Die Kürzungen von Forschungsfördermitteln am National Institutes of Health (NIH) durch die Trump-Administration haben für erheblichen Streit und öffentliche Empörung gesorgt, zumal diese Maßnahmen teilweise trotz einstweiliger gerichtlicher Anordnungen erfolgten. Diese Konflikte werfen nicht nur Fragen zum Umgang der Exekutive mit dem Rechtssystem auf, sondern provozieren auch eine intensive Debatte über politische Einflussnahme auf Wissenschaft und öffentliche Forschung. Im Mittelpunkt steht dabei die Behörde NIH, eine der weltweit bedeutendsten Institutionen der biomedizinischen Forschung. Während eines Großteils der Trump-Präsidentschaft wurden zahlreiche Förderprojekte abrupt beendet oder Kürzungen im Umfang von Hunderten Millionen Dollar vorgenommen. Besonders betroffen waren Projekte, die sich mit sensiblen gesellschaftspolitischen Themen wie Genderidentität, Diversität, Impfzurückhaltung oder Klimaforschung befassten.
Nach Gerichtsverfahren auf Initiative von Bundesstaaten wie Washington, die sich gegen die Kürzungen wehrten, erließen Bundesgerichte einstweilige Verfügungen, um die Streichungen vorläufig zu stoppen. Doch interne Dokumente, die im Rahmen dieser Verfahren aufgedeckt wurden, zeigen, dass die NIH trotz dieses gerichtlichen Verbots teilweise Fördergelder weiter gekürzt haben. Die Debatte entzündet sich an der Frage, inwieweit die Exekutive berechtigt ist, Förderschwerpunkte per Verfügung zu verändern und ob dabei rechtliche Vorschriften und gerichtliche Anordnungen zu beachten sind. Die Trump-Administration begründete die Kürzungen häufig mit einem vermeintlichen Fokus auf „wissenschaftliche Prioritäten“ wie chronische Krankheiten, und argumentierte, dass bestimmte Forschungsbereiche, etwa zu Gender oder Diversität, unwissenschaftlich und nicht förderwürdig seien. Diese Argumentation wurde von vielen Forschern, Organisationen und Juristen scharf kritisiert, da wissenschaftliche Förderentscheidungen üblicherweise auf peer-reviewten Verfahren basieren, die unabhängige Bewertung durch Fachleute gewährleisten.
Ein zentraler Streitpunkt war ein sogenannter Executive Order, der eine restriktive Haltung gegenüber Forschung zu „Genderideologie“ vorschrieb und die Förderung entsprechender Projekte erschwerte oder untersagte. Nachdem mehrere Bundesstaaten, unter ihnen Washington und Minnesota, gegen die Durchsetzung dieser Befehle klagten, kam es zu Gerichtsentscheiden, die die Umsetzung zumindest vorläufig einschränkten. Dokumente und Zeugenaussagen im Zusammenhang mit der Klage legen jedoch nahe, dass die NIH die Kürzungen an Gender-bezogenen Förderprojekten weitgehend fortführten und dabei interne Anweisungen von einer neu geschaffenen Behörde, dem Department of Government Efficiency (DOGE), folgten. Die Rolle des DOGE im Kürzungsprozess ist besonders bemerkenswert. Eigentlich war diese Behörde als beratendes Gremium konzipiert, das Vorschläge für Einsparungen in verschiedenen Ministerien machen sollte.
Interne Zeugenaussagen berichten jedoch, dass DOGE-Mitarbeiter selbst aktiv Anweisungen zur Streichung von Forschungsprojekten erteilten, was von der Trump-Administration stets bestritten wurde. Dies wirft Fragen zur Legalität und Transparenz solcher Maßnahmen auf. Historisch gesehen sind Fördermittelkürzungen beim NIH sehr selten und meist auf klar definierte Gründe wie Vertragsverletzungen oder wissenschaftliche Fehlbewertungen zurückzuführen. Die breite und politische Natur der unter Trump vorgenommenen Streichungen stellte eine Zäsur dar und führte zu einem Klima der Unsicherheit und Besorgnis unter Forschern und Institutionen. Beispielsweise wurden bedeutende Projekte zur Unterstützung von Transgender-Jugendlichen, zu Impfrateforschung oder zur Klimafolgenabschätzung zurückgezogen oder gar nicht mehr weiter gefördert.
Die nachweisliche Fortsetzung von Kürzungen trotz einstweiliger Gerichtsverfügungen weckt völlig zu Recht Befürchtungen über die Missachtung juristischer Entscheidungen und eine potenzielle Schwächung rechtsstaatlicher Prinzipien. Die Washingtoner Staatsanwaltschaft hat deshalb Klage eingereicht und versucht, das Thema vor Gericht zu klären. Die juristischen Auseinandersetzungen beziehen sich auch auf Fragen der Ämter- und Ministerialaufsicht, der Kompetenzen von neu gegründeten Abteilungen wie DOGE und auf die Verhältnismäßigkeit politischer Einflussnahme auf wissenschaftliche Förderentscheidungen. Auch innerhalb der NIH-Belegschaft sorgten die Entwicklungen für Frustration und Abwanderungen. So berichtete etwa eine hochrangige NIH-Beamtin von einer belastenden Arbeitsatmosphäre, verursacht durch massive und kurzfristige Anweisungen zur Umsetzung der Kürzungen.
Die organisatorische Umstrukturierung und der Druck der politischen Führungseinheiten führten zu einem Klima, das als „untenable“ bezeichnet wurde. Die vorher oft ausgezeichnete Transparenz, die Peer-Review-Verfahren und die wissenschaftliche Integrität gerieten unter Druck. Die Trump-Administration selbst rechtfertigte ihre Politik vor allem mit dem Ziel, das NIH auf „wesentliche öffentliche Gesundheitsprioritäten“ auszurichten, etwa auf chronische Krankheiten oder Epidemien. Kritiker argumentieren, dass die einseitige Ausrichtung und Streichung diverser Forschungsbereiche jedoch die Innovationskraft der US-Biomedizin nachhaltig schwächen könnte. Fachexperten kritisieren, dass die Bewertung von Forschung nicht nach politischen Erwägungen oder ideologischen Wertungen erfolgen sollte, sondern auf evidenzbasierter wissenschaftlicher Methodik und objektivem Nutzen für die Allgemeinheit basieren muss.
Nicht zuletzt werfen die Prozesse auch Fragen nach der künftigen Unabhängigkeit von Wissenschaft und Forschungseinrichtungen auf. Die Vermischung von politischen Prioritäten mit wissenschaftlicher Fördervergabe kann langfristig das Vertrauen in öffentliche Forschung untergraben und den internationalen Standort der USA im Bereich Biomedizin gefährden. Die Debatte um die NIH-Förderkürzungen im Zuge der Trump-Administration steht symptomatisch für breitere Spannungen zwischen Politik, Wissenschaft und Rechtssystem in den USA. Während die Exekutive eine klare politische Linie durchsetzen will, kämpfen Gerichte, Wissenschaftler und betroffene Bundesstaaten um die Aufrechterhaltung von Rechtsstaatlichkeit, Forschungsfreiheit und evidenzbasierter Politikgestaltung. Die Entwicklungen rund um das NIH haben nicht nur unmittelbare Auswirkungen auf laufende Forschungsprojekte und die Betroffenen, sondern verändern auch das Klima für Wissenschaftsförderung und politische Kontrolle in den Vereinigten Staaten.
Die juristischen Verfahren laufen teilweise noch weiter und könnten die Grenzen der Exekutivbefugnisse bei der Verteilung öffentlichen Forschungsbudgets in Zukunft entscheidend mitbestimmen. Klar ist bereits jetzt, dass Transparenz, Unabhängigkeit und wissenschaftliche Integrität zentrale Werte sind, deren Bewahrung immer wieder neu verteidigt werden muss – auch, wenn politische Prioritäten kurzfristig andere Wege einschlagen wollen.