Im digitalen Zeitalter hat Künstliche Intelligenz (KI) einen rasanten Aufstieg erlebt und verändert bereits viele Lebensbereiche tiefgreifend. Von Kommunikation über kreative Prozesse bis hin zur Arbeitserledigung findet KI zunehmend Anwendung. Doch längst nicht jeder begrüßt diese Entwicklung uneingeschränkt. Es gibt eine wachsende Anzahl von Menschen, die bewusst auf die Nutzung von KI-Technologien verzichten. Dieser Verzicht gründet sich auf vielfältigen, oft sehr persönlichen Überlegungen.
Einstehen für eigene Werte, ethische Bedenken und Sorgen um die sozialen Folgen prägen die Haltung vieler Gegner von KI. Die Gründe, nicht mit der schnellen KI-Entwicklung Schritt zu halten, gehen dabei weit über reine Technikfeindlichkeit hinaus und konzentrieren sich häufig auf eine menschliche, bewusste Lebensführung. Sabine Zetteler, Unternehmerin einer Kommunikationsagentur in London, verkörpert diese Haltung eindrucksvoll. Für sie fehlt der Sinn darin, Texte oder andere kreative Inhalte einfach von Maschinen anfertigen zu lassen. „Warum sollte ich etwas lesen, was jemand nicht mal mit eigener Mühe geschrieben hat?“, bringt sie eine Kernaussage zum Ausdruck, die vielen KI-Verweigerern eigen ist.
Die Freude und Leidenschaft, die beim eigenen Arbeiten und Gestalten entstehen, wird durch das Verwenden von künstlich generierten Inhalten nicht ersetzt – im Gegenteil, sie vermisst gerade die zwischenmenschliche Verbindung und das authentische Schaffen. Diese Einstellung reflektiert ein tiefes Bedürfnis, menschliche Arbeit wertzuschätzen und nicht einfach durch Automatisierung zu ersetzen. Für Menschen wie Zetteler steht dabei das Zwischenmenschliche im Vordergrund, ebenso wie die Frage nach sozialer Verantwortung, zum Beispiel wenn Mitarbeiterinnen aufgrund von Einsparmaßnahmen durch KI-Technologien ihren Job verlieren. Neben ethischen und sozialen Argumenten spielt für manche auch die Umweltbilanz eine große Rolle bei der Entscheidung gegen den Einsatz künstlicher Intelligenz. KI-Anwendungen wie ChatGPT erfordern enorme Rechenleistung, was wiederum viel Energie konsumiert.
Die genauen Zahlen sind schwer zu ermitteln, doch laut Schätzungen etwa von Goldman Sachs verbraucht eine einzige Abfrage einer KI bis zu zehn Mal so viel Strom wie eine gewöhnliche Google-Suchanfrage. Für Umweltbewusste wie Florence Achery, die ein Unternehmen im Bereich Yoga-Retreats leitet, ist das im Widerspruch zu ihrer Philosophie von Menschlichkeit und Verbundenheit. Für sie bedeuten die ressourcenintensiven Datenzentren einen schweren ökologischen Fußabdruck, der schwer mit ihrem Wunsch nach Nachhaltigkeit vereinbar ist. Neben dem ökologischen Aspekt bringt eine weitere Gruppe von Menschen vor, dass KI die menschlichen Kompetenzentwicklung und das kritische Denken beeinträchtigt. Sierra Hanson aus Seattle äußert die Befürchtung, dass die Abhängigkeit von KI dazu führen kann, dass essentielle Denkprozesse vernachlässigt werden.
Wenn einfache Aufgaben immer öfter automatisiert erledigt werden, verliere der Einzelne die Chance, seine Problemlösungsfähigkeiten zu trainieren und zu erweitern. Kritisches Denken sei jedoch eine der wichtigsten menschlichen Fähigkeiten in einer komplexen Welt. Die Sorge liegt darin, dass viele aufhören könnten, selbst nachzudenken und stattdessen blind auf die Vorschläge von Algorithmen vertrauen. Selbst Unterhaltungsbereiche wie Musik präferieren viele Menschen bewusst, nicht von einer Maschine erschaffen zu lassen, da sie das Authentische schätzen. Ein besonders interessanter Aspekt ist die Tatsache, dass der Widerstand gegen KI oft auch aus Angst vor sozialem und beruflichem Ausschluss heraus entsteht.
Jackie Adams, die im digitalen Marketing tätig ist, verweigerte den Einstieg in die KI-Nutzung zunächst ebenso wie viele andere ihre Einführung. Umweltbedingungen und ein Gefühl von träge Arbeit standen für sie im Vordergrund. Mit der Zeit jedoch veränderte sich die Situation durch den Druck im Arbeitsumfeld. Da KollegInnen KI für Effizienzsteigerungen und Budgetkürzungen einsetzten, sah sie sich gezwungen, mitzugehen, um nicht beruflich zurückzufallen. Diese Entwicklung zeigt, dass der Zeitpunkt zum bewussten Ausstieg aus KI-Anwendungen womöglich schon vergangen ist.
Menschen, die sich strikt verweigern, laufen Gefahr, technische, soziale und berufliche Entwicklungen zu verpassen oder als weniger wettbewerbsfähig wahrgenommen zu werden. Dagegen empfinden manche die Nutzung von KI als belastend, da sie das Gefühl verlieren, noch Kontrolle über ihre Arbeitsweise zu haben. In vielen Fällen werden automatische Zusammenfassungen und KI-gesteuerte Funktionen unaufhaltsam integriert, sodass der Versuch, sie zu ignorieren, als schwierig empfunden wird. Die Entwicklung wirft grundsätzliche Fragen nach der Rolle des Menschen in einer zunehmend automatisierten Welt auf. Experten wie James Brusseau, Professor für Philosophie mit Schwerpunkt KI-Ethik, sehen einen klaren Trend: Während einige menschliche Aufgaben künftig vollständig durch KI übernommen werden könnten – etwa in der Wettervorhersage oder bestimmten medizinischen Bereichen –, bleibt der menschliche Einfluss in Bereichen, die moralische Entscheidungen erfordern, unabdingbar.
Die Rolle von menschlichen Entscheidungsträgern bleibt in ethisch komplexen Feldern unerlässlich, doch wo Routineaufgaben durch KI gelöst werden können, verschwimmen die Grenzen zunehmend. Die Verweigerung von KI-Nutzung berührt damit auch ethische und philosophische Grundfragen. Welche Verantwortung haben Menschen gegenüber der Technologie? Wie viel Automatisierung ist sinnvoll? Und wie viel darf oder soll der Mensch an eine Maschine abgeben, ohne sich selbst zu verlieren? Das Spannungsfeld zwischen Fortschritt und Bewahrung von Menschlichkeit ist aktuell noch offen und wird intensiv debattiert. Für manche ist die bewusste Entscheidung gegen KI auch Ausdruck von Widerstand gegen einen rasanten, von wirtschaftlichen Interessen getriebenen Wandel. Die Sorge, dass Technik den Menschen „ersetzt“ oder entmenschlicht, ist dabei zentral.
Doch es ist auch wichtig anzuerkennen, dass viele, die sich gegen KI entscheiden, die Technologie nicht pauschal ablehnen, sondern differenziert nach ihrem Nutzen für einzelne Lebensbereiche beurteilen. So begrüßen manche KI-Einsatz, wenn er etwa blinden Menschen hilft oder Barrieren abbaut, während sie den öfteren Gebrauch in kreativen oder sozialen Kontexten ablehnen. Die Debatte um Menschen, die auf KI verzichten, ist daher mehrdimensional. Sie spiegelt tiefere Fragen der Werteorientierung, der Umweltverantwortung, der Arbeitsgestaltung und der Bewahrung menschlicher Fähigkeiten wider. Wer sich dem Einsatz von KI verweigert, trifft damit nicht nur eine persönliche Entscheidung, sondern steht auch stellvertretend für eine gesellschaftliche Diskussion darüber, wie Technologie Zukunft gestalten soll.
Für Unternehmen und Gesellschaft bedeutet das, Wege zu finden, Technologie verantwortungsvoll und empathisch einzusetzen. Um alle Beteiligten mitzunehmen, braucht es transparente Kommunikation, ethische Leitlinien und die Möglichkeit, menschliche Stärken in Kombination mit technischen Innovationen zu nutzen. Letztlich geht es darum, Technologie als Werkzeug zu verstehen, das den Menschen dient und nicht umgekehrt. Nur so kann ein Gleichgewicht gefunden werden, das Fortschritt ermöglicht, ohne die wesentlichen Werte unseres Menschseins aus den Augen zu verlieren. Die Entscheidung, KI zu nutzen oder nicht, ist damit auch eine Entscheidung darüber, welches Gesellschaftsmodell man zukünftig unterstützen will.
Die Stimmen der Menschen, die KI bewusst ablehnen, erweitern den Diskurs und tragen dazu bei, die Herausforderungen und Chancen der Technik aus unterschiedlichen Perspektiven zu reflektieren. Dies fördert eine Balance zwischen Innovation und Bewahrung, die unsere Gesellschaft nachhaltig prägen wird. Die Auseinandersetzung mit den Beweggründen der KI-Verweigerer zeigt, dass Technik niemals isoliert betrachtet werden darf. Sie ist eingebettet in kulturelle, soziale und ethische Kontexte, die es aktiv zu gestalten gilt. Nur wenn dieser Dialog offen bleibt, können neue Technologien wirklich zum Wohl aller beitragen.
Die Geschichte der Künstlichen Intelligenz ist also nicht nur von Algorithmen und Maschinen geprägt, sondern auch von Menschen – ihren Hoffnungen, Ängsten und ihrem Streben nach Sinnhaftigkeit. Gerade in dieser Vielfalt liegt die Chance, die Zukunft mitgestalten zu können.