Im Jahr 2025 nimmt ein massiver Rechtsstreit die Krypto-Welt in den Bann, als Genesis, ein ehemals führender Krypto-Kreditgeber, zwei Klagen gegen seine Muttergesellschaft Digital Currency Group (DCG) und deren CEO Barry Silbert einreicht. Mit Forderungen über 3,3 Milliarden US-Dollar werfen die Klagen schwere Vorwürfe wie Betrug, Insider-Bereicherung und verdeckte Geldtransfers auf. Dieser Konflikt spiegelt nicht nur interne Spannungen wider, sondern wirft auch grundlegende Fragen zur Geschäftsführung, Transparenz und Risikoabwägung in der Kryptoindustrie auf. Genesis war einst ein bedeutender Akteur im Bereich Krypto-Kreditvergabe mit einem beachtlichen Kreditvolumen von rund 14 Milliarden Dollar. Anfang 2023 meldete das Unternehmen Insolvenz an, was die Kaskade von Enthüllungen und Streitigkeiten auslöste.
Die nun veröffentlichten Gerichtsunterlagen der Delaware Court of Chancery zeichnen ein erschütterndes Bild von internen Machenschaften, bei denen DCG Genesis wie einen „Corporate ATM“ nutzte, um Liquidität für eigene Zwecke abzuziehen. Teilweise wurden enorme Summen in Form von selbstgeregelten Darlehen und verdeckten Transfers entzogen, während gleichzeitig die finanzielle Lage von Genesis beschönigt worden sein soll. Neben finanziellen Ungereimtheiten werfen die Kläger den Verantwortlichen bei DCG und Genesis vor, elementare Risikokontrollen ignoriert zu haben. Insbesondere Barry Silbert, CEO von DCG, sowie weitere leitende Angestellte, darunter der ehemalige Genesis CEO Michael Moro und der ehemalige CFO von DCG Michael Kraines, sollen riskante Kreditentscheidungen getroffen haben, die nicht auf die Rückzahlung der Kundeninteressen abzielten, sondern vielmehr den Mutterkonzern und dessen Investitionen, wie zum Beispiel Grayscale Investments, bevorzugten. Diese riskante Kreditvergabe, so die Klage, habe letztlich zum Zusammenbruch von Genesis beigetragen.
Ein besonders brisanter Punkt ist die Rolle der Grayscale Bitcoin Trust (GBTC) Aktien, die Genesis als Sicherheit akzeptieren musste. Diese Wertpapiere waren illiquide, hatten eine Sperrfrist von sechs Monaten und durften laut Vorwurf selbst danach von Genesis nicht weiterverkauft werden. Dieser Umstand führte zu erheblichen Bewertungsrisiken und trug zusätzlich zur finanziellen Schieflage bei. Die Klage erklärt, dass Silbert und andere Führungskräfte bewusst diese belastenden Bedingungen durchgesetzt haben, um den Schein von Liquidität und Stabilität zu erzeugen. Parallel zu der Klage vor dem Delaware Court of Chancery wurden weitere rechtliche Schritte beim US Bankruptcy Court in New York eingeleitet.
Dort wird behauptet, DCG und seine Tochtergesellschaften hätten in den zwölf Monaten vor der Insolvenz von Genesis mehr als 1,2 Milliarden US-Dollar in bar und Kryptowährungen abgezogen. Interessanterweise sollen diese Abhebungen zeitlich mit massiven Marktereignissen wie dem Zusammenbruch von Terra-Luna, Three Arrows Capital oder FTX zusammengefallen sein – alles Momente, in denen Genesis bereits finanziell angeschlagen war. Während diese internen Akteure demnach ihre Gelder komplett zurückerhalten hätten, blieben zahlreiche institutionelle und private Gläubiger auf der Strecke. Die Klagen adressieren demnach nicht nur finanzielle Verluste, sondern werfen auch ethische und rechtliche Fragen auf. Wie konnte es zu solchen Missmanagements kommen? Welche Versäumnisse bestehen bei der Aufsicht von Mutter- und Tochterunternehmen? Und vor allem, wie stark sind Kunden und Investoren in Zukunft von der Führung und den Geschäftspraktiken in der Kryptowelt betroffen? Die Gegenseite, vertreten durch einen DCG-Sprecher, bezeichnet die Anschuldigungen als haltlos und altbekannt.
Ihrer Meinung nach handelt es sich um „spurious claims“, also unbegründete Vorwürfe, die versuchen würden, durch einen wiederaufgelegten Rechtsstreit zusätzlichen Wert aus DCG herauszupressen. DCG betont, mit diversen Stakeholdern bereits intensiv an einer umfassenden Lösung gearbeitet zu haben und verteidigt sich mit Nachdruck gegen alle Vorwürfe. Interessant ist auch, dass ein New Yorker Richter bereits im April 2025 entschieden hat, dass weite Teile der Zivilklage des New Yorker Generalstaatsanwalts gegen DCG, Silbert und Michael Moro fortgeführt werden dürfen. Diese Klage beschäftigt sich mit ähnlichen Vorwürfen, die nach dem Zusammenbruch von Three Arrows Capital aufkamen und beschuldigt DCG und Genesis, Investoren durch das Verschleiern eines milliardenschweren Defizits irregeführt zu haben. Dabei wurden statt einer sofortigen Einigung über Geldmittel langfristige Darlehens-Versprechen mit äußerst günstigen Konditionen vereinbart, was mutmaßlich das Ausmaß der finanziellen Probleme kaschieren sollte.
Dieses Szenario unterstreicht die widrigen Umstände, unter denen die gesamte Krypto-Branche derzeit steht: die Kombination aus regulatorischen Unsicherheiten, volatilen Märkten und internen Unternehmenskonflikten erschwert es Investoren, Vertrauen aufzubauen. Gleichzeitig hebt es die Dringlichkeit hervor, Branchenstandards für Transparenz und verantwortungsvolle Unternehmensführung zu etablieren. Die Fallout-Wirkungen des Genesis-Falls sind weitreichend. Für Kunden und Investoren steht viel auf dem Spiel, da die Beteiligten versuchen, Milliarden an Rückforderungen durchzusetzen oder sich vor Gericht zu verteidigen. Für die Krypto-Branche als Ganzes steht die Frage im Raum, wie ähnliche Krisen zukünftig verhindert werden können.
Überwachung, Compliance und eine stärkere Regulierung könnten notwendig sein, um das Vertrauen in digitale Vermögenswerte und deren Anbieter zu bewahren. Zusammenfassend markiert der Rechtsstreit zwischen Genesis und DCG einen der tiefgreifendsten Konflikte in der Geschichte der Kryptobranche. Er offenbart nicht nur die Gefahren eines unzureichend regulierten Umfelds, sondern zeigt auch die Komplexität der Verflechtungen zwischen Muttergesellschaften und ihren Tochterunternehmen. Während Genesis versucht, durch die Rückforderung von 3,3 Milliarden Dollar seine Gläubiger zufriedenzustellen und den entstandenen Schaden zu begrenzen, kämpfen DCG und Barry Silbert vehement gegen die Vorwürfe an. Die Entwicklungen in diesem Fall sind genau zu beobachten, da sie weitreichende Konsequenzen für das Vertrauen in die Kryptowelt und für künftige rechtliche Rahmenbedingungen haben könnten.
Für Investoren, Branchenführer und Regulierungsbehörden gleichermaßen birgt dieser Fall wichtige Lehren darüber, wie Krypto-Unternehmen geführt und überwacht werden sollten, um nachhaltige und sichere Finanzprodukte zu gewährleisten.