In Südkorea herrscht eine beispiellose politische Unruhe, die das Land an den Rand einer tiefen institutionellen Krise bringt. Ausgelöst wurde diese Situation durch die kürzlich erfolgte Amtsenthebung des Präsidenten Yoon Suk Yeol, dessen kontroverse Maßnahmen, insbesondere die kurzfristige Ausrufung des Kriegsrechts, eine Welle der Empörung und Verunsicherung ausgelöst haben. Seitdem hat die Opposition im Parlament, angeführt von der Demokratischen Partei, die klare Absicht bekundet, den amtierenden Staatschef, den Premierminister Han Duck-soo, ebenfalls seines Amtes zu entheben. Die politische Landschaft Südkoreas ist somit von einem heftigen Machtkampf geprägt, der nicht nur nationale, sondern auch internationale Aufmerksamkeit auf sich zieht. Han Duck-soo, bislang als verlässlicher Bürokrat und zweiter Mann im Staat galt, befindet sich plötzlich inmitten eines politischen Sturms.
Seine Rolle als amtierender Präsident ist in mehrfacher Hinsicht umstritten. Insbesondere wirft ihm die Opposition vor, sich zu sehr auf konservative, der ehemaligen Präsidentenpartei nahestehende Positionen zu stützen und wichtige Gesetzesinitiativen der Opposition blockiert zu haben. So verweigerte Han unter anderem die Behandlung von mehreren Gesetzen, die von der oppositionellen Mehrheit im Parlament eingebracht wurden – darunter auch ein umstrittenes Landwirtschaftsgesetz, das von vielen Seiten heftige Kritik erfuhr. Die Demokratische Partei hat klare Forderungen gestellt: Han Duck-soo soll die Ernennung unabhängiger Sonderermittler genehmigen, die den suspendierten Präsidenten Yoon Suk Yeol wegen des Vorwurfs der Rebellion im Zusammenhang mit dem Erlass des Kriegsrechts untersuchen sollen. Darüber hinaus sollen auch Ermittlungen gegen Yolns Ehefrau wegen Korruptionsvorwürfen aufgenommen werden.
Die Opposition gab Han eine Frist, diese Forderungen zu erfüllen, und drohte andernfalls mit einer Amtsenthebung. Dabei stehen die rechtlichen Hürden für eine solche Maßnahme noch nicht endgültig fest: Während die einfache Mehrheit im Parlament für die Amtsenthebung der meisten hohen Beamten ausreicht, ist bei einem Präsidenten eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Ob dies auch für einen amtierenden, aber nicht gewählten Präsidenten wie Han Dong-soo Anwendung findet, ist umstritten und wird von beiden Seiten juristisch bewertet. Unabhängig davon verdeutlicht die Tatsache, dass die Opposition mit 170 von 300 Sitzen in der Nationalversammlung eine starke Position innehat, dass eine einvernehmliche Lösung ohne Zugeständnisse an die politische Kontrolle und zu den Forderungen der Demokratischen Partei kaum denkbar ist. Die Situation wird zusätzlich erschwert durch die Tatsache, dass Yoon Suk Yeol selbst sich weigert, Untersuchungsanfragen und Durchsuchungen seines Büros zuzulassen.
Stattdessen hält er an seiner Position fest und sieht sich durch einflussreiche Verbündete im Militär und im Polizeiapparat unterstützt, deren Führungskräfte bereits festgenommen wurden aufgrund ihrer Rolle bei der Mobilisierung von Truppen und Polizeikräften gegen das Parlament. Dieser dramatische Machtkampf im Inneren hat auch erhebliche Auswirkungen auf die institutionelle Stabilität und das internationale Ansehen Südkoreas. Die Nachbarstaaten und internationale Beobachter sehen die Lage mit Sorge, da die ständigen politischen Auseinandersetzungen die Handlungsfähigkeit der südkoreanischen Regierung in wichtigen außen- und sicherheitspolitischen Fragen beeinträchtigen können. Besonders die Rolle des Verfassungsgerichts ist nun entscheidend. Aktuell bleiben drei Sitze im obersten Gerichtshof unbesetzt, was für die endgültige Entscheidung über die rechtmäßige Amtsenthebung von Yoon Suk Yeol von großer Bedeutung ist.
Die Demokratische Partei drängt darauf, diese vakanten Positionen schnell zu besetzen, um ein gerichtliches Votum mit der Chance auf Bestätigung der Amtsenthebung herbeizuführen. Han Duck-soo hingegen verzögert die Einsetzung neuer Richter und ruft zu Verhandlungen zwischen den Parteien auf, um weitere Konflikte zu vermeiden. Die Spaltung zwischen Regierung und Opposition ist jedoch tiefgreifend und zeigt keine schnellen Lösungswege auf. Die innenpolitischen Auseinandersetzungen haben auch das Vertrauen der südkoreanischen Bevölkerung in ihre Institutionen erschüttert. Umfragen zeigen eine zunehmende Skepsis gegenüber dem politischen Establishment, verbunden mit Forderungen nach mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht.
Die wirtschaftlichen Herausforderungen, denen Südkorea ohnehin gegenübersteht, verschärfen die gesellschaftliche Unruhe. Inmitten dieser turbulenten Entwicklungen ist die Zukunft Südkoreas politisch ungewiss. Sollte die Opposition ihr Vorhaben durchsetzen und auch Han Duck-soo seines Amtes entheben, würde dies die Amtsfolge an den Finanzminister weiterreichen und eine weitere Phase politischer Instabilität einläuten. Gleichzeitig flammen Debatten über mögliche Neuwahlen auf, die innerhalb von zwei Monaten nach einer endgültigen Amtsenthebung von Yoon abgehalten werden müssten. Die daraus resultierende Unsicherheit und mögliche Verschiebungen im politischen Machtgefüge könnten langfristige Folgen für die südkoreanische Demokratie haben.
Darüber hinaus steht auch die Rolle der Medien und der Zivilgesellschaft im Fokus, die angesichts der eskalierenden politischen Spannungen vermehrt das politische Geschehen kritisch begleiten und Druck für tiefgreifende Reformen aufbauen. Ingesamt zeigt die gegenwärtige Krise in Südkorea, wie fragil demokratische Strukturen selbst in etablierten Demokratien sein können, wenn politische Führungspersonen in tiefgreifende Konflikte geraten und das Gleichgewicht der Institutionen ins Wanken gerät. Das Ringen um die Amtsenthebung von Han Duck-soo spiegelt nicht nur einen Kampf um Macht wider, sondern auch um die Kontrolle über die Zukunft und Integrität einer der bedeutendsten asiatischen Demokratien. Es bleibt abzuwarten, ob eine Einigung erreicht wird, die den Weg für eine stabile politische Ordnung ebnet, oder ob Südkorea weiterhin von einem Zyklus der politischen Unsicherheit geprägt sein wird.