Die rasante Expansion des Online-Modehändlers Shein hat ihn zu einem der weltweit bekanntesten Anbieter von günstiger und trendiger Kleidung gemacht. Vor allem junge Menschen und modebewusste Kundschaft schätzen das umfangreiche Angebot und die schnelle Verfügbarkeit. Doch gerade in Europa wächst die Kritik an den Methoden, mit denen Shein den Online-Shop betreibt und Webseitenbesucher zum Kauf animiert. Verbraucherorganisationen aus mehreren europäischen Ländern werfen Shein vor, „Dark Patterns“ einzusetzen, um Nutzer zu irreführen und sie so dazu zu bringen, mehr persönliche Daten preiszugeben oder Produkte schneller zu kaufen, als sie es eigentlich vorhatten.Dark Patterns sind bewusst eingesetzte Design- und Gestaltungstechniken, die darauf abzielen, die Nutzerinteraktion gezielt zu beeinflussen – oft zum Nachteil der Verbraucher.
Ein klassisches Beispiel für solche Muster ist die absichtlich komplizierte Gestaltung von Cookie-Einstellungen, die Nutzer davon abhalten soll, Tracking und personalisierte Werbung abzulehnen. Auch versteckte Preiserhöhungen, vorgefüllte Kaufoptionen oder irreführende Hinweise, die eine Dringlichkeit suggerieren, gehören dazu. Solche Praktiken sind nicht nur nervig, sondern können auch den Datenschutz gefährden und führen zu einem unfairen Wettbewerb.Shein wird insbesondere dafür kritisiert, dass das Unternehmen im Rahmen seines Tracking-Systems die Zustimmung der Nutzer auf eine Weise einholt, die wenig transparent ist. Auf den deutschen und europäischen Webseiten von Shein erhält man oftmals nur schwer erkennbare oder schwer verständliche Optionen für die Wahl der Cookie-Präferenzen.
Die Voreinstellung ist häufig so gestaltet, dass die Zustimmung zur Nutzung sämtlicher Cookies und persönlicher Daten voreingestellt ist. Hierdurch wird es den Nutzern erschwert, diese Zustimmung abzulehnen – ein klassisches Merkmal von Dark Patterns.Die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) schreibt jedoch vor, dass eine informierte und freiwillige Zustimmung für die Verarbeitung personenbezogener Daten erforderlich ist. Verbrauchergruppen argumentieren, dass Shein nicht ausreichend transparent informiert und somit gegen die DSGVO verstößt. Die verbraucherseitige Lobbyarbeit zielt darauf ab, regulatorische Maßnahmen zu verstärken und Shein dazu zu bringen, seine Datenschutzpraktiken zu verbessern.
Neben dem Datenschutzbereich gibt es weitere Berührungspunkte mit den Dark Patterns. So berichten Kunden immer wieder von einem aggressiven Online-Marketing, das spezielle Rabatte und zeitlich begrenzte Aktionen suggeriert, die oftmals künstlich erzeugt sind. Plötzlich auftauchende Pop-ups, die zum schnellen Kauf animieren, oder unschöne Tricks wie das Konstruieren von Warenkorbknappheiten, um Druck auszuüben, sind gängige Methoden. Diese Techniken können unbewusste Kaufentscheidungen provozieren und die Nutzererfahrung nach Ansicht der Verbraucherverbände beeinträchtigen.Ein weiterer Kritikpunkt betrifft das Verstecken von relevanten Informationen.
Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Rückgaberichtlinien oder Datenschutzhinweise sind oftmals sehr lang und kompliziert formuliert und werden durch Design so präsentiert, dass sie kaum wahrgenommen werden. Das verhindert eine echte Auseinandersetzung mit den rechtlichen Rahmenbedingungen und mindert die informierte Entscheidung der Konsumentinnen und Konsumenten.Die Problematik von Dark Patterns ist nicht neu, gewinnt aber durch die Digitalisierung und die allgegenwärtige Präsenz von Online-Shops zunehmend an Bedeutung. Während Plattformen wie Shein auf kurzfristigen Umsatzschub durch solche Methoden setzen, fordern Experten eine nachhaltige Kundenorientierung, die Transparenz und Nutzerfreundlichkeit in den Vordergrund stellt. Das Vertrauen in eine Marke beruht schließlich auf Respekt gegenüber der Privatsphäre und der Entscheidungsfreiheit des Kunden.
Viele europäische Verbrauchergruppen und Datenschutzorganisationen schließen sich zusammen, um Forderungen an Gesetzgeber und Regulierungsbehörden zu formulieren. Sie wünschen sich strengere Kontrollen, klare Vorgaben für die Gestaltung von Webseiten und Apps und empfindliche Sanktionen bei Verstößen. Nur so kann ein fairer Wettbewerb sichergestellt werden und die Rechte der Verbraucher geschützt werden.Shein selbst hat auf die öffentliche Kritik bisher nur zurückhaltend reagiert und betont, dass man sich an alle rechtlichen Vorgaben halte und die Nutzerfreundlichkeit ständig verbessern wolle. Doch die anhaltenden Vorwürfe deuten darauf hin, dass dies aus Sicht vieler Europäer nicht ausreichend ist.
Die Verbraucher fordern konkrete Veränderungen und mehr Transparenz, insbesondere bei der Speicherung und Nutzung personenbezogener Daten.In Zeiten, in denen Datenschutzverletzungen und Online-Manipulationen vermehrt thematisiert werden, spielt das Thema Dark Patterns eine zentrale Rolle für die Zukunft des Online-Handels. Verbraucher erwarten nicht nur attraktive Preise und schnelle Lieferung, sondern auch eine faire und ethisch verantwortungsvolle Behandlung ihrer Daten. Unternehmen, die hierauf nicht eingehen, riskieren einen Imageverlust und langfristig auch wirtschaftlichen Schaden.Für Kundinnen und Kunden ist es daher ratsam, bei der Nutzung von Webseiten aufmerksam zu sein, Cookie-Einstellungen sorgfältig zu prüfen und sich bei Zweifeln an Transparenz und Fairness an Verbraucherorganisationen zu wenden.