Das Phänomen des Bewusstseins ist seit Jahrhunderten Gegenstand intensiver philosophischer, psychologischer und wissenschaftlicher Auseinandersetzungen. Trotz vieler Theorien bleibt Bewusstsein oft schwer fassbar, da es traditionell als subjektive Erfahrung oder als qualiazentriertes Mysterium betrachtet wird. In jüngster Zeit rückt ein neuer, formal-informations-theoretischer Ansatz in den Fokus, der den Versuch unternimmt, Bewusstsein objektiv zu definieren. Statt Bewusstsein als rein subjektives Erleben zu begreifen, wird hier ein Modell vorgestellt, das auf der Idee basiert, dass alle Entitäten durch Beschreibungen in Form von Aussagen charakterisiert werden können. Diese Sichtweise eröffnet spannende Perspektiven, wie Bewusstsein als Funktion von wahrgenommenen, richtigen Überzeugungen gegenüber der vollständigen objektiven Beschreibung eines Gegenstandes zu verstehen ist.
Zunächst ist es notwendig, die Grundlage dieses Modells zu verstehen. Unter einer Entität wird hier jegliches Objekt oder Konzept verstanden, das durch eine Menge von Aussagen beschrieben werden kann. Die Beschreibungen bestehen aus Einzelinformationen, die als Aussagen der Form O(x)-Q(y) strukturiert sind. Dabei steht O(x) für ein bestimmtes Objekt mit einem identifizierenden Index x, während Q(y) für eine bestimmte Eigenschaft oder Qualität mit Index y steht. Das ermöglicht eine systematische Darstellung aller möglichen Aussagen über alle Objekte und deren Eigenschaften.
Innerhalb dieser Sichtweise werden Beschreibungen entweder axiomatich, also grundlegend und fest definiert, oder abgeleitet, also aus bereits bestehenden Aussagen logisch ermittelt. Das führt zu einem komplexen Gefüge, in dem ein Objekt nicht nur durch isolierte Fakten charakterisiert wird, sondern durch eine Gesamtheit von miteinander verknüpften Aussagen unterschiedlicher Hierarchiestufen. Interessanterweise können mehrere Beobachter dieselbe Entität unterschiedlich erfassen, da für subjektiv definierte Objekte wie etwa ethische Begriffe keine universelle objektive Beschreibung existiert. Bewusstsein wird somit als die Übereinstimmung zwischen den Überzeugungen eines Beobachters und der vollständigen objektiven Beschreibung eines Objektes verstanden.Der zentrale Begriff in diesem Modell ist der der Überzeugung, welche als eine vom Beobachter als „wahr“ markierte Aussage über ein Objekt definiert wird.
Das menschliche Gehirn agiert demnach als eine Einheit, die diese Überzeugungen formt, speichert und im Laufe der Zeit aktualisiert. Externe Reize oder Stimuli dienen als Trigger, die die internen Prozesse der Überzeugungsbasis beeinflussen. Dadurch ist Bewusstsein nicht statisch, sondern dynamisch, da sich die Überzeugungen fortlaufend verändern und entwickeln.Mit dem Begriff der Komplexität knüpft das Modell an eine quantitativ messbare Eigenschaft an, mit der beschrieben wird, wie umfangreich oder detailreich eine Aussage oder eine Menge von Aussagen ist. Das Verhältnis der Komplexität der korrekten Überzeugungen eines Beobachters zur Komplexität der vollständigen Beschreibung eines Objektes wird zur mathematischen Definition von Bewusstsein.
Anders formuliert lässt sich Bewusstsein als der Anteil des umfassenden objektiven Wissens sehen, den der Beobachter zutreffend verstanden hat. Diese Metrik stellt eine neue Möglichkeit dar, Bewusstsein quantifizierbar und vergleichbar zu machen.Interessant ist, dass dieses Modell auch Zustände der Unbewusstheit und der sogenannten Schizo-Bewusstheit unterscheidet. Unbewusstheit beschreibt jene Teile der objektiven Beschreibung, für die der Beobachter keine Überzeugung hat, also Wissenslücken oder ignorierte Fakten. Schizo-Bewusstheit oder Fehlüberzeugungen kennzeichnen falsche Wahrnehmungen oder Missverständnisse über die Beschaffenheit des Objekts.
Dieser differenzierte Ansatz liefert ein klareres Bild von geistigen Zuständen und deren Auswirkungen auf das menschliche Bewusstsein.Um dieses komplexe Modell greifbarer zu machen, werden visuelle Metaphern herangezogen, die den inneren Aufbau und die Verteilung von Überzeugungen illustrieren helfen. Eine solche Metapher ist die des weißen Blattes – die Gesamtheit der objektiven Beschreibung eines Objekts ist auf das Blatt geschrieben. Die zutreffenden Überzeugungen einem Beobachters werden durch grüne Linien markiert, die falschen durch rote, während unmarkierte Zonen für unbewusste Bereiche stehen. Diese Visualisierung macht das Verhältnis von Wissen, Nichtwissen und Missverständnis anschaulich und gibt Aufschluss darüber, wie sich Bewusstsein in der Praxis äußert.
Eine weitere Bildvorstellung ist das x-y-Diagramm, in dem Objekte auf der x-Achse und Qualitäten auf der y-Achse aufgetragen werden. Die Kombination eines Objekts mit einer Qualität stellt einen möglichen Zustand oder eine Aussage dar. Ein Beobachter weist jedem Punkt eine Wahrheitsmarkierung zu: korrekte Überzeugungen fördern Bewusstsein, falsche zählen als schizoide Überzeugungen und unmarkierte Punkte als unbewusste Bereiche. Mithilfe dieses Modells lassen sich auch Unterschiede im Bewusstseinszustand und Verständnis mehrerer Beobachter gegenüber dem gleichen Objekt nachvollziehen, was die vergleichende Forschung erleichtert.Die Idee, Bewusstsein als eine messbare Relation zwischen Überzeugungen und objektiven Beschreibungen zu definieren, hebt das Thema aus der rein subjektiven Erfahrungsebene heraus und bringt es in den Bereich der objektiven Analyse.
Indem komplexe Informationen mathematisch erfasst, validiert und diskutiert werden, entsteht die Möglichkeit, Bewusstsein nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ und nachvollziehbar zu erforschen. Dies eröffnet neue Horizonte in der Neurowissenschaft, der Philosophie des Geistes sowie der künstlichen Intelligenz.Darüber hinaus könnte ein solches Modell für praktische Anwendungsfelder von großer Bedeutung sein. Im Bereich der kognitiven Wissenschaften erlaubt es, Bewusstseinszustände genauer zu diagnostizieren und Unterschiede zwischen verschiedenen Personen oder Zuständen wie etwa Bewusstlosigkeit oder psychischen Erkrankungen besser zu verstehen. In der KI-Forschung bietet es einen möglichen Weg, maschinelles Bewusstsein oder zumindest ein Bewusstsein-ähnliches Verständnis systematisch zu erfassen und weiterzuentwickeln.
Allerdings ist zu betonen, dass trotz der formalen Strenge dieses Modells gewisse Herausforderungen bleiben. Die Komplexität der Welt und subjektiver Erfahrungen lässt sich nicht immer problemlos in komplette objektive Beschreibungen übersetzen. Vor allem bei ethischen, emotionalen oder ästhetischen Konzepten stößt die Definition an Grenzen, da diese stark von individuellen Perspektiven abhängen und kein universelles Maß haben. Gleichwohl stellt das Modell eine wichtige analytische und theoretische Grundlage dar, die Bewusstsein auf eine neue, messbare Ebene hebt.Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die formale Informations-Theorie eine überzeugende Möglichkeit bietet, Bewusstsein aus der abstrakten, subjektiven Sphäre herauszuholen und es anhand objektiver Beschreibungen und Überzeugungen zu erfassen.
Der Ansatz verbindet Philosophie, Informatik und Kognitionswissenschaft zu einer integrativen Theorie, die nicht nur das Verständnis von Bewusstsein vertieft, sondern auch einen methodischen Rahmen für zukünftige Forschungen eröffnet. Die Vision eines quantifizierbaren Bewusstseins ermöglicht es, die vielschichtigen Dimensionen des Geistes und seine Beziehung zur realen Welt präziser zu erforschen und zu definieren, was für Wissenschaft, Technik und Gesellschaft gleichermaßen von Bedeutung ist.