Die Processor Technology Corporation zählt zu den wegweisenden Unternehmen der Computerindustrie in den 1970er Jahren. Gegründet im April 1975 von Gary Ingram und Bob Marsh in Berkeley, Kalifornien, setzte die Firma früh Maßstäbe für die Entwicklung und Vermarktung von Computerhardware in der Entstehungszeit der Heimcomputer. Ihr populärstes Produkt, der Sol-20, gehört zu den ersten Personal Computern, die direkt an einen Farbmonitor angeschlossen werden konnten – ein damals revolutionäres Konzept. Um die Bedeutung von Processor Technology Corporation und dem Sol-20 umfassend zu verstehen, bedarf es eines Blicks auf die technischen Innovationen, die Marktposition des Unternehmens und den historischen Kontext, in dem es agierte. Schon beim Start konzentrierte sich Processor Technology auf eine Verbesserung bestehender Lösungen.
Die erste Produktentwicklung war eine 4 Kilobyte RAM-Erweiterung, kompatibel mit dem MITS Altair 8800 – zu dieser Zeit einer der ersten verfügbaren Heimcomputer. Allerdings setzte Processor Technology auf Zuverlässigkeit, da ihre Speichererweiterung robuster war als das Original von MITS. Dieses frühe Engagement in der S-100 Bus-Architektur, einer damals weit verbreiteten Schnittstelle für Mikrocomputer, legte den Grundstein für den späteren Erfolg mit eigenen Hardwarekomponenten. Der Sol-20 selbst war eine technische Revolution. Während viele Computer und Heimcomputer der Zeit eine Eingabe entweder über einfache Kippschalter oder über eine serielle Terminalverbindung ermöglichten, vereinte der Sol-20 Steuerung und Darstellung in einem kompakten Gehäuse.
Ausgestattet mit einem Intel 8080 Mikroprozessor, der mit 2 Megahertz arbeitete, bot der Computer eine integrierte Videoanzeige, die an Farbmonitoren mit Composite-Video-Anschluss betrieben werden konnte. Dies bedeutete für Nutzer einen enormen Fortschritt bei der Bedienbarkeit und Benutzerfreundlichkeit. Das Design des Sol-20 war sowohl funktional als auch ästhetisch ansprechend. Der Hauptleiterplatte war im Gehäuseboden montiert und beherbergte den Prozessor, den Speicher sowie Video- und Ein-/Ausgabeschaltungen. Neben der Hauptplatine befand sich ein S-100 Erweiterungsschacht mit fünf Steckplätzen, der den Nutzern flexible Erweiterungsmöglichkeiten bot – ein wichtiger Aspekt, da damals jeder Nutzer oft eigene Vorstellungen von zusätzlicher Hardware wie Speichermodulen oder Peripheriegeräten hatte.
Zu den besonderen Merkmalen zählte auch der nach innen integrierte Netzteil, Lüfter und eine vollständig angeschlossene Tastatur. Optisch stach das Gerät durch seine blaue Farbe hervor, welche bewusst an das Design des damaligen Marktführers IBM angelehnt war, unterstrichen von Seitenteilen aus massivem, geöltem Nussbaumholz, das sie günstig von einem Hersteller von Gewehrkolben bezogen hatten. Die Popularität des Sol-20 wurde durch die Veröffentlichung im Juli 1976 in der Zeitschrift Popular Electronics erheblich gesteigert. Die Redaktion hatte Bob Marsh und Lee Felsenstein beauftragt, ein intelligentes Computerterminal zu entwickeln, das gleichzeitig als vollwertiger Heimcomputer fungiert. Die große Aufmerksamkeit durch diese Titelseite verschaffte der Processor Technology Corporation eine bedeutende Marktposition.
Bereits im Dezember 1976 gingen die ersten Geräte an die Kunden. Insgesamt produzierte Processor Technology von 1977 bis 1979 etwa 10.000 Sol-20 Computer, die entweder als komplett montierte Geräte oder als elektronische Bausätze erhältlich waren. Neben der Hardware ergänzte das Unternehmen das Angebot durch Software auf Kompaktkassetten. Interessant ist, dass die Software sowohl im sogenannten CUTS-Format als auch im in der Branche anerkannten Kansas City Standard gespeichert war, was Kompatibilität und Datenaustausch erleichterte.
Die Softwareentwicklung und Dokumentation wurde maßgeblich von Gary Ingram, Steven Dompier und Lee Felsenstein gestaltet, letzterer als externer Autor der Benutzerhandbücher. Lee Felsenstein spielte nicht nur bei der Entwicklung des Sol-20 eine Schlüsselrolle, sondern war auch an der Entstehung des Kansas City Standards beteiligt. Diese Norm war die erste ihrer Art, um einen herstellerübergreifenden Datenübertragungsstandard für Mikrocomputer zu schaffen – ein bedeutender Schritt hin zu kompatibler Computerperipherie und Software. Processor Technology bot zudem weitere innovative Produkte an, etwa die Video Display Module 1 (VDM-1), eine Videokarte für S-100 Rechner, die eine hohe Leistung und einfache Handhabung durch eine composite Videoausgabe ermöglichte. Die VDM-1 unterstützte bis zu sechzehn Zeilen mit jeweils 64 Zeichen und bot Hardware-Scrollfunktionen, was sie besonders attraktiv für Insidern anderer Systeme wie dem IMSAI 8080 machte.
Neben Video-Hardware entwickelte das Unternehmen auch den CUTS Tape I/O Interface S-100 Controller. Dieses Modul erlaubte das Speichern und Laden von Daten auf gewöhnlichen Kassettenrekordern nach dem Kansas City Standard sowie im firmeneigenen CUTS Format. Die Kassettenspeicherung stellte in den 1970er Jahren eine weit verbreitete Methode zur kostengünstigen Datensicherung dar, lange bevor erschwingliche Diskettenlaufwerke verbreitet waren. Die außergewöhnliche Kombination aus Hardwaredesign, Benutzerfreundlichkeit und Softwareangebot führte zu einem frühen Erfolg, doch die Processor Technology Corporation schaffte es nicht, ihre Marktposition nachhaltig zu sichern. Das Unternehmen entwickelte keine Folgeprodukte, die den Sol-20 in Leistung oder Funktionalität bedeutend übertrafen.
In einer Zeit, in der die Computerindustrie rasant wuchs und sich wegen der zunehmenden Konkurrenz weiterentwickelte, blieb Processor Technology hinter größeren Firmen zurück. Am 14. Mai 1979 stellte die Firma den Geschäftsbetrieb ein. Rückblickend bleibt der Sol-20 vor allem als ein historisch wichtiger Computer in Erinnerung, der wegweisend für die Integration von Videoausgabe und Heimcomputerdesign war. Sein Einsatz des S-100 Busses setzte zudem Standards, die anderen Systemen zu Gute kamen.
Darüber hinaus zeigt die Geschichte von Processor Technology, wie schnell sich die Computerbranche Ende der 1970er Jahre entwickelte – Innovation alleine reichte nicht aus, um am Markt langfristig zu bestehen; es bedurfte auch strategischer Weiterentwicklung und Marktanpassung. Im Kontext der Retro-Computer-Bewegung erfreut sich der Sol-20 nach wie vor großem Interesse. Für viele Sammler, Technikliebhaber und Historiker symbolisiert er die Anfänge der PC-Ära und den Enthusiasmus, mit dem Computerpioniere in Kalifornien und andernorts die Zukunft vorantrieben. Die Verfügbarkeit von Bausätzen und quelloffenen Softwarelösungen stellt für heutige Interessenten eine Möglichkeit dar, die Technologien jener Zeit zu verstehen und zu erleben. Die Geschichte von Processor Technology Corporation und dem Sol-20 ist somit nicht nur ein Kapitel der Computerhistorie, sondern auch eine Erinnerung an Unternehmergeist, technische Kreativität und den Kampf um Innovation im Zeitalter der Mikroprozessoren.
Das Unternehmen hinterließ wichtige Impulse – in technischer Hinsicht ebenso wie bei der Förderung des Heimcomputermarktes. Obwohl die Firma heute nicht mehr existiert, lebt ihr Erbe in der Welt der Retrocomputer und im kollektiven Gedächtnis aller Computerenthusiasten weiter.