Für viele Jahrzehnte galt die Wahrscheinlichkeit, dass die US-Regierung ihre Schulden nicht bedienen könnte, als nahezu ausgeschlossen. Der Glaube an die Sicherheit von US-Staatsanleihen galt als globaler Maßstab für risikofreie Investitionen. Doch diese Annahme beginnt sich angesichts der jüngsten Entwicklungen deutlich zu verändern. Steigende Schulden, politische Auseinandersetzungen und zunehmend riskante Haushaltsentscheidungen setzten den Ruf der US-Schulden unter Druck und haben konkrete Auswirkungen auf die Kosten für Kreditnehmer weltweit – und damit letztendlich auch auf jeden Einzelnen in Deutschland und anderswo. Die Vereinigten Staaten sind mit einem Umfang von rund 36 Billionen US-Dollar bei der Staatsverschuldung an einem historischen Hoch angekommen.
Die Schuldenquote beträgt mittlerweile etwa 100 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – ein Wert, der in Zeiten des Friedens bisher unerreicht war. Der steigende Schuldenberg wird größtenteils durch die jährlichen Defizite von rund zwei Billionen Dollar verursacht, die der Staat für sein laufendes Ausgabevolumen ablösen muss. Diese wachsende Verschuldung ist dabei nur eine Seite der Medaille. Ein ebenso wichtiger Aspekt ist der sogenannte Schuldenobergrenze (Debt Ceiling), eine gesetzliche Begrenzung, die die maximale Höhe der Staatsverschuldung definiert, die der US-Finanzminister aufnehmen darf. Obwohl das Konzept einer Schuldenobergrenze prinzipiell sinnvoll ist, zeigt die politische Praxis seit Jahren ein ganz anderes Bild.
Immer wieder verzögern sich die Entscheidungen im Kongress, die Obergrenze rechtzeitig anzuheben. In den Jahren 2011, 2013 und zuletzt 2023 kam es mehrfach zu angespannten Verhandlungen, die der US-Finanzbehörde kaum noch Zeit ließen, den Staatshaushalt zu finanzieren. Die daraus resultierenden Unsicherheiten ließen die Risikoprämien für US-Anleihen steigen. Hierbei spielen Kreditderivate wie Credit Default Swaps (CDS) eine wesentliche Rolle. Diese Instrumente funktionieren wie eine Versicherung gegen Zahlungsausfälle – Käufer eines CDS zahlen dem Verkäufer eine Prämie, um sich gegen das Risiko abzusichern, dass ein Schuldner seine Verpflichtungen nicht erfüllen kann.
Für lange Zeit war der Markt für CDS auf US-Staatsanleihen eher dormant. Doch mit der wiederholten Diskussion um die Schuldenobergrenze steigt die Aktivität deutlich an und signalisiert eine verschärfte Wahrnehmung des Ausfallrisikos. Doch was bedeutet das konkret für den einzelnen Bürger? Steigende Risiken für die US-Staatsverschuldung bedeuten, dass Investoren höhere Renditen verlangen, um das erhöhte Risiko zu kompensieren. Das treibt die Zinsen an, die der Staat für die Neuaufnahme von Krediten zahlen muss. Diese höheren Kosten werden nicht isoliert gehalten, sondern wirken sich als Leitzinsreferenz auch auf das globale Zinsniveau aus.
Folge sind höhere Zinsen für Hypotheken, Autokredite und Unternehmenskredite – Kosten, die letztlich direkt an Verbraucher weitergegeben werden. Die politische Landschaft in den USA ist ein weiterer Unsicherheitsfaktor. In den letzten 15 Jahren haben parteipolitische Konflikte und ideologische Grabenkämpfe den Umgang mit Finanzfragen geprägt. Die wiederholten Budgetkrisen und das Zögern beim Anheben der Schuldenobergrenze sind Ausdruck dieser Spannung. Hinzu kommt nun die Aussicht auf Steuerkürzungen, wie es etwa jüngst im US-Kongress diskutiert wurde, die die fiskalische Lage weiter verschärfen könnten.
Eine solche Verschlechterung der Haushaltslage lässt Investoren noch skeptischer werden und wurde bereits in steigenden Risikoaufschlägen reflektiert. Die Auswirkungen auf den globalen Finanzmarkt sind beträchtlich. US-Staatsanleihen gelten zwar weiterhin als sicherer Hafen, doch das steigende Ausfallrisiko lässt einige Investoren über Alternativen nachdenken. Schwellenländer, europäische Anleihen oder Gold sind mögliche Optionen. Diese Diversifikation wirkt sich auf die Kapitalflüsse und letztlich auf die Finanzierungskosten für Unternehmen und Staaten weltweit aus.
Für Anleger bedeutet die veränderte Risikobewertung der US-Schulden, dass sie ihre Portfolios neu ausbalancieren müssen. Die bisher als risikolos geltenden US-Anleihen bergen nun eine Spur mehr Unsicherheit. Das erfordert eine intensivere Risikoanalyse und möglicherweise ein Überdenken der Anlagestrategie. Gleichzeitig eröffnen sich Chancen für Anleger, die von künftigen Schwankungen profitieren möchten, beispielsweise über den Handel mit CDS oder anderen Derivaten. Für die Politik in den USA stellt sich die Frage der Glaubwürdigkeit erneut dringlich.
Mangelt es an einer verlässlichen und stabilen Finanzpolitik, könnte dies nicht nur die Kreditwürdigkeit des Landes nachhaltig beschädigen, sondern auch das Vertrauen in den US-Dollar als Weltleitwährung erschüttern. Solch ein Szenario hätte weitreichende Konsequenzen, etwa höhere Importpreise durch eine schwächere Währung oder Druck auf die Inflation. In Deutschland und Europa sollten Kreditnehmer und Investoren daher aufmerksam bleiben. Zwar sind die direkten Auswirkungen auf den heimischen Finanzmarkt gegenwärtig begrenzt, doch die Vernetzung der globalen Finanzsysteme macht keinen Staat immun gegen externe Schocks. Insbesondere bei langfristigen Hypothekenfinanzierungen oder Unternehmensanleihen kann ein übergreifender Zinsanstieg bereits spürbar sein.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Ausfallrisiko der USA zwar weiterhin als gering eingestuft wird, aber nicht mehr als vernachlässigbar gilt. Die zunehmenden politischen Spannungen, steigende Verschuldung und die wiederkehrenden Krisen um die Schuldenobergrenze erhöhen das Risiko von Zahlungsausfällen oder zumindest temporären Zahlungsschwierigkeiten. Diese Entwicklung erhöht den Druck auf Zinsen weltweit und verteuert Kredite für Bürger und Unternehmen. Die Stabilität des globalen Finanzmarkts hängt daher erheblich von der Handlungsfähigkeit des US-Kongresses und der Haushaltsdisziplin der Regierung ab. Investoren sollten ihre Portfolios vorsorglich diversifizieren und sich über potenzielle Risiken informieren.