Das Gefühl, etwas zu verpassen, ist in unserer modernen Gesellschaft allgegenwärtig. Besonders in Zeiten sozialer Medien und permanenter Erreichbarkeit wird dieses Gefühl, auch bekannt als FOMO (Fear of Missing Out), verstärkt. Dabei liegt die überraschende Erkenntnis oft darin, dass wir nicht unbedingt das eigentliche Ereignis vermissen – ob Party, Konzert oder gesellschaftliches Treffen –, sondern die zwischenmenschlichen Verbindungen und das Gefühl des Zusammenhalts, das mit solchen Momenten einhergeht. FOMO entsteht keineswegs nur dann, wenn das vermeintlich verpasste Ereignis objektiv aufregend oder spaßig ist. Vielmehr basiert es häufig auf dem Wunsch nach Zugehörigkeit, Akzeptanz und sozialer Bestätigung.
Selbst wenn das Event an sich nicht besonders mitreißend ist, spielt der Gedanke, nicht Teil einer gemeinsamen Erfahrung zu sein, eine zentrale Rolle. Dieses mit anderen geteilte Erlebnis stärkt das Gefühl, nicht allein zu sein und Teil einer Gemeinschaft zu sein. So kann das FOMO-Gefühl bereits aus der Vorstellung entstehen, dass Andere Momente miteinander teilen, die wir nur von außen beobachten. Die sozialen Medien verstärken diese Dynamik, indem sie Momente aus Veranstaltungen in Echtzeit oder als Highlight-Posts präsentieren. Wir sehen lachende Gesichter, Gespräche in angeregter Atmosphäre und das fröhliche Zusammensein – oft ohne genau zu wissen, wie tatsächlich der Ablauf des Events war.
Das Bild, das dadurch gezeichnet wird, ist jenes von Zugehörigkeit und emotionaler Nähe, die wir selbst gerade nicht erleben. Der Content dieser Plattformen verstärkt also eher die Sehnsucht nach sozialer Bindung als den eigentlichen Spaß an der Veranstaltung. Ein wichtiger Aspekt im Verständnis von FOMO ist deshalb der menschliche Grundbedürfnischarakter von sozialen Kontakten. Menschen sind soziale Wesen, deren Wohlbefinden eng mit sozialer Eingebundenheit zusammenhängt. Wenn wir das Gefühl haben, ausgeschlossen zu sein, aktiviert dies Stressmechanismen im Gehirn und löst unangenehme Emotionen aus.
Dieses Gefühl des Verpassens ist also kein oberflächliches Phänomen, sondern eine tief verwurzelte Reaktion auf echten oder vermeintlichen sozialen Ausschluss. Interessant ist, dass manchmal das bewusste Vermeiden von bestimmten Events, selbst wenn sie als nicht besonders spannend empfunden werden, trotzdem ein gewisses Unbehagen auslösen kann. Es scheint eine paradoxe Situation zu sein: Man möchte nicht hingehen, weil das Event selbst wenig reizvoll ist, gleichzeitig fühlt man sich innerlich getrieben, es nicht zu verpassen. In solchen Momenten ist es die Angst, die eventuell wertvollen sozialen Beziehungen nicht zu pflegen oder nicht Teil eines gemeinsamen Erlebens zu sein, die den Zwang erzeugt. Darüber hinaus birgt dieses Phänomen auch eine Chance zur Selbstreflexion.
Indem wir bewusst wahrnehmen, dass es vor allem die Verbindung zu anderen Menschen ist, die uns motiviert, können wir hinterfragen, was wir tatsächlich brauchen und wollen. Vielleicht liegt ein Schlüssel darin, nicht jedem gesellschaftlichen Druck nachzugeben, sondern vielmehr Qualität in Begegnungen zu suchen. Das bedeutet, selektiver zu werden und die Begegnungen zu kultivieren, die wirklich bedeutsam sind, statt sich aus Angst vor dem Verpassen zu jeder Gelegenheit zu drängen. Die Einsicht, dass es nicht das Event an sich ist, das fehlt, sondern die gemeinsame Erfahrung und das Miteinander, kann helfen, FOMO zu bewältigen. Strategien dazu sind etwa das bewusste Knüpfen von tieferen Verbindungen im eigenen Freundeskreis, regelmäßiges Planen von persönlichen Treffen und der Versuch, soziale Medien reflektierter zu nutzen.