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Schleswig-Holstein sagt Microsoft den Kampf an: Open-Source-Revolution im öffentlichen Sektor

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'We're done with Teams': German state hits uninstall on Microsoft

Der norddeutsche Bundesland Schleswig-Holstein verabschiedet sich von Microsoft-Software und setzt auf Open-Source-Lösungen, um digitale Souveränität zu stärken und Kosten zu senken. Ein Blick auf die Hintergründe, Herausforderungen und Chancen des radikalen Umstiegs.

In einer Zeit, in der digitale Unabhängigkeit und Datensouveränität immer stärker in den Fokus rücken, vollzieht das Bundesland Schleswig-Holstein eine bemerkenswerte Kehrtwende. Der norddeutsche Landeskreis plant, nahezu alle Microsoft-Programme aus dem Arbeitsleben der öffentlichen Verwaltung zu verbannen. Der Slogan „Wir sind fertig mit Teams!“ des Digitalisierungsministers Dirk Schroedter steht symbolisch für den Abschied vom US-Softwareriesen zugunsten von Open-Source-Alternativen. Schon in weniger als drei Monaten sollen kaum noch Landtagsabgeordnete, Verwaltungsangestellte oder Polizisten das weit verbreitete Tool Microsoft Teams nutzen. Stattdessen setzen sie auf freie Software, die nicht nur Kosten spart, sondern auch die Kontrolle über die eigenen Daten zurückgibt.

Dieser Schritt hat vor allem eine geopolitische, wirtschaftliche und technologische Dimension, die weit über Schleswig-Holstein hinaus Aufmerksamkeit erregt. Der Einfluss großer amerikanischer Tech-Konzerne wie Microsoft ist seit Jahren Gegenstand intensiver Diskussionen, insbesondere im Hinblick auf ihre allgegenwärtige Präsenz in Büro- und Verwaltungsumgebungen weltweit. Microsoft hat mit Windows, Office-Programmen und Kollaborationswerkzeugen wie Teams eine dominante marktbeherrschende Stellung, die nicht selten Fragen zur digitalen Abhängigkeit und Kontrolle über sensible Daten aufwirft. Besonders die Kombination verschiedener Microsoft-Produkte und deren enge Verzahnung führt zu einer Marktmacht, die durch die EU bereits 2023 im Rahmen eines Kartellverfahrens kritisch hinterfragt wurde. Das Bundesland Schleswig-Holstein setzt nun ein deutliches Zeichen, indem es diese Abhängigkeit mit einer konsequenten Ausstiegsstrategie aufbricht.

Die Umstellung betrifft zunächst wesentliche Microsoft-Programme wie Word, Excel und Outlook. Diese werden durch LibreOffice, eine leistungsfähige Open-Source-Programmsuite, sowie Open-Xchange für E-Mail- und Kalenderfunktionen ersetzt. Die Migration geht bis in die Betriebssystemebene hinein, wo langfristig ein Wechsel von Windows zu Linux angestrebt wird. Solch ein Schritt markiert einen tiefgreifenden Kulturschock für eine Verwaltung, die wie viele andere Organisationen jahrzehntelang auf Microsoft-Technologien gesetzt hat. Die Entscheidung für Open Source basiert nicht zuletzt auf dem Prinzip der Transparenz.

Quellcode ist offen einsehbar und anpassbar, was Nutzern ermöglicht, individuelle Anpassungen vorzunehmen und Sicherheitsaspekte besser zu überprüfen. Auch spielt die politische Dimension eine wichtige Rolle. Der globale Kontext verschärft die Bestrebungen zur digitalen Selbstbestimmung. Die jüngsten geopolitischen Spannungen, verstärkt durch Donald Trumps Rückkehr ins Weiße Haus und die Eskalation des Ukraine-Kriegs, haben Bewusstsein für Abhängigkeiten schaffen lassen, die über Energie hinaus auch den digitalen Bereich betreffen. Dirk Schroedter bringt es auf den Punkt: Wenn Energieabhängigkeiten offenkundig sind, gilt es nun auch, die „digitalen Abhängigkeiten“ zu hinterfragen und Alternativen zu suchen, die europäische oder in diesem Fall sogar deutsche Infrastruktur stärken.

Schleswig-Holstein plant, seine Daten künftig in einer Cloud zu speichern, die nicht unter Kontrolle amerikanischer Unternehmen steht, sondern auf öffentlich-rechtlicher deutscher IT-Infrastruktur basiert. Ökonomisch betrachtet ist der Wechsel zu Open-Source-Software nicht nur eine Frage der Souveränität, sondern auch der Kostenreduktion. Lizenzgebühren von Microsoft können sich schnell zu erheblichen Ausgaben summieren – besonders wenn ungeplante Updates oder zusätzliche Module zwingend erforderlich werden. Experten sehen ein großes Sparpotenzial für öffentliche Verwaltungen, wenn sie entsprechende Investitionen in Schulungen und Umstellungen tätigen. Die langfristige Aussicht, „von der Lizenzabhängigkeit befreit zu sein“, ist besonders für Länder und Kommunen attraktiv, deren Budgets zunehmend durch steigende Ausgaben für Technologie belastet werden.

Der Wandel bringt jedoch auch Herausforderungen mit sich. Das Risiko von Mitarbeiterwiderstand und die Angst vor Produktivitätseinbußen darf nicht unterschätzt werden. Der IT-Professor François Pellegrini warnt davor, dass mangelnde Begleitung bei der Umstellung schnell zu Unzufriedenheit führt. Die Erfahrung zeigt, dass viele Nutzer bei ungewohnter Software zunächst zurückschrecken. Ohne umfassende Schulung und Change-Management laufen solche Projekte Gefahr, scheitern oder einen Regress zum Altbewährten provozieren.

Die Stadt München hat dies bereits schmerzhaft erfahren: Nach einem ambitionierten Versuch, auf Open Source zu setzen, kehrte die bayerische Landeshauptstadt 2017 mangels politischer Rückendeckung und technischer Schwierigkeiten wieder zurück zu Microsoft-Produkten. Dennoch gibt es zahlreiche Erfolgsgeschichten, die das Potenzial des Wechsels unterstreichen. Die französische Gendarmerie beispielsweise arbeitet seit Jahren erfolgreich mit Linux-basierten Systemen. Auch das indische Verteidigungsministerium hat eine eigene Betriebssystemlösung namens „Maya OS“ entwickelt, was nationalen Sicherheitsaspekt mit digitaler Unabhängigkeit verbindet. Und in Dänemark evaluieren Kommunen wie Kopenhagen und Aarhus schon den Ausstieg aus Microsoft-Umgebungen, was zeigt, dass die Bewegung hin zu mehr Offenheit und Kontrolle im IT-Bereich grenzüberschreitend an Schwung gewinnt.

Die EU fördert solche Entwicklungen mittlerweile auch auf regulatorischer Ebene. Mit dem Inkrafttreten des „Interoperable Europe Act“ im letzten Jahr werden öffentliche Verwaltungen ermutigt, auf interoperable, offene und nachhaltige Softwarelösungen zu setzen. Diese Vorgaben stärken den Rücken der Vorreiter wie Schleswig-Holstein, die im kommenden Jahrzehnt wichtige Erfahrungswerte liefern können, von denen andere europäische Länder und Kommunen profitieren sollen. Schleswig-Holsteins Schritt ist damit nicht nur ein Bundesland-internes Technologieprojekt, sondern ein Signal an Politik und Wirtschaft, dass digitale Souveränität unter einem neuen geopolitischen Druck steht. Die Entscheidung für Open Source zeigt, dass technologische Wahlfreiheit ein Mittel gegen die Abhängigkeit von US-amerikanischen Monopolstellungen sein kann.

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