In den letzten Jahren vollzog sich in der Automobilwelt eine auffällige Entwicklung: Das Armaturenbrett wurde zunehmend digitalisiert, und physische Knöpfe wichen beeindruckend großen Touchscreen-Displays. Diese moderne Gestaltung wurde von vielen als Zeichen technologischen Fortschritts gefeiert und oft den minimalistischen Designtrends zugeschrieben. Dennoch zeichnet sich mittlerweile ein bemerkenswerter Wandel ab – viele Automobilhersteller kehren zurück zu physischen Bedienelementen. Doch was sind die Gründe für diese Rückbesinnung und welche Vorteile ergeben sich daraus für Fahrer und Verkehrssicherheit? Zunächst muss man verstehen, dass das Fahren selbst eine anspruchsvolle Konzentrationsaufgabe ist. Umso problematischer wird es, wenn Fahrende im Straßenverkehr gezwungen sind, durch komplexe Menüs auf Bildschirmen zu navigieren, um grundlegende Funktionen wie Wischer, Blinker oder Warnblinker zu bedienen.
Zahlreiche Befragungen und Studien zeigen, dass die Mehrheit der Autofahrer physische Knöpfe und Schalter gegenüber Touchscreens bevorzugt. Neben der simplen Bedienbarkeit bieten sie eine haptische Rückmeldung – das bedeutet, dass Fahrer ohne hinzusehen spüren können, welche Funktion sie gerade aktivieren. Dadurch bleibt der Blick stärker auf der Straße und erhöht die Sicherheit. Die Komplexität der modernen digitalen Cockpits führt bei vielen Fahrzeugen zu einem erhöhten Ablenkungsrisiko. Laut Untersuchungen beeinträchtigen Bildschirmbedienungen die Reaktionszeiten der Fahrer deutlich stärker als etwa der Einfluss von Alkohol oder Marihuana.
Besonders problematisch sind dabei Touchscreens, die oft tief in Menüs versteckt sind und eine visuelle Fixierung fordern. In Zahlen bedeutet das: Die Reaktionszeit kann sich beim Bedienen eines Touchscreens auf ein Vielfaches verlängern – ein gefährlicher Umstand auf belebten Straßen und Autobahnen. Reaktionen seitens der Sicherheitseinrichtungen und Organisationen bestätigen diese Problematik. Beispielsweise kündigt die europäische Organisation EuroNCAP ab dem Jahr 2026 strengere Kriterien an, die eine höhere Bewertung nur dann vergeben wollen, wenn physische, leicht bedienbare und taktile Bedienelemente für grundlegende Fahrzeugfunktionen vorhanden sind. Dazu zählen unter anderem Lenkstockhebel für Blinker, Schalter für Wischer oder Warnblinker.
Dieser Schritt ist nicht nur als Reaktion auf nachgewiesene Sicherheitsrisiken zu sehen, sondern auch als klare Ansage an die Automobilhersteller, dass Sicherheit vor Ästhetik und minimalistischem Design geht. Dabei geben einige Hersteller bereits offen zu, dass die ausufernde Digitalisierung und der Verzicht auf physische Knöpfe ein Fehler war. Volkswagen etwa hat angekündigt, bei den kommenden Modellen bewusst wieder zu physischen Schaltern für Lautstärke, Sitzheizung oder Lüftung zu greifen. Der VW-Designchef betont, dass ein Auto kein Smartphone ist und daher eine andere Bedienung erfordert – intuitiv und sicher hantierbar während der Fahrt. Auch andere Marken setzen vermehrt wieder auf eine Kombination aus digitalen und analogen Elementen.
Mazda hat bei seinem modernen CX-60 beispielsweise weiterhin physische Stellräder und Knöpfe, vor allem für Funktionen, die der Fahrer während der Fahrt regelmäßig anpassen muss. Dies sorgt für eine bessere Bedienbarkeit und verringert die Ablenkung erheblich. Hyundai und Subaru gehen ähnliche Wege bei neuen Modellen, um den Forderungen der Kunden und der Sicherheit gerecht zu werden. Warum aber dominieren dann Touchscreens trotz ihrer Nachteile so stark im Auto? Ein fundamentaler Grund ist natürlich die Kosteneffizienz. Software-gestützte Systeme sind für Hersteller günstiger zu entwickeln und zu aktualisieren – sie ermöglichen Over-the-Air-Updates, die Funktionen verbessern oder erweitern können, ohne in die Werkstatt zu müssen.
Außerdem ermöglichen sie ein flexibles Design und Anpassungen für verschiedene Fahrzeugmodelle, ohne die Hardware verändern zu müssen. Doch diese wirtschaftlichen Vorteile können die massiven Sicherheitsbedenken nicht einfach überdecken. Ein weiteres Problem bei der Nutzung von Touchscreens ist der Mangel an physischer Rückmeldung. Die Wahrnehmung durch Greifen, das sogenannte haptische Feedback, spielt bei der intuitiven Bedienung eine zentrale Rolle. Ein Knopf, der klickt, oder ein Drehknopf, der einen fühlbaren Widerstand bietet, erzeugt Sicherheit und Orientierung beim Bedienen – all das fehlt bei einem vollkommen glatten Bildschirm.
Hinzu kommt, dass trotz großer Versprechungen moderne sprachgesteuerte Systeme bisher keine vollumfängliche Alternative sind. Sprachsteuerungen bergen eigene Herausforderungen, wie Verständnisprobleme, laute Umgebungen oder das Bedürfnis, ungestört zu sprechen. Auch wenn Unternehmen wie Mercedes-Benz bereits Technologien wie ChatGPT in ihre Systeme integrieren, sind diese noch weit davon entfernt, zuverlässig und sicher als Hauptbedienelemente zu funktionieren. Technologie affiner Nutzer sind sicherlich begeistert von den „großen digitalen Cockpits“, wie sie beispielsweise Tesla mit seinem volldigitalisierten Ansatz präsentierte. Dennoch offenbaren sich immer wieder die Schattenseiten.
Ein oft genanntes Beispiel ist die Bedienung der Handschuhfach-Klappe bei Tesla, die nicht etwa durch einen physischen Knopf erfolgt, sondern mittels komplizierter digitaler Menüführung. Für viele Fahrer eine unnötige Hürde, die kritische Sekunden des Blickabwenden vom Straßenverkehr bedeutet. Interessant ist auch der Vergleich mit der Luftfahrt. Moderne Passagierflugzeuge, trotz ihres gigantischen Preises und höchster Sicherheitsanforderungen, verwenden zwar digitale Anzeigen, aber dennoch physische Knöpfe, Schalter und Hebel in großer Anzahl. Dort gilt das Prinzip: Die Piloten sollen sich auf „echte“ Kontrollen verlassen können, die ohne Blickkontakt bedient werden können.
Dieses bewährte Prinzip sollte auch für die Automobilindustrie ein Vorbild sein. Nicht nur für Sicherheitsexperten, sondern auch für Versicherungsgesellschaften sind diese Entwicklungen von hoher Relevanz. Sie betonen, dass reduzierte Ablenkung durch intuitive Bedienelemente das Unfallrisiko deutlich senkt. Studien zeigen, dass Ablenkung ein wesentlicher Faktor bei bis zu einem Viertel aller Verkehrsunfälle ist. Die Zeit, in der ein Fahrer seinen Blick vom Straßenverkehr abwendet, ist entscheidend.
Physische Schalter, die ohne hinzuschauen ertastet werden können, reduzieren diese Zeit erheblich und können somit Leben retten. Trotz aller Kritik am Touchscreen verdanken Fahrzeuge dieser Technologie auch Fortschritte – etwa Rückfahrkameras, die heute in den meisten Neuwagen integriert sind und erheblich zur Unfallvermeidung beim Rückwärtsfahren beitragen. Ebenso erleichtern große Navigationsbildschirme die Orientierung. Die Herausforderung besteht darin, eine sinnvolle Balance zu finden zwischen digitalen Funktionen und der Sicherheit und Ergonomie physischer Bedienelemente. Ein weiterer Punkt, der oft genannt wird, ist die Komplexität und die Lernkurve moderner digitaler Bedienkonzepte.
Oft sind Bedienanleitungen oder gar Tutorials nötig, um sämtliche Funktionen eines Fahrzeugs zu verstehen und zu nutzen. Dies ist ein klare Warnsignal, dass die Systeme nicht so intuitiv sind, wie sie sein sollten. Gute Bedienbarkeit bedeutet, dass neue Nutzer ohne großen Aufwand die wichtigsten Funktionen schnell und sicher bedienen können – ein Ziel, dem physische Knöpfe näherkommen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Rückkehr der physischen Tasten in Fahrzeugen eine Antwort auf Sicherheitsprobleme, Benutzerwünsche und regulatorische Anforderungen darstellt. Während digitale Technologien zweifellos ihre Berechtigung und Vorteile haben, zeigt sich, dass insbesondere im Fahrzeugumfeld die bewährten analogen Bedienelemente unabdingbar sind, um Ablenkungen zu minimieren und so die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen.
Die Automobilbranche steht vor der Herausforderung, eine harmonische Symbiose aus Innovation und praktischer Bedienbarkeit zu schaffen – zugunsten der Fahrer, der Insassen und natürlich aller Verkehrsteilnehmer.