Im September 2022 setzte der Bundesstaat Colorado mit einer richtungsweisenden Entscheidung einen Meilenstein: Zum ersten Mal in der US-Geschichte war es möglich, staatliche Einkommensteuern mittels Kryptowährungen zu begleichen. Diese Innovation wurde maßgeblich von Gouverneur Jared Polis vorangetrieben, der für seine Begeisterung gegenüber Blockchain-Technologien bekannt ist und sich aktiv in der Crypto-Community engagiert, unter anderem durch seinen Auftritt bei ETHDenver, der renommierten jährlichen Kongressmesse für Kryptowährungen in Denver. Die Einführung dieser Zahlungsmethode in Colorado weckte große Erwartungen – Fragen standen im Raum, wie viele Bürger diese neue Möglichkeit nutzen würden und welche Auswirkungen sich daraus für den Staatshaushalt ergeben könnten. Interessanterweise fällt die Bilanz für die erste Saison der Crypto-Steuerzahlung überschaubar aus: Bis Mitte April 2023 entschieden sich lediglich elf Steuerzahler dazu, ihre Einkommenssteuer mit Kryptowährungen zu begleichen. Das mag auf den ersten Blick enttäuschend wirken, wenn man bedenkt, dass Colorado mit rund 3,1 Millionen erwarteten Steuererklärungen im Jahr zu den bevölkerungsreicheren Bundesstaaten zählt.
Die Zahl der Crypto-Zahler entspricht daher einem verschwindend kleinen Anteil von etwa 0,00035 Prozent. Um dies in einen Kontext zu setzen: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Coloradoner in einem Jahr nach Colorado-Statistiken vom Blitz getroffen wird, ist ähnlich hoch wie die Wahrscheinlichkeit, dass er seine Steuer in Kryptowährung bezahlt. Doch wie erklärt sich diese Zurückhaltung und warum lassen die meisten Bürger weiterhin konventionelle Zahlungsmethoden bevorzugen, obwohl Kryptowährungen in aller Munde sind? Ein zentraler kritischer Punkt kristallisiert sich im Umgang mit der Zahlungsabwicklung heraus. Colorado nutzt für die Annahme der Crypto-Steuerzahlungen den Zahlungsdienstleister PayPal, der die eingehenden digitalen Assets automatisch in US-Dollar konvertiert, bevor das Geld an die Staatskasse weitergeleitet wird. Für den Staat selbst besteht dadurch keine direkte Volatilitäts- oder Sicherheitsbedrohung.
Die Umwandlung findet bereits vor Verbuchung in der staatlichen Buchhaltung statt, was das Risiko geringer Marktschwankungen eliminiert. Dennoch sorgt dieses System bei den tatsächlichen Nutzern für einige Probleme. Erstens führen die Zwischenschritte über PayPal zu zusätzlichen Gebühren. Auf alle Transaktionen kommt ein Aufschlag zwischen 1,5 und 1,8 Prozent hinzu, was die Zahlung mit Kryptowährungen gegenüber klassischen Methoden verteuert. Zudem ist PayPal nur bereit, wenige ausgewählte Kryptowährungen zu akzeptieren – nämlich Bitcoin, Bitcoin Cash, Litecoin und Ethereum.
Diese Auswahl lässt aus Nutzersicht Wünsche offen, vor allem da viele Crypto-Begeisterte heutzutage auf Stablecoins setzen, die im Gegensatz zu Bitcoin und Ethereum an den Wert des US-Dollars gekoppelt sind und somit von Natur aus weniger volatil sind. Die Schwankungsanfälligkeit dieser vier Währungen hat direkte steuerliche Folgen: Wenn ein Steuerzahler Bitcoin im Wert von 20.000 US-Dollar erwarb und beim Steuerzeitpunkt 30.000 US-Dollar dafür verlangt, entsteht ein steuerpflichtiger Gewinn durch die Wertsteigerung. Durch die Umwandlung in Fiat-Währung über den PayPal-Zwischenschritt wird dieser Gewinn realisiert, was wiederum eine zusätzliche Steuerlast durch Kapitalertragssteuern nach sich ziehen kann.
Viele Steuerzahler wollen diese Doppelbesteuerung vermeiden und bleiben daher beim klassischen Zahlungsweg. Neben steuerlichen Überlegungen gibt es auch eine Reihe von praktischen Hürden. Nutzer sind gezwungen, ihre Kryptowährungen zunächst in PayPal-Wallets zu transferieren oder dort sogar neu zu kaufen, was wiederum mit zusätzlichen Gebühren und Aufwand verbunden ist. Dieser Verwaltungsaufwand wird von der Crypto-Community als widersprüchlich zum Grundgedanken der Kryptowährungen empfunden, nämlich der Dezentralisierung und Vereinfachung von Transaktionen. Die Tatsache, dass PayPal als zentrales Bindeglied fungiert, entspricht dabei eher traditionellen Finanzsystemen und verringert den Reiz für Nutzer, die eigentlich die Blockchain-Technologie direkt nutzen wollen.
Die erfahrenen Crypto-Experten und Steuerfachleute im Bundesstaat sehen gemeinsam mit dem Department of Revenue in Colorado diese Anfangsschwierigkeiten jedoch vor allem als Startschwierigkeiten. Für Daniel Carr, Kommunikationsdirektor des Steueramts, versteht sich die Einführung der Krypto-Zahlungsmethode als zusätzliche Option, die letztendlich die freiwillige Steuer-Compliance fördern soll. „Je mehr Möglichkeiten unsere Steuerzahler haben, desto einfacher kann die Erfüllung der Steuerschuld gestaltet werden“, betont Carr in einer Stellungnahme. Gleichzeitig unterstreicht er, dass durch das PayPal-Verfahren für das Amt weder Kosten noch Risiken entstünden. Unter Steuerfachleuten wie Tom Koceja, der sich in Greenwood Village auf die Beratung von Crypto-Investoren spezialisiert hat, herrscht dennoch Einigkeit darüber, dass das System dringend weiterentwickelt werden muss, um den Bedürfnissen der Nutzer tatsächlich gerecht zu werden.
Koceja landet zu dem Fazit, dass mit stabileren Zahlungsmethoden wie Stablecoins, einem direkteren Zugang zu Blockchain-Wallets über eine staatliche Adresse sowie mehr Öffentlichkeitsarbeit und Marketing in der Crypto-Community das Volumen der Crypto-Steuerzahlungen in Colorado in den nächsten Jahren ansteigen dürfte. Diese Einschätzungen decken sich mit den Entwicklungen im nationalen und globalen Kontext. Während Colorado Vorreiter war, arbeiten auch andere Bundesstaaten und Länder an der Integration von Kryptowährungen ins Steuerwesen. Die Frage wird sein, wie Regierungen den Spagat zwischen der Komfortzone traditioneller Finanzsysteme und der innovativen, teils noch unerprobten Natureigenschaft von Kryptowährungen meistern. Gerade weil Blockchain-Technologien dezentrale und transparente Zahlungsvorgänge ermöglichen, haben Direktzahlungen an Behörden auf Blockchain-Adressen viel Potenzial, zukünftige Steuerverfahren zu vereinfachen und schneller sowie kostengünstiger zu gestalten.
Ein Faktor, der dabei nicht außer Acht gelassen werden darf, sind regulatorische Vorgaben zur Geldwäscheprävention und steuerlichen Nachverfolgbarkeit von Crypto-Transaktionen. Behörden wollen Transparenz und Sicherheit gewährleisten, gleichzeitig dürfen Verfahren aber nicht unnötig komplex oder abschreckend für die Nutzer sein. Die Diskussionen in Colorado zeigen exemplarisch, dass eine sorgfältige Abstimmung zwischen Technologie, Nutzerfreundlichkeit und Regulierung erforderlich ist, um die Möglichkeiten der Blockchain-Technologie effektiv zu nutzen. Rückblickend ist die Einführung der Crypto-Steuerzahlung in Colorado auch als Signal an die Zukunft zu verstehen: Der traditionelle Umgang mit Geld und Steuern wird sich nachhaltig verändern. Selbst wenn der Start holprig war und die Beteiligung bislang gering ist, markiert der Schritt einen Paradigmenwechsel im öffentlichen Finanzwesen.
Die Bereitschaft eines US-Bundesstaates, digitale Währungen als gesetzliches Zahlungsmittel zu akzeptieren, ebnet den Weg für eine breitere Akzeptanz und Integration von Kryptowährungen im Alltag. Die kommenden Jahre werden zeigen, wie andere Staaten und Institutionen nachziehen und welche Rolle Kryptowährungen im Steuerwesen langfristig spielen werden. Mit zunehmender Reife der Technologien und besserer Benutzerfreundlichkeit könnten immer mehr Steuerzahler motiviert werden, den Crypto-Zahlungsweg zu wählen. Damit verbunden ist die Hoffnung auf schnellere, sicherere und transparentere Zahlungssysteme, die die traditionellen Hürden und Kosten reduzieren. Für Colorado bedeutet das erste Jahr der Crypto-Steuerzahlung nicht nur eine Momentaufnahme, sondern vor allem einen Anfang.
Trotz der aktuell geringen Nutzerzahlen bleibt die Initiative ein Ansporn für Innovation. Die Herausforderungen geben wertvolle Hinweise, wie Systeme optimiert werden können, um bessere Akzeptanz zu schaffen und die Vorteile digitaler Assets voll auszuschöpfen. Die Entschlossenheit von Gouverneur Polis und den Verantwortlichen im Department of Revenue zeigt, dass Colorado am Puls der technologischen Entwicklung bleibt und bereit ist, auf die Zukunft zu setzen. Abschließend lässt sich feststellen, dass Coloradoner, obwohl bisher nur in geringem Maße, dennoch die Möglichkeit genutzt haben, ihre Einkommenssteuern mit Kryptowährungen zu zahlen. Die momentane Zurückhaltung erklärt sich durch praktische Schwierigkeiten, technische Mängel im Zahlungsprozess sowie steuerliche Komplexität.
Mit gezielten Verbesserungen und wachsender Erfahrung ist jedoch damit zu rechnen, dass die Crypto-Steuerzahlung in Colorado und möglicherweise darüber hinaus eine festere Rolle im Steueralltag einnehmen wird. Die Vision einer Blockchain-basierten Steuerinfrastruktur rückt somit langsam, aber sicher näher an die Wirklichkeit heran.