Das Konzept des Goldenen Kreises wurde durch Simon Sinek bekannt und hat die Art und Weise, wie Führungskräfte und Unternehmen über ihre Mission und Vision nachdenken, maßgeblich beeinflusst. Kernidee ist es, mit dem Warum zu beginnen – also dem tieferen Zweck, dem Antrieb und der Motivation eines Unternehmens oder einer Führungspersönlichkeit. Das Modell fordert dazu auf, erst die Frage nach dem Sinn zu stellen, bevor man sich mit dem Wie beschäftigt und schließlich mit dem Was. Für viele Organisationen und Führungskräfte ist dies eine wichtige Grundlage, um ihre Werte zu definieren, authentisch zu kommunizieren und langfristig erfolgreich zu sein. Doch jenseits dieses bekannten Ansatzes verbirgt sich ein weniger beachteter, aber ebenso relevanter Blickwinkel: Das (andere) Goldene Kreis-Modell.
Während Simon Sineks Version des Goldenen Kreises eine inspirierende Matrix zur Motivation und Orientierung ist, beschreibt das andere Goldene Kreis-Modell eine eng vernetzte Gruppe innerhalb eines Unternehmens, die ihre Macht positionieren, schützen und häufig jede Kritik gegenüber dem Führenden abwehren. Dabei handelt es sich um eine elitäre, handverlesene Gruppe von Unterstützern, die sich als Bewahrer der Führung verstehen. Diese Gruppe operiert oft im Verborgenen und kann eine praktisch unantastbare Stellung einnehmen, die den innerbetrieblichen Wettbewerb, die Innovationskraft und letztlich auch die Unternehmenskultur beeinträchtigt. In diesem Text wollen wir die Dynamiken und Konsequenzen dieses (anderen) Goldenen Kreises beleuchten, warum er für Unternehmen gefährlich werden kann und welche Wege es gibt, damit umzugehen, um eine transparente, gesunde und leistungsstarke Arbeitsumgebung zu schaffen. Grundlagen des klassischen Goldenen Kreises Das klassische Modell fokussiert sich auf drei Ebenen: Warum, Wie und Was.
Warum steht für den Zweck und die innere Überzeugung, Wie beschreibt die Vorgehensweise oder die Prozessgestaltung, und Was definiert die Produkte oder Dienstleistungen. Indem Unternehmen bei der Definition ihrer Identität mit dem Warum anfangen, schaffen sie Vertrauen und zeigen Authentizität. Dies hilft dabei, Mitarbeiter – aber auch Kunden – emotional einzubinden und eine gemeinsame Mission zu leben. Viele erfolgreiche Unternehmen haben dieses Prinzip angewandt, um sich klar zu positionieren, ihre Marke zu stärken und dadurch wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen. Für Führungskräfte ist es eine Orientierungshilfe, wie sie ihre Teams motivieren können – wenn sie selbst eine klare Überzeugung vertreten und vermitteln.
Führung wird so zu einer Aufgabe, die über bloße Anweisungen hinausgeht: Es geht um Inspiration, um das Erkennen eines Sinns, der größer ist als die täglichen Aufgaben. Das andere Goldene Kreis-Modell – eine dunkle Seite der Führung Trotz der positiven Aspekte des klassischen Goldenen Kreises gibt es oft subtile und verheerende Gegenbewegungen innerhalb von Organisationen. Das andere Goldene Kreis-Modell beschreibt eine kleine, enge Gruppe innerhalb der Organisation, die aufgrund ihrer Nähe zur Führungsperson eine besonders privilegierte Stellung innehat. Diese Gruppe agiert als Machtzentrum, das nicht nur die Interessen des Chefs schützt, sondern gegebenenfalls auch gegen kritische Stimmen abschirmt. Dieses Phänomen ist häufig deshalb so schädlich, weil es die Dynamik der Organisation verzerrt.
Nicht Leistung, Transparenz und konstruktiver Austausch stehen im Vordergrund, sondern Loyalität gegenüber der Führungsperson und deren Status. Kritik und offene Diskussionen werden unterdrückt, um das Bild einer einheitlichen und starken Führung aufrechtzuerhalten. Dabei können Probleme, Fehlentwicklungen und Risiken nicht frühzeitig identifiziert werden, was negative Folgen für das gesamte Unternehmen nach sich zieht. Solche Strukturen führen oft zu einer Kultur der Angst und des Misstrauens. Mitarbeitende außerhalb des Goldenen Kreises fühlen sich ausgeschlossen und demotiviert, was zu Fluktuation, geringerer Innovationskraft und manchmal sogar zu rechtlichen Konflikten führen kann.
Außerdem sind solche Machtnetzwerke anfällig für Vetternwirtschaft, Intransparenz und Fehlentscheidungen, da sie sich weniger an objektiven Kriterien als an persönlichen Loyalitäten orientieren. Auswirkungen auf Unternehmen und Teams Die Existenz eines engen Unterstützerkreises, der Führung um jeden Preis schützt, beeinflusst die gesamte Organisationskultur. Eine offene Feedback-Kultur wird erschwert, wenn Kritik unmittelbar als Angriff auf die Führung bzw. deren Vertrauenspersonen interpretiert wird. Dies bedeutet oft, dass Probleme vertuscht werden oder sich Mitarbeiter mit ihren Sorgen isoliert fühlen.
In wirtschaftlicher Hinsicht kann dies zu falschen Entscheidungen führen, weil notwendige Informationen nicht unzensiert an die Entscheidungsfindung gelangen. Innovationen bleiben auf der Strecke, weil neue Ideen nicht frei ausgesprochen oder bewertet werden können. Zudem kann das Unternehmen nach außen in einen schlechten Ruf geraten, wenn Insiderwissen über diese innere Dynamik bekannt wird. Für Führungskräfte selbst ist es häufig schwierig, diese negative Dynamik zu erkennen. Gerade wenn sie sich auf den Rückhalt des anderen Goldenen Kreises verlassen, steigt die Gefahr einer sogenannten „Blase“, in der nur noch Informationen und Meinungen aus einer bestimmten Perspektive wahrgenommen werden.
Kritische Selbstreflexion und Wachstum werden so stark behindert. Wie lässt sich das (andere) Goldene Kreis-Modell durchbrechen? Der erste Schritt für Unternehmen, die diesem destruktiven Muster entgegenwirken wollen, besteht darin, Transparenz zu schaffen. Führungskräfte müssen sich selbst und ihr Umfeld kontinuierlich hinterfragen und offen für kritische Stimmen sein. Es ist wichtig, eine Kultur zu fördern, in der Mitarbeiter unabhängig von ihrer Position ihre Meinung frei äußern können, ohne Repressalien oder soziale Ausgrenzung befürchten zu müssen. Klar definierte Strukturen und Prozesse unterstützen eine faire Bewertung von Leistung und Verhalten.
Das bedeutet auch, Entscheidungswege nachvollziehbar zu gestalten und persönliche Befindlichkeiten zurückzustellen. Eine Führungskraft, die sich nicht ausschließlich auf einen engen Unterstützerkreis verlässt, sondern auch vielfältige Perspektiven einholt, trifft fundiertere Entscheidungen. Moderierte Feedbackrunden, anonyme Umfragen und regelmäßige Mitarbeitergespräche tragen dazu bei, Grenzen des traditionellen Machtgefüges zu überwinden. Externe Moderatoren und Coaches können einen zusätzlichen, neutralen Blick auf die Organisation liefern und helfen, blinde Flecken zu erkennen. Darüber hinaus können Unternehmen in ihre Leadership-Entwicklung investieren.
Trainings und Coachings, welche die Bedeutung von emotionaler Intelligenz, Empathie, und Selbstreflexion hervorheben, sorgen dafür, dass Führungskräfte nicht in Versuchung geraten, sich in einen kleinen Fürstenhof zurückzuziehen. Das Ziel ist letztlich ein kultureller Wandel hin zu mehr Offenheit, Vertrauen und Zusammenarbeit. Ein solcher Wandel ist zwar anspruchsvoll und zeitintensiv, aber er zahlt sich langfristig aus – durch bessere Mitarbeiterzufriedenheit, innovativere Lösungen und nachhaltige Unternehmenserfolge. Fazit Das klassische Goldene Kreis-Modell von Simon Sinek bietet einen beeindruckenden Rahmen, um den Sinn und Zweck von Führung und Organisation zu kommunizieren und zu leben. Gleichzeitig mahnt die Betrachtung des anderen Goldenen Kreises zur Vorsicht: Die Bildung von engen, exklusiven Machtcliquen schadet Organisationen und behindert ihre Entwicklung.
Unternehmen und Führungskräfte, die sich der Dynamik des anderen Goldenen Kreises bewusst sind, haben die Chance, bessere Rahmenbedingungen für Zusammenarbeit und Erfolg zu schaffen. Indem sie Transparenz fördern, Kritik zulassen und vielfältige Perspektiven einholen, stellen sie sicher, dass der Goldene Kreis nicht zum Gefängnis wird, sondern wirklich zur Quelle von Motivation und Wachstum. Die bewusste Auseinandersetzung mit beiden Seiten des Goldenen Kreises ist daher nicht nur hilfreich, sondern essenziell für zeitgemäße, verantwortungsvolle Führung und nachhaltigen Unternehmenserfolg.