Im Bereich der Datenbankabfragen spielt die Wahl eines geeigneten Ausführungsplans eine entscheidende Rolle für die Performance und Effizienz. Moderne Query-Planner verlassen sich dabei auf sogenannte Kostenmodelle, um aus einer Vielzahl möglicher Ausführungspläne denjenigen zu wählen, der den geringsten Aufwand verspricht. Doch was steckt eigentlich hinter diesen Kostenmodellen? Warum ist ihre Anwendung so komplex, und welche Herausforderungen ergeben sich daraus für Entwickler und Anwender von Datenbanksystemen? Im Folgenden wird ein tiefer Einblick in die Thematik gegeben, gestützt auf die Analyse von Justin Jaffray aus dem Jahr 2020, die wichtige Aspekte und praktische Beispiele verständlich darlegt. Kostenmodelle dienen dazu, den Ressourcenverbrauch unterschiedlicher Abfragepläne vorherzusagen. Ein Query-Planner erzeugt zunächst eine Menge möglicher Pläne für eine gegebene Datenbankabfrage.
Anschließend bewertet er diese Pläne im Hinblick auf ihre Kosten: Wie viel Zeit, Speicher, I/O oder Rechenleistung wird jedes Ausführungsverfahren vermutlich benötigen? Das Ziel ist es, den Plan auszuwählen, der diesen Kriterien am besten entspricht, sprich den minimalen Aufwand verursacht. Doch die Komplexität moderner analytischer Abfragen bringt erhebliche Herausforderungen mit sich. Die Zahl der alternativen Pläne wächst rapide an, und die korrekte Bewertung wird durch Faktoren wie Datenverteilung, Indexierung und Datengröße zusätzlich erschwert. Ein anschauliches Beispiel fasst diese Problematik zusammen: Eine einfache Query, die alle Datensätze aus einer Tabelle mit einer Bedingung filtert und anschließend nach einem zweiten Kriterium sortiert, kann unterschiedliche physische Ausführungsstrategien aufweisen. In diesem Fall existieren zwei mögliche Herangehensweisen: Die erste nutzt einen Index auf das erste Filterkriterium, um selektiv passende Zeilen zu finden und sortiert das Ergebnis danach.
Die zweite liest Daten über einen Index, der bereits die gewünschten Sortierinformationen enthält, filtert währenddessen aber ungeeignete Einträge heraus. Bei der Bewertung dieser Optionen spielen zwei zentrale Parameter eine Rolle: Die Selektivität und die Kardinalität. Unter Selektivität versteht man hier das Verhältnis der ausgegebenen Datenmenge zur Eingabemenge, je niedriger desto genauer der Filter. Die Kardinalität beschreibt die Gesamtanzahl der Zeilen in der Tabelle. Diese beiden Größen beeinflussen maßgeblich die geschätzten Kosten der Pläne, da etwa ein hoher Selektivitätswert bedeutet, dass ein signifikant großer Teil der Daten verarbeitet werden muss, was unter Umständen die Vorteile einer Indexsuche verringert.
Um die Kosten abzuschätzen, werden in diesem Modell einige Konstanten festgelegt, die die Aufwände unterschiedlicher Operationen gewichten: q1 steht für die Kosten zum Scannen einer einzelnen Zeile, q2 für die Kosten des Sortieraufwands mit log-linearer Komplexität, und q3 symbolisiert die Kosten, eine Zeile aus der Filteroperation auszugeben. Mit diesen Parametern kann dann für beide Strategien eine Kostenfunktion konstruiert werden. Die erste Strategie, Indexscan plus Sortierung, verursacht Kosten, die direkt vom Produkt aus Selektivität und Kardinalität sowie der Sortierkomponente abhängig sind. Die zweite, Indexscan mit Filterung, verursacht fix höhere Kosten wegen der Volltabellenscankomponente, allerdings mit geringeren weiteren Kosten je gefilterter Zeile. Interessant ist dabei die unterschiedliche Skalierung dieser Funktionen.
Die eine startet mit niedrigen Kosten, wächst danach jedoch schnell an, die andere hat anfangs hohe Kosten, wächst jedoch langsamer. Das führt zu einem Dilemma: Eine „risikoreiche“ Variante, die zwar bei sehr selektiven Abfragen effizient ist, aber bei steigender Selektivität stark an Kosten zulegt, oder eine „sichere“ Variante, die beständig moderate Kosten aufweist. Welcher Plan im Einzelfall besser ist, hängt stark von den tatsächlichen Datenwerten und den jeweiligen Einstellungen ab. Eine sinnvolle Visualisierung der Entscheidungsgrundlagen bietet das Konzept der sogenannten Plandiagramme, die eine zweidimensionale Farbdarstellung möglicher Planentscheidungen je nach Selektivität und Kardinalität bieten. In solch einem Diagramm wird jeder Punkt der Parameterkombination mit einer Farbe markiert, die den bevorzugten Plan symbolisiert.
Auch wenn dies eine stark vereinfachte Darstellung ist, ermöglicht sie eine intuitive Wahrnehmung der Komplexität der Entscheidung und hilft, Muster sowie ungewöhnliche Planwechsel sichtbar zu machen. Der Ursprung dieser visuelle Vorgehensweise lässt sich auf die Arbeit von Reddy und Haritsa zurückverfolgen. Diese Plandiagramme erlauben Datenbankexperten einen vogelperspektivischen Blick auf das Entscheidungsverhalten des Planers, wodurch komplexe Zusammenhänge greifbar werden. Insbesondere zeigen sie, wie häufig und sprunghaft ein Abfrageplan innerhalb eines kleinen Parameterbereichs wechseln kann, was impliziert, dass Kostenmodell und Planerverhalten nicht immer stabil oder konsistent sind. Im Praxisumfeld eines Datenbankmanagementsystems wie Postgres lassen sich diese Konzepte ebenfalls beobachten.
Die Nutzung des EXPLAIN-Kommandos liefert Einsicht in die vom Planner favorisierten Zugriffs- und Join-Strategien für komplexe Benchmarks wie TPC-H, der als Referenz für Entscheidungsunterstützungssysteme herangezogen wird. Durch künstliches Variation der Selektivitätsparameter einzelner Tabellen können dynamisch Plandiagramme erstellt werden, die die Tendenzen des Planners in realistischen Szenarien visualisieren. Solche Experimente zeigen oft ein überraschendes Bild: Die Planentscheidungen erscheinen mitunter chaotisch, komplex und für den Menschen kaum vorhersehbar. Selbst ein als ausgereift geltendes System wie Postgres zeigt oft Planräume, die von sprunghaften Übergängen und unstetigen Kostenfunktionen geprägt sind. Dies unterstreicht das immense Problem, das Entwickler und Anwender gleichermaßen beschäftigt: Der natürliche Drang, Systeme zu verstehen und vorherzusagen, kollidiert hier mit einer inhärent komplexen und dynamischen Realität.
Die Konsequenzen dieser Erkenntnis sind vielfältig. Zum einen machen sie klar, warum es kaum möglich ist, universelle und einfach verständliche Regeln für die Wahl des besten Plans zu formulieren. Zum anderen geben sie Hinweise darauf, wo potenzielle Optimierungsmöglichkeiten liegen könnten – nämlich in Bereichen mit häufigen Planwechseln, die auf Instabilitäten oder Schätzungsfehler hindeuten. Ein weiteres spannendes Thema ist die Frage der Kontinuität der Kostenfunktionen selbst. Idealerweise sollten sich geschätzte Kostenwerte bei kleinen Änderungen der Parameter nur geringfügig verändern, um das System robust gegenüber Schwankungen zu machen.
Untersuchungen in TPC-H-Szenarien haben allerdings gezeigt, dass die geschätzten Kosten oft unstetige Sprünge aufweisen, was durchaus problematisch sein kann, da es zu unerwarteten Planänderungen führt, ohne dass sich die Datenlage signifikant geändert hätte. Ein praktisches Spannungsfeld entsteht auch durch die Kundenperspektive. Anwender honorieren selten Leistungssteigerungen im einstelligen Prozentbereich, reagieren bei Verschlechterungen aber sofort kritisch. Diese asymmetrische Erwartung erzeugt eine große Vorsicht im Umgang mit Änderungen am Kostenmodell oder am Planer, führt aber auch dazu, dass es schwerfällt, Fortschritte schrittweise durchzusetzen. Es bleibt dennoch notwendig, den Planer regelmäßig weiterzuentwickeln, um optimale Performance bei wachsenden und sich ändernden Workloads zu gewährleisten.
Vor diesem Hintergrund hat sich bei einigen Systemen, von Oracle bis hin zu modernen verteilten Plattformen wie Spanner oder CockroachDB, die Praxis etabliert, Nutzern die Möglichkeit zu geben, das Planungsverhalten auf frühere Versionen zurückzusetzen. Dies mag zunächst wie ein Rückschritt wirken, ist aber eine pragmatische Antwort auf die hohe Komplexität und die Unwägbarkeiten, mit denen Kostenmodelle konfrontiert sind. Solche Mechanismen erlauben es, sensible Workloads zuverlässig zu schützen, während Entwickler weiter experimentieren und Verbesserungen integrieren können. Die Einsicht, dass Kostenmodelle im Wesentlichen Glaubenssätze und Schätzungen über die Realität darstellen, erklärt auch die Existenz von Fehlern und Widersprüchen in ihrer Anwendung. Während bestimmte Konfigurationen oder Eingaben gut abgebildet werden, kann dieselbe Modellkonstellation unter anderen Umständen versagen.
Daraus folgt ein grundsätzlicher Umgang mit Kostenmodellen als lebenden Systemen, die kontinuierlich angepasst, validiert und gelegentlich korrigiert werden müssen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Kostenmodelle im modernen Query-Planning essenziell, aber hochkomplex sind. Sie bilden die Grundlage für effiziente Abfrageausführung, erfordern jedoch ein tiefes Verständnis der zugrundeliegenden Daten, Operationen und des Nutzerverhaltens. Visualisierungen wie Plandiagramme bieten hilfreiche Werkzeuge, um diese Komplexität zu erfassen und einzuschätzen. Die Herausforderungen bei der Stabilität und Vorhersehbarkeit von Kostenfunktionen machen deutlich, warum Datenbankanbieter weiterhin sehr vorsichtig und pragmatisch mit Änderungen umgehen, um sowohl Innovation als auch Zuverlässigkeit gewährleisten zu können.
Der Weg zu einem vollkommen transparenten, fehlerfreien und verständlichen Kostenmodell scheint derzeit noch weit, doch die kontinuierliche Erforschung und Verbesserung dieses Gebiets bleibt ein zentraler Baustein für leistungsfähige Datenbanksysteme der Zukunft.