Die Veranstaltungsreihe des Jahres 2022 hat die Welt der Kryptowährungen tiefgreifend erschüttert. Insbesondere die plötzlichen Zusammenbrüche von bedeutenden Plattformen wie Celsius Network, Voyager Digital und dem einst hochgehandelten FTX haben Investoren alarmiert und das Vertrauen in den Markt erheblich erschüttert. Betroffen davon waren nicht nur Privatanleger, sondern vor allem institutionelle Investoren, die hohe Summen in digitale Assets angelegt hatten. Die Folgen zeigten sich in der Beschlagnahmungen von Kundenvermögen in ungeahnten Dimensionen und rückten die Risiken des Kryptohandels ins Rampenlicht. Rund 34 Milliarden US-Dollar an Kundenvermögen sind laut aktuellen Daten in den Bankrotten gefangen, was den Druck auf die Branche nochmals erhöht hat, transparenter und sicherer zu agieren.
In der Folge hat sich eine neue Erkenntnis bei Krypto-Investoren breitgemacht: Die Wichtigkeit eines durchdachten und sorgfältigen Risikomanagements kann nicht mehr ignoriert werden. Eine deutliche Trendwende in der Handhabung und Auswahl von Handelsplattformen ist erkennbar. Institutionelle Anleger bevorzugen inzwischen vermehrt Börsen, die einen verbesserten Schutz der Vermögenswerte bieten sowie die Möglichkeit, Assets über unabhängige Drittverwahrer zu lagern. Dies ist ein bedeutender Wandel, denn vor dem Kollaps wurden oftmals Vermögenswerte direkt auf Handelsplattformen gehalten, wodurch viele Investoren der Gefahr eines plötzlichen Zugriffsverlustes ausgeliefert waren. Zu den bevorzugten Verwahrstellen zählen inzwischen Unternehmen wie der britische Dienstleister Copper oder die US-amerikanische Plattform Fireblocks, die einen separaten und sicheren Umgang mit den digitalen Vermögenswerten gewährleisten.
Die Belastung der Handelsplattformen, die keine Drittverwahrung anbieten, ist für Investoren deutlich gesunken, wie der Digital Asset Portfolio Manager Samed Bouaynaya von Altana Wealth ausführte. Seine Fonds vermeidet es beispielsweise, Bestände über Nacht bei Börsen wie Binance zu belassen, da dort die Verwahrungsmöglichkeiten eingeschränkt sind. Dies verdeutlicht, dass Sicherheit an erster Stelle steht und nicht allein der schnelle Handel oder die hohen Volumina im Vordergrund stehen. Die Bedeutung dieser Risikoabsicherungen wird in einer Zeit besonders deutlich, in der Regulierungsbehörden verstärkt gegen Krypto-Unternehmen vorgehen. Die US-amerikanische Securities and Exchange Commission (SEC) hat im vergangenen Jahr gleich gegen mehrere prominente Plattformen wie Binance.
US und Coinbase Klagen eingereicht. Dabei werden Verletzungen regulatorischer Auflagen vorgeworfen, die sich unmittelbar auf die Geschäftsmodelle ausgewirkt haben und weitere staatliche Durchsetzungsmaßnahmen wahrscheinlich machen. Die Börsen selbst bestreiten diese Anschuldigungen vehement, doch die Unsicherheit treibt Investoren dazu, ihre Partner genauer unter die Lupe zu nehmen. Die Sorgfaltspflicht im Umgang mit Handelspartnern wird immer strenger. Die Krypto-Manager fordern von ihren Handelspartnern detaillierte Einblicke in deren operative Abläufe, ihre Cybersecurity-Maßnahmen, ihre Kreditrisiken sowie ihre Positionen gegenüber verschiedenen Kryptowährungen.
Dieses Due-Diligence-Verfahren ist heute intensiver und regelmäßiger als je zuvor. Jean-Marie Mognetti, CEO des europäischen Krypto-Asset-Managers CoinShares, beschreibt den Übergang von einem komplexen Bewertungssystem hin zu einer klaren strikten Einteilung, bei der es praktisch nur noch sichere (grüne) oder unsichere (rote) Partner gibt. Die Grauzone in der Mitte wird mittlerweile nicht mehr akzeptiert. Neben der Auswahl sicherer Handelsplattformen und effizienter Verwahrmechanismen achten Investoren auch verstärkt auf ihre Handelsstrategien. Insbesondere größere Transaktionen werden zunehmend in kleinere Stücke aufgeteilt, um das Risiko zu streuen und die Marktstabilität nicht zu gefährden.
Eine solche Vorgehensweise hilft, nicht nur das Exposure gegenüber einzelnen Plattformen zu verringern, sondern auch plötzlichen Schwankungen am Markt zu begegnen. Die Beobachtung offener Informationen, etwa über soziale Medien wie Twitter, spielt ebenfalls eine immer größere Rolle bei der Informationsbeschaffung über potenzielle Risiken und Probleme von Partnern im Ökosystem. Mit den steigenden Zinssätzen weltweit und der schwankenden Marktentwicklung hat die kryptografische Welt auch fundamentale Herausforderungen zu bewältigen. Der Marktwert aller Kryptowährungen hat sich von einem Rekordhoch von etwa drei Billionen US-Dollar 2021 auf rund 1,1 Billionen US-Dollar im Jahr 2023 reduziert. Diese Volatilität führt zu Liquiditätsengpässen bei mehreren Anbietern, die wiederum die Gefahr eines Dominoeffekts bei Bankrotten erhöhen.
Das Risiko, sich bei einem einzigen großen Akteur wie Binance zu konzentrieren, wird von vielen Experten als hoch eingeschätzt. Trotz der derzeitigen Regulierungsprobleme ist Binance nach wie vor die größte Handelsplattform weltweit, mit einem Anteil von rund 60 Prozent am Handelsvolumen. Eine solche Marktdominanz bringt jedoch auch eine erhebliche Abhängigkeitsgefahr mit sich, die von Marktteilnehmern nicht unterschätzt wird. Die Sorge vor einem erneuten, noch einschneidenderen „Krypto-Winter“ ist unter Branchenkennern präsent. Sollte es zu weiteren dramatischen Ausfällen bei großen Plattformen kommen, könnten die Auswirkungen auf das Vertrauen und die Investitionsbereitschaft verheerend sein.
Daher setzen viele Investoren auf eine noch strengere Kontrolle ihrer Handelsbeziehungen und auf eine intensive Überwachung aller potenziellen Risiken. Es zeigt sich, dass die Krypto-Branche trotz ihres reichen Innovationspotenzials und des enormen Wachstums immer noch in einem Risikoumfeld operiert, das das eines traditionellen Finanzsektors teilweise deutlich übersteigt. Die weiterhin unklare regulatorische Infrastruktur und die Geschichte diverser Skandale führen dazu, dass Sicherheitsbewusstsein und Vorsicht unverzichtbar sind. Vor allem institutionelle Anleger scheinen inzwischen zu verstehen, dass ein verantwortungsbewusstes Risikomanagement der Schlüssel für nachhaltigen Erfolg in einer volatilen Branche ist. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Jahr 2022 als Wendepunkt für die Kryptowährungsindustrie und ihre Anleger fungierte.