Die Krypto-Branche steht erneut im Fokus großer juristischer Auseinandersetzungen, und dabei ist besonders Binance in den Vordergrund gerückt. Die weltweit größte Kryptowährungsbörse fordert ein US-Gericht auf, eine gegen sie eingereichte Sammelklage abzuweisen. Als Kernargument führt Binance eine Schiedsklausel in ihren Nutzungsbedingungen an, die Nutzer angeblich bei der Kontoregistrierung akzeptiert haben. Diese Strategie zeigt auf, wie Unternehmen im sich rapide entwickelnden Krypto-Ökosystem nach Möglichkeiten suchen, um regulatorischen und rechtlichen Druck abzuschwächen. Im Frühjahr dieses Jahres wurde in Kalifornien eine Sammelklage gegen Binance eingereicht, in der das Unternehmen beschuldigt wird, gegen US-Wertpapiergesetze verstoßen zu haben.
Die Kläger werfen der Plattform vor, nicht registrierte Kryptowährungen angeboten und beworben zu haben, wodurch Investoren getäuscht und in ihrer Rechtssicherheit beeinträchtigt wurden. Daneben wird vorgeworfen, dass Binance hinsichtlich der Sicherheit und der regulatorischen Einordnung bestimmter Assets auf der Plattform irreführende Angaben gemacht habe. Die rechtliche Auseinandersetzung ist komplex, da ein wesentlicher Streitpunkt die Gültigkeit und Auslegung der Nutzungsbedingungen von Binance betrifft. Diese enthalten eine Schiedsklausel, die besagt, dass alle Streitigkeiten zwischen Nutzern und der Plattform durch ein Schiedsverfahren behandelt werden müssen. Ein Schiedsverfahren ist eine außergerichtliche Konfliktlösung, die im Allgemeinen schneller und privater abläuft als traditionelle Gerichtsverfahren.
Binance argumentiert, dass diese Vereinbarung bindend sei und demnach der Rechtsweg vor US-Gerichten blockiert werden müsse. Allerdings entschied der zuständige US-Bezirksrichter Andrew L. Carter Jr. im März 2025 zunächst gegen Binance in Bezug auf Nutzer, die Token zwischen April 2017 und Februar 2019 gekauft hatten. Für diese Zeitraumspanne könne die Schiedsklausel nicht erzwungen werden, da sie erst später in den Nutzungsbedingungen aufgenommen wurde.
Zudem lehnte der Richter den Antrag von Binance ab, die Schiedsklausel für Nutzer durchzusetzen, die zwar nach dieser Zeit, aber vor einer benutzerdefinierten Bekanntgabe der Schiedsklausel Transaktionen tätigten – allerdings ohne endgültige Ablehnung, sodass weitere Argumentationen möglich waren. Später hob der Richter dieses Urteil teilweise auf und bat beide Seiten, zusätzliche Schriftsätze einzureichen, um die Angelegenheit zu klären. Binance verteidigt seine Position mit Nachdruck und weist darauf hin, dass seit der Änderung der Nutzungsbedingungen im Jahr 2019 ein bindendes Schiedsverfahren vereinbart wurde. Die Plattform verweist darauf, dass Nutzer durch die Registrierung ihres Kontos die aktuellen Bedingungen akzeptierten, inklusive einer Ausschlussklausel für Sammelklagen und einer Verpflichtung, alle Streitigkeiten über die Hong Kong International Arbitration Centre Regeln zu klären. Dieses Verfahren hat den Vorteil für Binance, dass es Streitigkeiten außerhalb der teuren und risikoreichen US-Gerichte auslagert.
Das Vorgehen von Binance ist Teil einer breiteren weltweiten Strategie, rechtlichen Herausforderungen auf verschiedenen Märkten durch ungewöhnliche Vertragsklauseln und auf regionaler Gesetzgebung beruhenden Hebeln zu begegnen. Diese Strategie ist nicht unumstritten und spaltet Beobachter: Während Befürworter Schiedsverfahren als pragmatischen Weg zur schnellen Konfliktlösung sehen, kritisieren Gegner, dass dadurch Nutzerrechte eingeschränkt und die öffentliche Transparenz untergraben werden. Die aktuelle Sammelklage stellt jedoch nur ein Element der globalen Rechtsprobleme von Binance dar. Bereits 2023 hatte Binance längere Auseinandersetzungen mit US-Regulierungsbehörden, die zu einer Vergleichszahlung in Milliardenhöhe führten. Insbesondere mussten 4,3 Milliarden US-Dollar gezahlt werden, um Anschuldigungen wegen des Verkaufs nicht registrierter Wertpapiere und mangelnder Compliance-Prozesse beizulegen.
Zudem bekannte sich Binance-Gründer Changpeng Zhao (bekannt als CZ) in einem verbundenen Verfahren schuldig und einigte sich auf eine persönliche Zahlung von 150 Millionen Dollar. Gleichzeitig zahlte die Plattform 2,7 Milliarden Dollar an die US Commodity Futures Trading Commission (CFTC) als Teil eines weiteren Vergleichs. Diese finanziellen und juristischen Belastungen zeigen den hohen Preis, den große Krypto-Unternehmen derzeit für ihre Expansion in regulierten Märkten zahlen müssen. Insbesondere in den USA verschärfen sich die Aufsicht und die gesetzgeberischen Rahmenbedingungen beständig. Die Rolle und Reichweite von Kryptowährungen sowie deren genaue rechtliche Einordnung stellen eine Herausforderung für den Gesetzgeber wie auch für die Unternehmen selbst dar.
Jüngst wurde bekannt, dass die Rechtsprobleme von Binance nicht nur auf den amerikanischen Markt begrenzt sind. Auch in Kanada läuft seit April 2024 eine neue Sammelklage gegen die Börse, die erneut Wertpapiergesetze und die Einhaltung lokaler Vorschriften betrifft. Hierbei wirft man Binance vor, trotz des Rückzugs vom kanadischen Markt kontinuierlich gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen zu haben. Diese Entwicklung verdeutlicht, wie sich der regulatorische Druck auf globaler Ebene potenziert und Unternehmen wie Binance gezwungen sind, ihre Geschäftsmodelle und Rechtsstrategien umfassend zu überdenken. Zusammenfassend zeigt der Fall Binance eindrucksvoll, wie stark die rechtlichen Rahmenbedingungen im Kryptobereich zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Die Balance zwischen Innovation, Handelsfreiheit und Verbraucherschutz rückt immer mehr in den Fokus. Schiedsklauseln in den Nutzungsbedingungen sind ein Mittel, das Unternehmen nutzen, um sich gegen langwierige und öffentlichkeitswirksame Gerichtsverfahren zu schützen. Allerdings werfen sie zugleich ethische und rechtliche Fragen auf, etwa hinsichtlich der Transparenz, der Fairness und der Zugänglichkeit effektiver Rechtsbehelfe für Nutzer. Für die Nutzer von Binance und anderen Kryptowährungsbörsen heißt das, sehr genau auf die Vertragsbedingungen zu achten. Wer mit Kryptowährungen handelt oder diese als Investition nutzt, sollte sich der rechtlichen Implikationen bewusst sein, die mit der Akzeptanz von Schiedsklauseln verbunden sind.
Sie können – wie im Fall Binance – entscheidend darüber sein, ob man Zugang zu einem öffentlichen Rechtsweg hat oder ausgeschlossen wird. Auf politischer Ebene beobachtet man in den Vereinigten Staaten und weltweit aufmerksam, wie erstinstanzliche Entscheidungen und Berufungsverfahren in Fällen wie diesem ausfallen. Die Entwicklungen könnten wegweisend sein für die künftige Regulierung der Krypto-Industrie. Auch aus Sicht der Anleger ist klar geworden, dass hohe Gewinne mit Kryptowährungen stets mit einem erheblichen rechtlichen Risiko verbunden sind. Insgesamt illustriert der Rechtsstreit um Binance die komplexen Herausforderungen moderner Finanztechnologien im Spannungsfeld zwischen internationalem Rechtsrahmen, nationaler Regulierung und den dynamischen Entwicklungen auf den Kryptomärkten.
Während Binance durch seine Schiedsklausel versucht, behördlichen und gerichtlichen Eingriffen möglichst auszuweichen, bleibt abzuwarten, wie die Gerichte und Regulierungsbehörden auf lange Sicht mit dieser Strategie umgehen werden und welche Auswirkungen dies auf die gesamte Branche haben wird.