Die Digitalisierung stellt Unternehmen vor die große Herausforderung, Altsysteme, insbesondere Mainframes, in moderne IT-Architekturen zu integrieren oder sie gar zu ersetzen. Gerade Mainframes, die vielfach als Rückgrat kritischer Geschäftsprozesse fungieren, bieten zwar Stabilität und Zuverlässigkeit, aber sie erschweren gleichzeitig schnelle Innovationen und agile Anpassungen an neue Geschäftsanforderungen. Daher gewinnen Strategien der Legacy-Modernisierung, die Echtzeitsysteme um Mainframes herum aufbauen, zunehmend an Bedeutung. Diese ermöglichen es Organisationen, die Vorteile moderner Technologien zu nutzen, ohne dabei risikoreiche Totalsanierungen der bestehenden IT-Infrastruktur durchführen zu müssen. Eine solche Transformation ist jedoch kein rein technisches Unterfangen, sondern erfordert eine ganzheitliche Perspektive auf Architektur, Organisation und Prozesse.
Der technische Kern der modernen Legacy-Modernisierung basiert auf der Entkopplung der verschiedenen Systemebenen. Dabei geht es darum, die starre und oft eng verflochtene Architektur, wie sie typisch für Mainframe-basierte Systeme ist, aufzulösen und stattdessen lose gekoppelte Komponenten zu etablieren. Das Ziel ist es, Änderungen und Erweiterungen schnell und risikofrei durchführen zu können, ohne dass dies große Auswirkungen auf das Gesamtgefüge hat. Hierfür spielen Konzepte wie Domain-Driven Design eine zentrale Rolle. Sie helfen dabei, komplexe Geschäftsprozesse in klar abgegrenzte Domänen zu zerlegen, die unabhängig voneinander behandelt werden können.
Dies schafft eine gemeinsame Sprache zwischen IT- und Fachabteilungen, was die Abstimmung und Weiterentwicklung erheblich erleichtert. Einen weiteren wichtigen Baustein bildet die Organisation der Entwicklungsteams gemäß dem Modell der Team Topologies. Anstatt technische Schichten oder Technologien zu priorisieren, werden Teams so ausgerichtet, dass sie komplette Geschäftsfähigkeiten verantworten. Es entstehen sogenannte Stream-aligned Teams, die eigenständig Features von Anfang bis Ende liefern, sowie spezialisierte Teams, die sich um komplexe technische Subsysteme wie die Mainframe-Integration kümmern. Diese organisatorische Entkopplung reduziert die Kommunikationsaufwände und steigert die Liefergeschwindigkeit deutlich.
Auf technischer Ebene hat sich die Einführung von Event-Driven Architecture als eine Schlüsselstrategie erwiesen. Im Gegensatz zu synchronen Systemen, bei denen Aufrufe oft direkt und blockierend erfolgen, kommunizieren Komponenten in ereignisgesteuerten Architekturen asynchron. Events werden in Echtzeit über Messaging-Systeme wie Apache Kafka verbreitet, was eine hohe Skalierbarkeit und Fehlertoleranz sicherstellt. Insbesondere Change Data Capture (CDC) beschleunigt den Informationsfluss, indem es Datenänderungen am Mainframe unmittelbar erfasst und an moderne Komponenten weiterleitet. Dies schafft einen „System-of-Reference“, das stets aktuelle Daten bereitstellt, ohne dass Frontend-Anwendungen direkt auf den Mainframe zugreifen müssen – was die Belastung der legacy Infrastruktur deutlich reduziert.
Moderne APIs spielen ebenfalls eine maßgebliche Rolle bei der Legacy-Modernisierung. Während herkömmliche Ansätze häufig durch eine Vielzahl spezialisierter Backend-for-Frontend (BFF) APIs kompliziert und schwer wartbar werden, bietet GraphQL eine flexible und leistungsfähige Alternative. Mit GraphQL kann die Datenabfrage granular und bedarfsgerecht gestaltet werden. So erhalten Frontend-Systeme exakt die Informationen, die sie benötigen, und reduzieren unnötigen Datenverkehr. Das ermöglicht eine hohe Performance und eine bessere Wartbarkeit des Gesamtsystems.
Wichtig ist der schrittweise und risikoarme Rollout der neuen Architektur. Ein abruptes Umschalten aus einem monolithischen Mainframe-System auf eine komplett neue Lösung birgt erhebliche Risiken und kann zu Ausfällen und unzufriedenen Kunden führen. Stattdessen empfiehlt sich ein hybrider Ansatz, bei dem neue Funktionen inkrementell ausgerollt und über intelligente Edge-Router sowohl alte als auch neue Systeme nahtlos miteinander verbunden werden. So können Nutzerrezensionen kontinuierlich einfließen und Rückmeldungen aus der Praxis werden in iterative Verbesserungen umgesetzt. Diese Methodik minimiert den Umstellungsstress und erhöht die Akzeptanz auf Seiten der Anwender erheblich.
Im betrieblichen Alltag bedeutet die Modernisierung von Mainframe-Systemen auch eine deutliche Entlastung der Support- und Betriebsteams. Durch die Entkopplung vom althergebrachten synchronen Zugriffsmodell werden Performanceengpässe reduziert und die Verfügbarkeit signifikant verbessert. Störungen und Ausfälle, die früher einen Großteil des Unternehmens lahmgelegt hätten, werden dank asynchroner Architektur und Echtzeit-Datenströmen abgefedert. Nicht zuletzt sind auch Effizienz- und Kostenvorteile ein bedeutender Faktor. Mainframe-Lizenzen und proprietäre Middleware-Systeme verursachen oft hohe Betriebskosten.
Durch die schrittweise Ablösung von Mainframe-Abhängigkeiten und deren Ersatz durch Cloud-native Technologien lassen sich erhebliche Einsparungen realisieren. Gleichzeitig steigt die Innovationsgeschwindigkeit, da Entwicklerteams modernere Werkzeuge und Frameworks zur Verfügung haben und flexibel agieren können. Allerdings geht dieser Wandel nicht ohne Herausforderungen vonstatten. Die Einführung ereignisgesteuerter Ansätze benötigt ein Umdenken in der Softwareentwicklung. Entwickler und Architekten müssen die Prinzipien der späteren Konsistenz und asynchronen Verarbeitung verinnerlichen, was klassischen request-response-Modellen gegenübersteht.
Zudem erfordert die Verwaltung verteilter Logs, Traces und Metriken moderne Observability-Lösungen, um Debugging und Monitoring sicherzustellen. Die Komplexität der GraphQL-Schemaverwaltung und der Koordination der Teamtopologien sind weitere Aspekte, die gezieltes Management erfordern. Private Bibliotheken, automatisierte Abhängigkeitsaktualisierungen und inner-sourcing-Praktiken helfen hierbei, eine saubere Code-Basis zu gewährleisten. Gleichzeitig müssen unternehmensweite Querschnittsthemen wie Authentifizierung, Fehlerbehandlung und Sicherheit konsistent gehalten werden. Erfolgreiche Legacy-Modernisierung, die Echtzeitsysteme um Mainframes herum als Kern nutzt, entsteht durch das Zusammenspiel von technischer Innovation, organisatorischer Umgestaltung und einem klaren Fokus auf geschäftlichen Mehrwert.
Sie ermöglicht es Unternehmen, ihre bewährten Systeme zu behalten und dennoch agil zu bleiben. Der Weg ist geprägt von intelligenten Architekturmustern wie Domain-Driven Design, der Nutzung von Change Data Capture und Event-Driven Architecture sowie der Einführung einer modernen Teamstruktur. Nur so lassen sich steigende Anforderungen an Performance, Skalierbarkeit und Kundenzufriedenheit erfüllen, ohne dabei Alteingesessenes zu opfern. In Zukunft können Organisationen auf dieser Basis Erweiterungen vornehmen, die zum Beispiel den schrittweisen Ersatz des Mainframes durch moderne, modulare Systemlandschaften vorsehen. Auch adaptive Workflows, orchestriert durch State Machines und Event-basierte Sagas, tragen dazu bei, komplexe Geschäftsprozesse robust und flexibel zu gestalten.
Damit ebnet Legacy-Modernisierung den Weg in eine IT-Zukunft, die nicht zwischen Alt und Neu unterscheidet, sondern beides auf intelligente Weise verbindet und weiterentwickelt.