Die Kryptowährungsbranche steht erneut im Fokus juristischer Auseinandersetzungen, diesmal mit einer bemerkenswerten Entwicklung in Oregon. Der Bundesstaat hat eine Klage gegen die führende Krypto-Börse Coinbase eingereicht, die stark an die frühere Klage der US-Börsenaufsicht SEC erinnert. Diese sogenannte „Copycat“-Klage wirft erhebliche Fragen über die Regulierungslandschaft in den Vereinigten Staaten auf, gleichermaßen über die Rolle von Bundes- und Landesbehörden bei der Überwachung digitaler Vermögenswerte. Die Ereignisse in Oregon unterstreichen die Komplexität und Uneinheitlichkeit der derzeitigen Krypto-Regulierung und könnten langfristige Auswirkungen auf den Markt haben sowie auf die gesetzgeberische Vorgehensweise in Washington und auf Ebene der Bundesstaaten. Die Anklage in Oregon gegen Coinbase basiert auf Vorwürfen, die größtenteils denen der SEC-Anklage aus dem Jahr 2023 entsprechen.
Konkret wirft der Bundesstaat Coinbase vor, als nicht registrierte Wertpapierbörse zu operieren und Staking-Dienste anzubieten, ohne die dafür erforderlichen Genehmigungen einzuholen. Bei Staking handelt es sich um einen Prozess, bei dem Nutzer ihre Kryptowährungen einsetzen, um das Betriebssystem einer Blockchain abzusichern und im Gegenzug Belohnungen erhalten. Die Regulierung dieses Geschäftsbereichs ist für Aufsichtsbehörden von wachsendem Interesse, da er eine Quelle potenzieller Wertpapieraktivitäten darstellt. Die Bedeutung dieser Klage wird vor allem vor dem Hintergrund der zuvor eingereichten und im Februar 2025 von der SEC wieder eingestellten Bundesklage gegen Coinbase deutlich. Das US-Wertpapieraufsichtsamt hatte im Juni 2023 eine umfassende Untersuchung der Aktivitäten von Coinbase eingeleitet und dem Unternehmen vorgeworfen, den Handel mit mindestens 13 Kryptowährungen als unregistrierte Wertpapiere ermöglicht zu haben sowie ein nicht registriertes Staking-Programm anzubieten.
Die Einstellung der Bundesklage, die im Zuge eines strategischen Kurswechsels der SEC unter der Führung der jetzigen Administration erfolgte, signalisierte eine Verschiebung von einem strikt durchsetzungsorientierten Regulierungsansatz hin zu einer kooperativeren und transparenteren Gestaltung des Rechtsrahmens für digitale Vermögenswerte. Dieser Wandel spiegelt sich auch in der Ankündigung der SEC wider, eine spezielle Crypto Task Force gegründet zu haben, die klare und nachvollziehbare Richtlinien für den Umgang mit Kryptowährungen und insbesondere für Staking-Aktivitäten entwickeln soll. Die neue Führung hat offensichtlich die Erfahrung gemacht, dass aggressive Durchsetzungskampagnen gegen große Akteure nicht immer zielführend sind und den Dialog mit der Branche und den Gesetzgebern fördern statt konfrontieren sollten. Vor diesem Hintergrund wirkt die Klage des Bundesstaates Oregon fast wie eine Reaktion gegen den Trend hin zu mehr Klarheit und weniger juristischer Unsicherheit auf Bundesebene. Coinbase selbst hat die Klage scharf kritisiert und bezeichnet sie als „Copycat“ bzw.
Nachahmerklage, die frühere Argumente wiederholt, die von der SEC aufgegeben wurden. Paul Grewal, Chief Legal Officer von Coinbase, warnte, dass solche Maßnahmen auf Ebene der Bundesstaaten kontraproduktiv für die dringend nötigen Gespräche zwischen Kongress, Bundesregierung und Industrie seien. Sie könnten die Bemühungen um eine einheitliche, bundesweite Regulierung erschweren und dem Rechtssicherheitsbedürfnis im Krypto-Sektor schaden. Die Spannung zwischen Bundes- und Landesbehörden ist an sich nichts Neues, gerade im Bereich der Finanzmarktregulierung, doch die Regulierung digitaler Vermögenswerte bringt zusätzliche Herausforderungen mit sich. Viele Bundesstaaten versuchen, eigene Gesetze und Verordnungen zu erlassen oder durchzusetzen, oftmals in Reaktion auf wahrgenommene Lücken oder Verzögerungen bei der Bundesgesetzgebung.
Gleichzeitig haben wichtige Bundesbehörden, wie die SEC und die Commodity Futures Trading Commission (CFTC), ihr Interesse bekräftigt, führende Rollen bei der Aufsicht von Krypto-Märkten zu übernehmen. Die Uneinigkeit darüber, welche Institution welche Zuständigkeiten hat, führt immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten, von denen die Klage in Oregon nur ein jüngstes Beispiel ist. Aus Unternehmenssicht wirft das Vorgehen von Oregon wichtige Fragen hinsichtlich zukünftiger Compliance-Strategien auf. Coinbase und andere ähnliche Plattformen müssen mit einem Flickenteppich von Vorgaben auf verschiedenen Ebenen rechnen, was sich in höheren Kosten, erhöhtem regulatorischem Aufwand und potenziell eingeschränkter Innovationsfähigkeit niederschlagen könnte. Es ist fraglich, ob eine solche Zersplitterung die Wettbewerbsfähigkeit der amerikanischen Kryptoindustrie nicht insgesamt schwächt, gerade im globalen Vergleich mit Ländern, die kohärentere und investitionsfreundlichere Standards anbieten.
Nicht nur die Branche, auch Gesetzgeber und Regulatoren stehen vor der Herausforderung, einen Ausgleich zwischen effektivem Schutz von Anlegern und Innovation zu finden. Die eben angestoßene Entwicklung einer Bundesgesetzgebung, die klare Leitplanken für den Umgang mit Kryptowährungen schaffen soll, ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Dennoch zeigt der Fall Oregon, dass es unterschiedlicher weiterer Anstrengungen bedarf, um ein einheitliches und stabiles Regulierungsumfeld zu bieten. Darüber hinaus reflektiert die Klage auch die generelle Debatte darüber, wie digitale Assets und insbesondere Token nach Wertpapierrecht zu klassifizieren sind. Ein zentrales Problem ist die Frage, welche Kryptowährungen tatsächlich Wertpapiere im rechtlichen Sinne darstellen und daher unter das strengere Regime der Wertpapieraufsicht fallen.
Während die SEC darin das Risiko von Betrug und Marktmissbrauch sieht, argumentiert die Industrie häufig, dass viele Token eher als Waren, Nutzungsrechte oder gar Geldersatz anzusehen sind. Diese Divergenz bleibt ein Kernpunkt in allen laufenden Diskussionen. Schließlich ist die Situation bei Coinbase ein Spiegel für die gesamte Dynamik des digitalen Finanzökosystems, das global, dezentral und innovativ ist, aber gleichzeitig tief in einem rechtlich-national organisierten Kontrollsystem operieren muss. Die Balance zwischen regulatorischer Vorsicht und Innovationsförderung ist schwer zu erreichen. Die gegenwärtigen Konflikte zwischen Bundes- und Landesebene, wie sie das Beispiel Oregon aufzeigt, machen deutlich, dass noch erheblicher Abstimmungsbedarf besteht.
Als Reaktion auf die Klage kündigte Coinbase an, sich energisch zu verteidigen und die Rechtmäßigkeit seiner Geschäftsmodelle zu betonen. Das Unternehmen verweist darauf, dass die Mehrheit der gehandelten digitalen Assets keine Wertpapiere darstelle und somit nicht unter das strengste regulative Korsett gehört. Coinbase setzt darauf, dass die Geschichte und Entwicklung des US-Kryptomarktes letztlich in Richtung einer klaren, praktikablen und innovationsfreundlichen Regulierung gehen wird – auch wenn auf dem Weg dorthin noch einige rechtliche Schlachten auszutragen sind. In der Gesamtschau zeigt der Fall Oregon gegen Coinbase exemplarisch die Spannungen und Herausforderungen innerhalb der US-Krypto-Regulierung. Er illustriert, wie unterschiedliche Ebenen der Rechtsdurchsetzung miteinander konkurrieren können, wie sich politische und regulatorische Philosophien verändern und wie Unternehmen sich in einem sich rapide wandelnden Umfeld neu positionieren müssen.
Für Investoren, Branchenakteure und Beobachter bleibt die Beobachtung dieser Entwicklungen von höchster Bedeutung, denn die zukünftige Ausgestaltung der Regulierung in den USA könnte weltweit Maßstab setzen und die Weiterentwicklung digitaler Vermögenswerte wesentlich beeinflussen.