitionen von SpaceX und Elon Musk, den Mars zuerst zu erreichen, mit erheblichen Risiken verbunden sind.
Insbesondere weist er darauf hin, dass Musk und sein Team als privates Unternehmen nicht die gleiche regulatorische Verantwortung wie NASA oder andere staatliche Organisationen haben. Technologische Herausforderungen und Sicherheitsrisiken Hubbard erklärt, dass SpaceX primär als Transportunternehmen agiert. Ihr Fokus liegt auf kostengünstiger, wiederverwendbarer Raketentechnologie, die den Transport von Fracht und Menschen in den Orbit und darüber hinaus günstiger machen soll. Dabei steht die Produktionseffizienz im Vordergrund – ähnlich einer Fabrikstraße, mit der man eine Rakete nach der anderen starten kann. Die Entwicklung von Lebenserhaltungssystemen, Raumanzügen, Habitatsmodulen und anderen Technologien, die für eine sichere und nachhaltige Marsmission notwendig sind, ist jedoch nicht das Hauptgeschäft von SpaceX.
Diese Technologien müssen entweder vom Staat bereitgestellt oder mit anderen spezialisierten Anbietern entwickelt werden. Eine wichtige Konsequenz daraus ist, dass eine bemannte Marsmission mit erheblichen Risiken verbunden sein kann. Allein die Landung auf Marsoberfläche ist technisch extrem anspruchsvoll. Mars hat eine dünne Atmosphäre, die den Abstieg und die Landung in sicherer Weise erschwert. Bisher sind nur ein paar Missionen – darunter die der NASA und China – erfolgreich auf der Marsoberfläche gelandet, alle unbemannt.
Bei einem bemannten Flug wächst die Komplexität exponentiell: Die Astronauten müssen bei der Landung geschützt werden; der Raumfahrer soll den Abstieg überleben und am Ziel sicher landen. Hubbard hat in diesem Zusammenhang betont, dass es durchaus möglich ist, ein Raumschiff auf den Mars abstürzen zu lassen – wenn das erste Ziel der Firma lediglich die Demonstration eines Fluges oder einer Landung ohne People-on-board ist. Ein bemannter Flug ist jedoch ein ganz anderes Kaliber und erfordert eine robuste Technik, die noch nicht vollständig ausgefeilt ist. Die explodierenden Starship-Prototypen bei den jüngsten Tests illustrieren, wie viele Risiken und Unwägbarkeiten noch bestehen. Medizinische und körperliche Anforderungen der Marsreise Ein weiterer zentraler Punkt, den Hubbard anspricht, ist die Gesundheit der Astronauten während der lange Reise und ihres Aufenthalts auf dem Mars.
Während der siebenmonatigen Reise im All sind die Astronauten permanenter Strahlung ausgesetzt, erleben Mikrogravitation, die schädliche Effekte auf Muskeln und Knochen mit sich bringt, und müssen in einer extrem engen, dauerhaften Isolation leben. Die psychischen und physischen Belastungen sind enorm und noch nicht ausreichend erforscht, vor allem für eine sehr lange Mission. Nach der Ankunft auf dem Mars kommt ein neues Problem hinzu: Die geringere Schwerkraft des Planeten, die nur rund 38 Prozent der Erdanziehungskraft entspricht. Niemand weiß genau, welche Auswirkungen das langfristig auf den menschlichen Körper hat. Unterstützungs- und Lebenserhaltungssysteme müssen deshalb zuverlässig funktionieren und die Astronauten müssen auch in der Lage sein, sich selbst medizinisch zu versorgen – ohne Unterstützung von der Erde, da ein Notruf auf interplanetarer Entfernung nicht sofort bearbeitet werden kann.
Ethik und das Thema Risiko bei der Mars-Mission Einer der hervorstechendsten Punkte in Hubbards Analyse ist die ethische Dimension. Für Musk bedeutet die erste bemannte Marsmission nicht nur einen wissenschaftlichen und technologischen Erfolg, sondern vor allem einen Wettbewerb – wer ist zuerst dort? Diese Konkurrenz kann zu einem gefährlichen Druck führen, Risiken einzugehen, die Menschenleben in Gefahr bringen. Hubbard bringt es in klaren Worten auf den Punkt: Elon Musk würde nur dann vor NASA auf dem Mars landen, wenn er bereit sei, jemanden zu opfern. Eine direkte Aussage mit weitreichenden Implikationen, die darauf hinweist, dass im privaten Raumfahrtsektor Sicherheitsstandards eventuell nicht die gleiche Priorität haben wie bei staatlichen Institutionen. Staatliche Raumfahrtagenturen wie NASA unterliegen strengen Kontrollmechanismen und müssen umfangreiche Sicherheitsprotokolle einhalten.
Eine private Firma, deren primäres Ziel auch wirtschaftlicher Erfolg ist, könnte theoretisch eher Kompromisse bei der Sicherheit eingehen. Bisher hat NASA sich vehement gegen sogenannte „ein-Wege-Missionen“ ausgesprochen, bei denen Astronauten zum Mars geschickt werden, ohne eine Rückkehr zu planen. Einige Veteranen aus der Raumfahrt, wie Buzz Aldrin, haben sogar dafür geworben, solche einseitigen Reisen durchzuführen, da eine Rückkehr technisch und finanziell extrem anspruchsvoll ist. Doch NASA verfolgt das Ziel, ihre Astronauten sicher zu transportieren und zurückzuholen. Projekte wie Mars One scheiterten auch deshalb, weil die Finanzierung und Umsetzung solcher einseitigen, risikoreichen Missionen nicht realistisch erscheinen.
Zukunft der bemannten Marsforschung Der Weg zu einer erfolgreichen bemannten Marsmission wird vermutlich nur durch eine enge Kooperation von staatlichen und privaten Organisationen gelingen. State-of-the-art Technologien für das Lebenserhaltungssystem, Landemodule, Raumanzüge und medizinische Versorgung müssen entwickelt werden. Zudem müssen umfangreiche Vorbereitungen auf der Marsoberfläche, wie das Schicken von Versorgungsfahrzeugen und das Einrichten von sicheren Habitaten, erfolgen. Bevor es jedoch zu bemannten Marsmissionen kommt, muss die NASA das geplante Artemis-Programm zum Mond weiter vorantreiben. Der Mond gilt als Testboden für Technologien und Lebensbedingungen, die später auf Mars übertragen werden können.