Die Finanzwelt ist derzeit in gespannter Erwartung, denn die Bewertung von Aktien erreicht Niveaus, die in der Geschichte oft Vorboten bedeutender Marktkorrekturen waren. Pimco, ein globaler Asset Manager mit einem verwalteten Vermögen von rund zwei Billionen US-Dollar, hat in einer kürzlich veröffentlichten Analyse eindringlich vor den Risiken gewarnt, die von den aktuellen Bewertungsständen ausgehen. Die zentrale Botschaft lautet: Anleger sollten vorsichtig sein, da die gegenwärtigen Marktbedingungen eine Rückkehr zu einem Gleichgewichtsniveau erforderlich machen könnten, das mit deutlichen Kursrückgängen verbunden ist. Im Fokus der Bewertung steht der sogenannte Shiller-CAPE (Cyclically Adjusted Price-to-Earnings)-Ratio. Dieses Bewertungsmaß vergleicht den aktuellen Kurs des S&P 500 mit dem durchschnittlichen Gewinn der letzten zehn Jahre, bereinigt um konjunkturelle Schwankungen.
Aktuell liegt dieser Wert bei etwa dem 36-Fachen des Gewinns, was historisch in den 94. Perzentil rangiert, also nur in sechs Prozent aller Fälle der Vergangenheit war die Bewertung noch höher. Die hohe CAPE-Quote ist ein starkes Indiz für eine Überbewertung, da sie signalisiert, dass die Kurse im Vergleich zu den langfristigen Gewinnen auf einem ungewöhnlich hohen Niveau stehen. Ein weiterer wichtiger Faktor, den Pimco hervorhebt, ist die sogenannte Eigenkapitalrisikoprämie (Equity Risk Premium, ERP). Sie gibt an, wie viel Rendite Aktien im Vergleich zu sicheren US-Staatsanleihen über einen Zeitraum von zehn Jahren voraussichtlich zusätzlich erbringen müssen, um das mit dem Aktieninvestment verbundene höhere Risiko zu kompensieren.
Zurzeit liegt die ERP nahe null, ein Zustand, der historisch ebenfalls äußerst selten war und häufig großen Marktturbulenzen vorausging. Nur in rund zehn Prozent der zurückliegenden Zeiträume war die ERP so gering. Besonders dramatische Entwicklungen folgten bei ähnlichen Konstellationen vor der Finanzkrise der späten 1980er Jahre und vor dem Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2000. Diese extrem niedrige Risikoprämie bedeutet, dass die Anleger sehr wenig Ertrag für das eingegangene Risiko verlangen, was als ein Zeichen für hohe Zuversicht und wenig Vorsicht gewertet werden kann. Doch genau diese Einstellung hat sich in der Vergangenheit als trügerisch erwiesen, wenn unerwartete negative Ereignisse die Stimmung schnell umschlagen ließen.
Die Auswirkungen einer möglichen Anpassung an realistischere Bewertungen werden laut Pimco zweifach ausfallen. Zum einen könnte es zu einem beachtlichen Rückgang an den Aktienmärkten kommen, ähnlich wie in den Phasen vor den großen Crashs der Vergangenheit. Zum anderen dürfte dies durch eine Rallye an den Anleihemärkten begleitet werden, denn niedrigere Aktienbewertungen erhöhen die Attraktivität von Anleihen. Tatsächlich signalisiert Pimco, dass festverzinsliche Wertpapiere in den kommenden Jahren besser abschneiden könnten als Aktien, insbesondere da derzeit hohe Anleiherenditen kombiniert mit der Erwartung kommender Zinssenkungen Anlegern beachtliche Chancen zur Kapitalisierung bieten. Die Besorgnis über die hohe Bewertung wird zusätzlich von der Unsicherheit hinsichtlich der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen verstärkt.
Die Märkte beobachten gespannt, wie sich die US-Wirtschaft unter den Handelsbarrieren und Zöllen verhält, die von der Regierung eingeführt wurden. Trotz einer relativ ruhigen See in den letzten Wochen sind solche politischen Eingriffe potenzielle Auslöser für stärkere Volatilität, die eine ohnehin hoch bewertete Aktie besonders anfällig macht. Schlechte Arbeitsmarktdaten oder steigende Inflationszahlen könnten als Auslöser wirken, durch die die Anleger die hohe Bewertung als zu riskant erachten und einen Verkaufsdruck auslösen. Historische Daten bestätigen diese Besorgnis eindrücklich. Nach Phasen mit extrem niedrigem Equity Risk Premium fiel der Aktienmarkt oftmals zwischen 25 und 40 Prozent.
Die Anpassungen waren damit deutlich und schmerzhaft. Gleichzeitig verzeichneten Anleihen signifikante Zugewinne, da die Realzinsen sanken. Ein ähnliches Szenario könnte sich in naher Zukunft wiederholen, was die Anleger vor die Wahl stellt, ob sie weiterhin auf steigende Aktienkurse setzen oder ihr Portfolio vorsorglich defensiver ausrichten. Wichtig ist jedoch auch die Erkenntnis, dass hohe Bewertungen keine Garantie für einen unmittelbar bevorstehenden Crash sind. Kurzfristig können Börsen trotz hoher Preise noch weiter steigen.
Die fundamentalen Bewertungsgrößen sind vor allem Indikatoren für das langfristige Risiko, und ihre Aussagekraft für die kurzfristige Preisentwicklung ist begrenzt. Das bedeutet, dass ein unvermittelter Ereignisschock notwendig sein könnte, um die Märkte in eine Richtung zu bewegen, die zu einem größeren Kursrückgang führt. Die Empfehlung von Pimco lautet daher, das Portfolio entsprechend der Risikobereitschaft anzupassen und auch festverzinsliche Anlagen verstärkt in Erwägung zu ziehen. Ein gut diversifiziertes Portfolio kann helfen, die Auswirkungen von Marktkorrekturen abzufedern. Besonders in Zeiten hoher Bewertungen ist es wichtig, sich nicht von kurzfristigen Gewinnen blenden zu lassen und potenzielle Risiken zu beachten.
Zusammenfassend zeigt sich, dass die aktuelle Lage an den Aktienmärkten angespannt ist. Die Kombination aus einer historisch hohen Shiller-CAPE-Ratio und einem nahezu nicht vorhandenen Equity Risk Premium weist auf eine Überbewertung hin, die in der Vergangenheit immer wieder zu erheblichen Marktkorrekturen geführt hat. Pimco warnt eindringlich vor den Gefahren und plädiert für eine vorsichtige Haltung bei der Aktienanlage. Dies gilt besonders für Anleger, die ihre Portfolios für den langfristigen Vermögensaufbau nutzen. Das Anlegerverhalten sollte sich auf eine sorgfältige Analyse dieser Bewertungsindikatoren stützen und auch alternative Anlageklassen im Blick behalten, um zukünftigen Marktturbulenzen besser begegnen zu können.
Die Finanzmärkte stehen somit an einem Scheideweg. Ob die Bewertungen gehalten werden können oder ob es zu einer notwendigen Anpassung nach unten kommt, bleibt abzuwarten. Investoren sollten sich jedoch der Alarmzeichen bewusst sein, die Pimco mit seiner Analyse hervorgehoben hat, und ihre Anlagestrategien entsprechend überprüfen. Die Geschichte lehrt uns, dass Rekordbewertungen selten ohne Folgen bleiben, und eine weise Anlagestrategie berücksichtigt genau dieses Risiko.