Die Welt der Bitcoin-Miner befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Historisch waren die Einnahmen der Miner eng mit dem Bitcoin-Preis verknüpft, vor allem durch die Belohnungen für das Hinzufügen neuer Blöcke zur Blockchain. Doch mit der jüngsten sogenannten Halving-Phase, bei der die Blockbelohnung auf 3,125 Bitcoin reduziert wurde, gerieten viele Miner unter erheblichen Druck. Die Ertragsaussichten erreichten historische Tiefstände, was zahlreiche Unternehmen dazu zwang, ihre Geschäftsmodelle neu zu überdenken und alternative Einnahmequellen zu suchen. Eine der vielversprechendsten Alternativen stellt die Erschließung von Geschäftsfeldern im Bereich der Künstlichen Intelligenz (AI) und des Hochleistungsrechnens (High-Performance Computing, HPC) dar.
Auf den ersten Blick liegen diese Sparten nahe an den Kernkompetenzen der Bitcoin-Miner: Beide Bereiche erfordern leistungsfähige, spezialisierte Hardware, die immense Mengen an Energie verbraucht und höchste technische Anforderungen an Infrastruktur sowie Kühlung stellt. Doch trotz der vermeintlichen Nähe ist der Einstieg in AI- und HPC-Bereiche komplizierter als angenommen. Bitcoin-Miner sind traditionell in zwei Hauptmodellen tätig: dem proprietären Mining, bei dem die Miner ihre eigenen Anlagen betreiben, und dem Hosting, bei dem sie ihre Hardware in fremden Rechenzentren installieren und verwalten. Besonders das Hosting stellte für viele Miner eine Möglichkeit dar, ihre Einnahmen durch Vermietung von Maschinen und Stromkapazitäten auszuweiten. Dieses Modell führte zu größeren Stromabnahmen, die oft bessere Tarifbedingungen ermöglichten.
Gleichzeitig können sie überschüssige Kapazitäten an andere Miner weiterveräußern und so eine zusätzliche Einnahmequelle schaffen. Allerdings hat sich gezeigt, dass Hosting-Dienste alleine kaum als echte Diversifikation gelten können. Die Erlöse aus diesem Segment hängen nach wie vor stark vom Bitcoin-Markt ab. Zudem ist Hosting riskanter, da gehostete Miner oftmals höheren Betriebskosten ausgesetzt sind und nur mit modernster Hardware konkurrenzfähig bleiben können. Aktuell kämpfen viele gehostete Miner mit sinkenden Profiten oder sogar Verlusten, was das Geschäftsmodell auf eine belastende Probe stellt.
Vor dem Hintergrund dieser Herausforderungen haben einige Unternehmen ihre Strategien neu justiert. Beispielhaft kaufte Marathon Digital im Jahr 2024 eigene Rechenzentren, um nicht mehr ausschließlich auf das Hosting angewiesen zu sein. Riot Platforms hingegen hat sich von Hosting-Services zurückgezogen und fokussiert sich wieder stärker auf das proprietäre Mining. Solche Bewegungen zeigen, wie dynamisch und uneinheitlich die Branchenentwicklung ist. Neben den traditionellen Ertragsquellen versuchen immer mehr Miner, das Feld der künstlichen Intelligenz und des Hochleistungsrechnens zu betreten.
Die Nachfrage nach Rechenleistung in diesen Segmenten steigt seit Jahren exponentiell – getrieben durch Anwendungen in Forschung, Industrie, komplexe Simulationen und natürlich AI-Entwicklung. Die Margen sind oft attraktiver als im klassischen Mining, zudem bieten AI- und HPC-Aufträge eine höhere Stabilität gegenüber Kursschwankungen der Kryptowährungen. Dennoch gestaltet sich der Einstieg in AI und HPC als äußerst schwierig. Die Anforderungen an Infrastruktur sind weitreichender als im Mining: Es bedarf einer Hochleistungs-Stromversorgung, ausgefeilten Kühlsystemen, verlässlicher Netzwerkverbindung und einer 24/7-Produktionsbereitschaft. Während Bitcoin-Mining vor allem spezialisierte ASIC-Chips benötigt, sind für AI und HPC oft Grafikprozessoren (GPUs) oder sogar exklusive KI-Beschleuniger gefragt.
Miner müssen somit erheblich in neue Hardware investieren und oft teure Datenzentren errichten oder mieten. Die Konkurrenz ist dabei gewaltig. Unternehmen wie Google, Amazon oder Microsoft verfügen über massive Kapitalressourcen, modernste Technologien und erfahrene Fachkräfte, die ihnen gegenüber Bitcoin-Minern einen erheblichen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Für die Miner wird es daher entscheidend sein, Nischen zu finden oder innovative Geschäftsmodelle zu entwickeln, um gegen die Tech-Riesen bestehen zu können. Verschiedene Miner verfolgen unterschiedliche Strategien in diesem neuen Umfeld.
Einige setzen auf das Leasing oder die Nutzung bestehender Rechenzentren, um den hohen Kapitalaufwand für den Gebäudebau zu vermeiden. Bit Digital beispielsweise lagert seine GPU-Flotte für AI und HPC in Drittanbieter-Datenzentren aus, was Kosten spart und Flexibilität erhöht. Hut 8 hingegen erwarb 2022 die Einrichtungen von Terago und nutzt diese als eigene Rechenzentren für HPC-Anwendungen. Iris Energy wiederum integriert AI-fähige GPUs in ihr bisher nur für Bitcoin-Mining genutztes Rechenzentrum in Prince George. Besonders auffällig ist, dass trotz des großen medialen Interesses die Umsätze aus AI und HPC bislang nur einen Bruchteil der Gesamteinnahmen der Bitcoin-Miner ausmachen.
Der Aufbau dieser neuen Geschäftsbereiche ist zeitaufwändig, mit hohen anfänglichen Kosten und komplexen betrieblichen Herausforderungen verbunden. Gleichzeitig bieten die bestehenden Märkte für Rechenleistungen starke Konkurrenz und hohe Eintrittsbarrieren. Die Zukunftsaussichten für Miner, die auf AI und HPC setzen, bleiben jedoch vielversprechend. Die Nachfrage nach KI-basierten Dienstleistungen wächst dynamisch, und die Investoren honorieren Unternehmen, die in diesem Bereich aktiv sind, durch steigende Bewertungen. Zudem sind die erzielbaren Gewinnmargen oft höher als im traditionellen Bitcoin-Mining, das durch Preisschwankungen und Halvings stärker beeinträchtigt wird.
Langfristig könnten AI und HPC aus dem Versuch, das Mining-Geschäft zu diversifizieren, eine eigene tragfähige Geschäftssäule für Miner werden. Diese Entwicklung würde dazu beitragen, die stark konjunkturabhängigen Kryptoeinnahmen abzufedern und stabile Cashflows zu erzeugen. Gleichzeitig eröffnen sich neue Wachstumsmöglichkeiten, vor allem durch die Teilnahme an Zukunftstechnologien und den Aufbau eines breit gefächerten Angebots. Trotz der verheißungsvollen Potenziale gibt es aber noch viele offene Fragen. Wie schnell und effektiv können Miner ihre Infrastruktur umbauen? Wie gelingt der Zugang zu erstklassigen KI-Hardwarekomponenten? Welche Partnerschaften oder Allianzen sind notwendig, um gegen die Tech-Giganten zu bestehen? Und wie können diese zusätzlichen Geschäftsbereiche profitabel betrieben werden, ohne die Kernkompetenzen des Bitcoin-Minings zu vernachlässigen? Insgesamt steht fest, dass der Trend zur Diversifikation bei Bitcoin-Minern in die Bereiche künstliche Intelligenz und Hochleistungsrechnen keine reine Zukunftsvision mehr ist.