Die RMS Lusitania war ein britisches Passagierschiff, das im frühen 20. Jahrhundert als eines der schnellsten und luxuriösesten Schiffe seiner Zeit galt. Am 7. Mai 1915 wurde es auf seiner Fahrt von New York nach Liverpool in der Nähe der irischen Küste von dem deutschen U-Boot U-20 torpediert und innerhalb von nur 18 Minuten versenkt. Dieses Ereignis löste eine weltweite Empörung aus, insbesondere in den Vereinigten Staaten, deren Staatsbürger zahlreich an Bord der Lusitania waren.
Die Tragödie gilt als ein entscheidender Faktor, der letztlich zum Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg beitrug. Vor dem Hintergrund des Ersten Weltkrieges herrschte bereits zu dieser Zeit eine angespannte Situation in der maritimen Kriegsführung. Die deutsche Kriegsmarine hatte im Februar 1915 die sogenannte uneingeschränkte U-Boot-Kriegsführung erklärt und eine Seeblockade rund um die britischen Inseln eingerichtet. In diesem neu definierten Kriegsgebiet galten feindliche Schiffe als legitime Ziele, auch wenn dies bedeutete, dass Zivilisten gefährdet wurden. Die Lusitania, als britisches Passagierschiff, passierte diesen Bereich, wobei Passagiere bereits über die Risiken informiert waren, jedoch ohne konkrete Warnung vor dem bevorstehenden Angriff.
Am Nachmittag des 7. Mai sichtete Kapitänleutnant Walther Schwieger die Lusitania aus dem U-Boot U-20. Aus einer Entfernung von etwa 700 Metern feuerte er einen Torpedo ab, der die Lusitania am Steuerbord knapp hinter dem Brückenbereich traf. Kurz darauf erschütterte eine zweite, stärkere Explosion das Schiff – der genaue Ursprung dieses zweiten Knalls ist bis heute Gegenstand intensiver Debatten. Einige Experten vermuten eine Explosion in den Kohlebunkern oder in den Dampfmaschinenräumen, die durch den ersten Treffer ausgelöst wurde.
Die Täterseite, das deutsche U-Boot, hatte nur einen Torpedo abgefeuert, was Zeugenaussagen und Logbücher bestätigen. Die Auswirkungen des Treffers waren verheerend: Der Dampfer begann sofort stark zu krängen, Wasser drang schnell in die Schiffsrümpfe ein, die Antriebssysteme versagten und die Steuerung war verloren. Die Besatzung befahl zwar die Evakuierung, doch die schnell einsetzende starke Schräglage erschwerte das ordnungsgemäße Aussetzen der Rettungsboote auf der Instabilen Steuerbordseite. Viele der Boote kenterten oder waren überfüllt, während andere nicht rechtzeitig gestartet werden konnten. Innerhalb von weniger als zwanzig Minuten war die Lusitania mit mehr als 1.
190 Personen an Bord gesunken, von denen nur rund 760 gerettet werden konnten. Die Katastrophe geschah nur etwa elf Seemeilen von der Küste Irlands entfernt, doch die Hilfe kam zu spät. Die kalten Gewässer, gepaart mit der Panik und dem Chaos an Bord, forderten unzählige Menschenleben, darunter auch fast 130 amerikanische Passagiere. Der Verlust von so vielen US-Bürgern weckte in den Vereinigten Staaten Empörung und trug dazu bei, die öffentliche Meinung gegen Deutschland zu wenden. Präsident Woodrow Wilson appellierte zunächst an Zurückhaltung und versuchte, den Konflikt diplomatisch zu lösen.
Doch die erneuten Vorfälle mit deutschen U-Booten sowie die Unmengen an Propaganda in den folgenden Jahren trieben die amerikanische Haltung weiter in Richtung Kriegsteilnahme. Die britische Regierung sowie die Cunard Line standen in der Kritik. Einerseits hätte die Lusitania begleitet und besser geschützt werden können, andererseits wurde dem Kapitän Turner vorgeworfen, während der Fahrt zu langsam gefahren zu sein und sich zu nahe an die Küste zu wagen. Untersuchungen nach der Katastrophe ergaben gemischte Ergebnisse. Während eine offizielle Untersuchung im Vereinigten Königreich letztlich die alleinige Schuld bei Deutschland sah, wurden Zweifel an der Angemessenheit der britischen Maßnahmen laut.
Historiker diskutieren heute auch über eine mögliche bewusste Gefährdung der Lusitania, um die USA in den Krieg zu ziehen, eine Theorie, die jedoch umstritten bleibt und keine eindeutigen Belege gefunden hat. Das Kriegsmaterial an Bord der Lusitania spielte ebenfalls eine wichtige Rolle in der Diskussion. Der Frachtraum enthielt unter anderem etwa 173 Tonnen militärischer Güter, darunter Millionen von Gewehrpatronen und Artilleriezubehör. Obwohl diese Ladung nach internationalen Gesetzen teilweise erlaubt war, wurde von deutschen Propaganda-Stellen ihr Vorhandensein genutzt, um das Versenken des Passagierschiffs zu rechtfertigen. Die US-amerikanischen und britischen Behörden bestritten allerdings, dass das Kriegsmaterial den Angriff rechtfertigte oder zum schnellen Sinken des Schiffes beitrug.
Die internationale Reaktion auf den Untergang war breit gefächert. Deutschland verteidigte die Versenkung mit dem Argument, die Lusitania sei aufgrund der Kriegsladung ein legitimes militärisches Ziel gewesen. Die britische und amerikanische Öffentlichkeiten reagierten mit Wut und Trauer. Zahlreiche Propagandakampagnen nutzten das Unglück, um die Kriegsteilnahme zu rechtfertigen. Im Deutschen Reich hingegen wurde die Handlung nach einer anfänglichen Debatte weitgehend akzeptiert oder gar begrüßt, was die anti-alliierten Einstellungen weiter verhärtete.
Der Untergang der Lusitania veränderte nachhaltig die Kriegsführung und die Diplomatie. Er lenkte das Bewusstsein der Weltöffentlichkeit auf die Gefahren der neuen U-Boot-Kriegsführung und stellte die sogenannte „Kriegszone“ vor neue rechtliche Herausforderungen. Die Attacke auf ein Passagierschiff führte zeitweilig zum Aussetzen der uneingeschränkten U-Boot-Kriegführung durch Deutschland, da die amerikanische Neutralität bereits spürbar gefährdet war. Erst 1917 wurde die U-Boot-Kriegsführung wieder aufgenommen, was erneut zum Bruch der Beziehungen mit den USA führte und deren Kriegseintritt besiegelte. Heute liegt das Wrack der Lusitania rund 93 Meter tief auf dem Meeresgrund vor der Küste Irlands.
Mit der Zeit zerfällt das Schiff zunehmend durch Korrosion und Umwelteinflüsse. Zahlreiche Expeditionen haben den Wrackort untersucht, um noch mehr Informationen über das Unglück zu sammeln. Weiterhin ist das Ereignis kulturell präsent und inspirierte Bücher, Filme sowie Musikstücke. Die Erinnerung an die Lusitania mahnt an die Opfer des Krieges und die Risiken, welche der Seekrieg für zivile Schiffe und deren Insassen mit sich brachte. Die Tragödie der RMS Lusitania steht somit exemplarisch für die Eskalation des Ersten Weltkrieges und die Herausforderungen der modernen Kriegführung.
Sie zeigt, wie militärische Entscheidungen weitreichende politische Konsequenzen haben können und verdeutlicht die Zerbrechlichkeit von Neutralität und internationalem Recht in Zeiten globaler Konflikte.