In der heutigen komplexen Welt stehen Unternehmen und Individuen oft vor Entscheidungen, die mehrere, teilweise unvereinbare Dimensionen umfassen. Ob es darum geht, das richtige Produktmerkmal für die nächsten sechs Monate zu wählen, die passende Person für eine offene Stelle zu engagieren oder eine neue Marketingkampagne zu testen – die Herausforderung, eine Wahl zu treffen, die in allen relevanten Bereichen die größte Wirkung erzielt, ist allgegenwärtig. Hier stößt man schnell an die Grenzen klassischer Bewertungsmethoden, die auf Summenwerten oder gewichteten Rubriken basieren und so häufig zu unklaren oder schwer erklärbaren Ergebnissen führen. Die Methode Binstack, entwickelt und vorgestellt von Jason Cohen, bietet hier einen radikal neuen Ansatz, um aus dem Durcheinander von Zahlen und Bewertungen eine eindeutige und nachvollziehbare Entscheidung abzuleiten.Die Probleme traditioneller Rubrik-Methoden zeigen sich schnell, wenn man gleichwertige Optionen gegenüberstellt, die in diversen Kategorien jeweils einmal besser und einmal schlechter sind.
Ein Beispiel aus der Spielwelt illustriert das sehr gut: Ein Spieler hat in puncto Gesundheit und Ausdauer die Nase vorn, während der andere bei Stärke und Geschwindigkeit überlegen ist. Beide erreichen auf einer einfachen Summenskala denselben Gesamtwert, was eine Entscheidung unklar macht. Versucht man, durch Gewichtungen einzelne Dimensionen hervorzuheben, so führt das oft zu einem Gefühl der Manipulation und bleibt analytisch fragwürdig. Gerade in der Realität, in der Werte häufig ungenau geschätzt werden, sind solche gewichteten Scores eher Rauschen als Signal. Wichtige Resultate können so im Nebel verschwinden, was die Entscheidungsfindung erschwert und ein Unding für die Akzeptanz bei Teammitgliedern oder Stakeholdern ist.
Der zentrale Durchbruch, den Binstack bietet, liegt in der Vereinfachung durch binäre Materialitätswerte. Anstelle von Zahlenwerten wird entschieden, ob eine Option in einer Dimension überhaupt eine bedeutende Wirkung hat oder nicht. Dabei definiert „bedeutend“ eine so große Wirkung, dass diese klar messbar und offensichtlich ist. Dies kann zum Beispiel ein Anstieg der Einnahmen um zehn Prozent sein, ein deutlicher Rückgang von Kündigungen, eine merkliche Optimierung von Supportanfragen oder eine tatsächliche Veränderung der Nutzerzufriedenheit. Durch diese harte Kante werden marginale Verbesserungen aussortiert, und die Entscheidungen fokussieren sich auf Werthebel, die echten Einfluss haben.
Allein durch diese binäre Bewertung verschiebt sich das Entscheidungsbild deutlich und es kristallisiert sich oft schnell ein klarer Favorit heraus. Dies liegt daran, dass jede positive Wirkung in einem wichtigen Bereich als ein „Punkt“ gewertet wird, der auch tatsächlich eine signifikante Auswirkung repräsentiert. Somit entfällt das zerbrechliche Konstrukt komplizierter Gewichtungsformeln und unsicherer Zahlen. Diese Vorgehensweise erleichtert zudem die Erklärung der getroffenen Entscheidung, denn es kann transparent dargelegt werden, warum eine Option ausgewählt oder verworfen wird. Aussagen wie „Option Q wird ausgewählt, weil sie zwei der wichtigsten zu maximierenden Dimensionen signifikant verbessert, während Option P nur eine beeinflusst“ machen das Vorgehen nachvollziehbar und minimieren Unzufriedenheit.
Doch Binstack bleibt nicht bei der binären Bewertung stehen. Ein weiterer wichtiger Aspekt stellt die klassische Herausforderung der unterschiedlichen Bedeutung einzelner Kriterien dar. Während ein Attribut in einem Kontext überlebenswichtig sein kann, spielt ein anderes kaum eine Rolle. Herkömmliche Systeme greifen hier zu Gewichtungen, was sich als problematisch erweist. Die Binstack-Methode fordert stattdessen eine eindeutige Rangordnung der Bedeutung der Kriterien – jedoch ohne exakte Punktvergabe, sondern rein hierarchisch.
Dieser Stack-Rank erlaubt es, die größte Wirkung zuerst zu erreichen und dann erst die nächstwichtigeren Kriterien einzubeziehen. Mit dieser Reihenfolge werden Entscheidungen schrittweise getroffen. Optionen, die das oberste Kriterium nicht erfüllen, werden aussortiert, erst im zweiten Schritt wird das nächstwichtige Kriterium herangezogen, und so weiter. So entsteht eine klare Priorisierung, die nicht durch komplexe mathematische Formeln verzerrt wird.Ein Beispiel für die praktische Anwendung im Unternehmenskontext könnte eine vorrangige Priorisierung des Umsatzwachstums sein, gefolgt von Kundenwachstum, Produktqualität und dann Kosten.
So ließe sich ein Feature für ein Softwareprodukt auswählen, das nachweisbar und bedeutend den Umsatz ankurbelt, auch wenn es die Kundenanzahl bislang nicht wesentlich steigert. Dies reflektiert eine strategische Ausrichtung und ermöglicht fokussierte Entscheidungen, die an der Unternehmensrealität orientiert sind. Gerade die Charakteristik, dass sich diese Wertung über die Zeit verändern kann, macht das Modell so flexibel. Ein Startup wird vermutlich einen anderen Stack haben als ein etabliertes Unternehmen, dessen Wachstum stabil ist und das eher auf Effizienz oder Profitabilität ausgerichtet ist.Die Transparenz der Entscheidung und das Einbeziehen von klar definierten Kriterien voller materieller Effekte fördert ebenso die Akzeptanz im Team.
Menschen können nachvollziehen, warum ihre Idee nicht gewählt wurde, weil der gemessene Effekt zu klein war oder weil ein anderes Ziel momentan höher belegt wird. Dies führt zu weniger Frust und unterstützt eine gesundere Unternehmenskultur. Auch der Faktor „Spaß“ wird in diesem Modell nicht vernachlässigt. Auch wenn es zunächst kontraintuitiv klingt, kann „Spaß“ als Kriterium im Stack-Rank aufgenommen werden und diente als Hebel für Motivation und Produktivität. So kann ein Projekt zwar nicht auf Kosten der wichtigsten Ziele als erstes gewählt werden, aber wenn alle anderen Bedingungen erfüllt sind, wird der Spaß zum tiebreaker.
Dies knüpft an neue Erkenntnisse zum Thema Mitarbeiterzufriedenheit und intrinsische Motivation an und ist beinahe eine Einladung, Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden zu verbinden.Binstack macht zudem klar, dass nicht jede Idee wert ist, verfolgt zu werden. Wenn nach strenger Materialitätsprüfung keine Idee übrig bleibt, ist das ein Signal: Es gibt derzeit keine ausreichenden Chancen oder Projekte, die wirklich einen herausragenden Einfluss haben. Die Konsequenz daraus ist nicht, trotzdem irgendetwas auszuwählen oder sich mit potentiell mittelmäßigen Ergebnissen zufriedenzugeben. Vielmehr sollte die Fokussierung darauf liegen, neue, bessere Ideen oder Lösungen zu entwickeln.
Ein temporärer Verzicht ist verständlich und sogar erwünscht, denn es ist besser, einen kurzen Zeitraum in Forschung und Entwicklung (oder Ideengenerierung) zu investieren, als dauerhaft Ressourcen auf unterdurchschnittliche Initiativen zu verwenden.Ein weiteres Merkmal der Methode ist, dass sie bewusst die Komplexität der Entscheidungsfindung reduziert, was für viele typische geschäftliche Herausforderungen ideal ist. Es geht nicht um die Lösung aller Probleme der Welt, sondern um die Übersetzung eines komplexen Feature-Sets, von Kandidaten oder Marketingchance in die Wirkungsmessung mit Klarheit und Nachvollziehbarkeit. Gerade bei strategischen Fragen, in denen nicht alle Variablen messbar oder erfassbar sind, schafft Binstack die nötige Struktur, um Handlungen abzuleiten.Die einfache Erklärungsmöglichkeit setzt sich in der Kommunikation mit Stakeholdern oder Interaktionspartnern fort.
Indem klar gemacht wird, welches das wichtigste Ziel ist und warum eine Option gewählt wurde, während andere die Kriterien nicht erfüllen, wird Vertrauen in die Entscheidung geschaffen. Dies ist insbesondere wichtig in Organisationen, die auf Zusammenarbeit und gemeinsame Ziele angewiesen sind. Der transparente Prozess verhindert Spekulationen über politische oder subjektive Motive und schafft eine gemeinsame Basis für die Ausrichtung und den zukünftigen Fokus.Auch die Weiterentwicklung der Prioritäten im Stack-Rank ist ein natürlicher Prozess, der die strategische Entwicklung eines Unternehmens oder Teams begleitet. In der Anfangsphase steht oft das Kundenwachstum im Vordergrund.
Später rücken dann möglicherweise Profitabilität oder Effizienz in den Mittelpunkt. Binstack ist in der Lage, diese Verschiebung flexibel abzubilden, ohne das Grundprinzip der klaren und einfachen Entscheidungsfindung zu gefährden. Für verschiedene Teams oder Bereiche können unterschiedliche Prioritätenlisten angelegt werden, was der jeweiligen Zielsetzung und Funktion Rechnung trägt.Schließlich ist Binstack auch eine wertvolle Erinnerung daran, dass Entscheidungen nicht endlos in Details zerlegt werden sollten. Die klare Setzung von Grenzen bei der Materialität verhindert endlose Debatten über marginale Unterschiede und sorgt für Fokussierung auf das Wesentliche.
Die Binstack-Methode fordert, den Mut zu haben, Ideen auszuschließen und Prioritäten abschließend zu setzen. Auch wenn das unbequem ist, verhindert es Zeitverschwendung und eröffnet die Chance, wirklich bedeutende Fortschritte zu erzielen.Zusammenfassend steht Binstack für einen pragmatischen, klaren und nachvollziehbaren Ansatz zur Bewältigung komplexer, mehrdimensionaler Auswahlprozesse. Die Kombination aus binärer Materialitätsbewertung, hierarchischer Priorisierung von Zielen und der Möglichkeit, subjektive Kriterien wie Spaß einzubeziehen, schafft einen Rahmen, der sowohl strukturell als auch menschlich stimmig ist. Diese Methode erleichtert es Führungskräften und Teams, Entscheidungen zu treffen, die wirklichen Mehrwert stiften, und diese Entscheidungen glaubwürdig und transparent zu kommunizieren.
Somit ist Binstack ein wirkungsvolles Werkzeug zur Optimierung von Entscheidungen in Produktentwicklung, Personalwahl, Marketing und vielen weiteren Bereichen, die von mehrdimensionalen Zielkonflikten geprägt sind.