Die Frage, ob man eine Managementrolle übernehmen sollte oder nicht, beschäftigt viele Fachkräfte, insbesondere in technischen Berufen wie dem Ingenieurwesen. In einer Welt, in der Karrierewege vielfältig und individuell gestalten werden können, ist die Entscheidung, ob man eine Führungsposition anstreben will, nicht immer einfach. Es geht dabei um mehr als nur den Titel oder das größere Gehaltspaket. Es handelt sich um einen gravierenden Wandel in der Arbeitsweise, der Interaktion mit Kolleginnen und Kollegen sowie der eigenen beruflichen Identität. Der Übergang von der individuellen Fachkraft zum Manager bringt eine Vielzahl an neuen Herausforderungen und Chancen mit sich, die gut durchdacht sein wollen.
Wer vor dieser Entscheidung steht, sollte sich zunächst klar darüber werden, welche Beweggründe für das Management vorhanden sind und welche Erwartungen damit verbunden sein könnten. Ein häufiger Irrtum besteht darin, Management als eine Möglichkeit zu sehen, größtmögliche Kontrolle oder Macht über Entscheidungen und andere Menschen auszuüben. Während Führungskräfte tatsächlich Verantwortung tragen und Entscheidungen treffen, ist effektives Management weit davon entfernt, autoritär oder dominierend zu sein. Im Gegenteil basiert gute Führung darauf, die Fähigkeiten und das Wissen des Teams wertzuschätzen und zu nutzen. Gerade in technischen Teams bringen Mitarbeitende oft tieferes Spezialwissen mit als die Führungskraft selbst.
Das bedeutet, dass ein Manager seine Entscheidungen nicht isoliert treffen sollte, sondern diese in enger Zusammenarbeit mit dem Team entwickeln muss. Die gemeinsame Erarbeitung von technischen Entscheidungen trägt dazu bei, Fehlentscheidungen zu vermeiden sowie das Vertrauen und die psychologische Sicherheit innerhalb des Teams zu stärken. Unsicherheit, Angst vor Fehlern oder das Gefühl, nicht gehört zu werden, können sonst dazu führen, dass Teammitglieder sich zurückziehen und ihre Meinung nicht mehr einbringen. Psychologische Sicherheit ist ein entscheidender Faktor für die Innovations- und Leistungsfähigkeit jeder Gruppe. Sie entsteht nur, wenn Teammitglieder das Gefühl haben, dass ihre Gedanken und Meinungen wertgeschätzt werden und sie ungeachtet von Fehlern unterstützt werden.
Wer sich also für eine Managerrolle entscheidet, sollte auch den Wunsch mitbringen, eine positive Arbeitsatmosphäre zu schaffen, in der sich Menschen entfalten und wachsen können. Die eigene Rolle als Manager kann vielseitig interpretiert werden: Einige Führungskräfte wollen technisch sehr involviert bleiben und regelmäßig selbst programmieren oder technische Aufgaben übernehmen, während andere sich komplett auf die Mitarbeiterführung, Strategie und Organisation konzentrieren. Gerade für angehende Manager empfiehlt es sich, anfangs nicht zu versuchen, den Coding-Aspekt parallel zur Führungsrolle zu bewältigen, da beide Tätigkeiten hoch anspruchsvoll sein können. Übermäßige technische Einmischung als Manager kann dazu führen, dass man entweder die Überwachung und Begleitung des Teams vernachlässigt oder selbst in technischen Aufgaben steckenbleibt, die den Arbeitsfluss aufhalten. Vielmehr ist es sinnvoll, sich als Unterstützer zu verstehen, der technische Hindernisse minimiert, indem er administrative oder organisatorische Probleme beseitigt, technische Schulden adressiert oder Rahmenbedingungen für den Erfolg des Teams schafft.
Das bedeutet nicht, seine technische Kompetenz abzulegen, sondern sie bewusst einzusetzen, um die Arbeit effektiver und angenehmer zu gestalten. Dabei muss Managerinnen und Managern bewusst sein, dass die eigene Stimme stärker wahrgenommen wird als die der Teammitglieder und durchaus Machtwirkung entfalten kann. Diese Machtverhältnisse beeinflussen, wie offen und kritisch Teams in technischen Diskussionen miteinander umgehen. Ein Manager, der in seiner Rolle zu dominant auftritt, riskiert, wichtige Rückmeldungen von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht zu erhalten, weil diese sich nicht trauen, Kritik zu äußern. Deshalb ist es von großer Bedeutung, als Führungskraft Raum für die Experten im Team zu schaffen, sie zu fördern, eigene Entscheidungsbefugnisse mit Bedacht und Empathie einzusetzen sowie eine Kultur des offenen Austausches zu etablieren.
Die Führungspersönlichkeit prägt das Arbeitsklima maßgeblich. Wer anstrebt, ein Manager zu werden, sollte sich daher fragen, welche Art von Führungskräften er selbst als wertvoll empfindet und welche er meiden würde. Es lohnt sich, aus eigenen Erfahrungen mit unterschiedlichen Vorgesetzten zu lernen und eigene Leitlinien und Werte zu definieren. Diese individuellen Prinzipien können als Leitstern dienen, um authentisch und konsequent zu führen. Dabei ist es wichtig, die Vielfalt der Teammitglieder anzuerkennen, denn jede Person hat eigene Bedürfnisse, Arbeitsweisen und Motivationsfaktoren.
Gute Managerinnen und Manager erkundigen sich aktiv danach, wie ihre Mitarbeitenden geführt und unterstützt werden möchten, um die Zusammenarbeit möglichst effektiv und angenehm zu gestalten. Ebenso essentiell ist der Gedanke, dass Führung eine lernende Rolle ist. Niemand wird von heute auf morgen perfekt in der neuen Funktion sein. Unterstützung durch Mentoren, erfahrene Kolleginnen und Kollegen oder externe Coaches ist für den Einstieg in jede Führungskarriere äußerst hilfreich. Solche Begleiter können helfen, typische Fallstricke zu vermeiden, dienen als Resonanzpersonen bei Herausforderungen und geben wertvolles Feedback bei der Weiterentwicklung.
Wie aber gelingt der Einstieg in eine Managementrolle? Eine gute Möglichkeit ist, im aktuellen Unternehmen nach ersten Chancen Ausschau zu halten. Hat man bereits Vertrauen aufgebaut, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass ein Wechsel in die Führung unterstützt wird. Gemeinsam mit der eigenen Führungskraft kann dann ein Plan entwickelt werden, wie diese Karriereentwicklung gestaltet werden soll. Neben dem offiziellen Titel gibt es oft auch Gelegenheiten, sich durch übernommene Verantwortung oder Projektleitung auf zukünftige Führungsrollen vorzubereiten und dies im Lebenslauf hervorzuheben. Darüber hinaus sollten Bewerbende darauf achten, sich auf entsprechende Positionen zu bewerben, die sich auch an Menschen richten, die erstmals Führung übernehmen.
Solche Rollen haben meist realistische Erwartungen, mehr Lernmöglichkeiten und Unterstützungssysteme. Das Netzwerk spielt zudem eine große Rolle im Karriereweg. Empfehlungen und persönliche Kontakte erhöhen die Chancen, eine passende Stelle zu finden oder eine Einladung zum Gespräch zu erhalten. Wichtig ist dabei, das Netzwerk kontinuierlich zu pflegen, nicht nur, wenn man gerade eine Stelle sucht. Regelmäßiger Austausch, kleine Nachrichten oder gemeinsames Kaffeetrinken sorgen dafür, dass Beziehungen lebendig bleiben und gegenseitiges Vertrauen entsteht.
Für den langfristigen Erfolg als Manager ist es essentiell, sich selbst gut zu kennen, insbesondere die eigenen Auslöser für emotionale Reaktionen oder Stresssituationen. Der Umgang mit heterogenen Persönlichkeiten fordert Geduld, Reflexion und die Entwicklung von Strategien zur Deeskalation. Wer weiß, welche Situationen ihn herausfordern können, ist besser darauf vorbereitet, ruhig zu bleiben und konstruktiv zu reagieren. Dabei helfen manchmal kleine Auszeiten, um sich emotional zu sammeln, bevor schwierige Themen besprochen werden. Kultur und Atmosphäre im Team werden maßgeblich von der Führung beeinflusst.
Neue Führungskräfte sollten sich daher Zeit nehmen, um nicht sofort alles zu verändern, sondern erst zuzuhören und die bestehenden Dynamiken zu verstehen. Einführungstreffen, in denen die Ziele der Führungskraft kommuniziert und Erwartungen offen gelegt werden, fördern den gegenseitigen Vertrauensaufbau. Regelmäßige Einzelgespräche helfen, individuelle Bedürfnisse kennenzulernen und individuelle Unterstützung zu bieten. Dabei ist es wichtig, die eigenen Termine ernst zu nehmen und nicht ständig abzusagen, denn gerade in remote oder hybriden Arbeitskontexten sind persönliche Kontakte besonders wertvoll. Die 1:1-Gespräche bieten Raum für Austausch, Sorgen, Ideen oder Feedback und sind kein Status-Update-Meeting.
Wenn Fehler passieren, sind klare Regeln für den Umgang damit hilfreich. Flexibilität und Nachsicht fördern das Lernklima, jedoch müssen Verhalten, welches das Teamklima gefährdet oder respektlos ist, konsequent adressiert werden. Dabei liegt es in der Verantwortung der Führungskraft, Grenzen klar zu setzen und für einen sicheren Raum zu sorgen. Abschließend lässt sich sagen, dass der Schritt ins Management gut überlegt sein will. Wer motiviert ist, Menschen zu unterstützen, die Kompetenzen besitzt, um Kommunikation und Organisation zu steuern, und bereit ist, kontinuierlich zu lernen, findet in der Führungsaufgabe große Erfüllung.
Management ist mehr als ein Titel, es ist eine Haltung gegenüber Menschen, Arbeit und persönlicher Entwicklung. Wer diesen Weg einschlägt, gestaltet damit nicht nur seinen Berufsalltag neu, sondern prägt die Kultur und Zukunft seines Teams entscheidend mit.