In den letzten Jahren hat sich Tesla nicht nur als Vorreiter im Bereich der Elektromobilität profiliert, sondern ist auch immer wieder in der Kritik wegen kontroverser Arbeitspraktiken und der politischen Einflussnahme seines Eigentümers, Elon Musk, geraten. Nun fordert die kanadische Gewerkschaft Canadian Association of Professional Employees (CAPE), die mehr als 27.000 Bundesangestellte vertritt, die öffentlichen Pensionsfonds Kanadas dazu auf, ihre Tesla-Beteiligungen zu veräußern. Dieser Schritt ist weit mehr als eine finanzielle Entscheidung – er ist Ausdruck einer internationalen Solidaritätsbewegung unter Arbeitnehmern und Gewerkschaften, die sich gegen die Ausbeutung und systematische Schwächung von Arbeiterrechten wenden.Die Hintergründe dieser Forderung sind eng mit den politischen Aktivitäten und Unternehmenspraktiken von Elon Musk verbunden.
Musk agiert seit einiger Zeit in einer selbsternannten Rolle der sogenannten Department of Government Efficiency (DOGE), einer Parallelstruktur innerhalb der US-amerikanischen Regierung, die erhebliche Einsparungen durch das Ablösen von Arbeitnehmern öffentlicher Institutionen erzwingen soll. Dabei sind öffentliche Dienstleistungen essenzieller Natur betroffen, wie etwa in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Energie, Veteranenangelegenheiten sowie im Nationalparkdienst und bei der Verbraucherzentrale. Diese Maßnahme hat zu zahlreichen Kündigungen, vorzeitigen Pensionierungen und anderem Druck auf die öffentliche Belegschaft geführt, was in Kanada wie auch international große Besorgnis auslöst.Nathan Prier, Präsident von CAPE, hebt hervor, dass die kanadischen Pensionsfonds durch das Halten von Tesla-Aktien indirekt dazu beitragen, die Vermögensbasis von Musk zu stärken – und damit auch seine politischen Vorhaben, die häufig gegen die Interessen der Arbeiter gerichtet sind. Mit einem Tesla-Anteil von über 690.
000 Aktien im Wert von mehr als 278 Millionen US-Dollar zum Stand Ende 2024 ist die kanadische Beteiligung zwar nur ein kleiner Teil des gesamten Portfolios des Canada Public Sector Pension Investment Board (CPSIB), hat jedoch erhebliche symbolische Bedeutung. Prier sieht im Tesla-Investment eine toxische Anlage, die nicht nur finanziellen Risiken ausgesetzt ist, sondern auch ethisch nicht vertretbar sei. Die Entkopplung der Tesla-Aktien von den öffentlichen Rentenfonds würde ein deutliches Zeichen der Solidarität mit amerikanischen Arbeitnehmern setzen und den Einfluss von Musk einschränken.Diese Forderung ist Teil eines weltweiten Trends. Zahlreiche europäische Pensionsfonds und Gewerkschaften haben bereits begonnen, ihre Tesla-Bestände zu reduzieren oder ganz zu verkaufen.
So hat etwa das niederländische Pensionsfonds Stichting Pensioenfonds ABP aufgrund von Bedenken hinsichtlich der Unternehmensführung und Musk's exorbitanten Vergütungen einen erheblichen Anteil von Tesla-Aktien veräußert. Auch in Schweden haben die Pensionsfonds KPA Pension und Folksam ihre Tesla-Beteiligungen verkauft und begründen dies mit dem schlechten Umgang Teslas mit Gewerkschaften und Arbeitnehmerrechten. Die nordischen Gewerkschaften unterstützen aktiv einen Boykott gegen Tesla-Produkte, solange das Unternehmen sich weigert, die Vertretung von Tesla-Mechanikern zu akzeptieren und tarifliche Vereinbarungen einzugehen.In Dänemark hat der AkademikerPension-Fonds seine kleinen Tesla-Bestände ebenfalls verkauft und verweist explizit auf Musk's politische Aktionen und die missachteten Arbeitnehmerrechte. Norwegens größter Pensionsfonds KLP hat angekündigt, Tesla aus seinem Portfolio zu streichen und arbeitet mit anderen europäischen Fonds und Gewerkschaften daran, Druck auf das Unternehmen auszuüben, um die Einhaltung des nordischen Arbeitsmodells sicherzustellen.
Auch in Großbritannien hat die Brunel Pension Partnership den Verkauf von Tesla-Aktien beschlossen, motiviert durch negative Auswirkungen der politischen Aktivitäten des Tesla-Chefs auf den Aktienwert und das Markenimage.Neben den sozialen und politischen Gründen gibt es auch handfeste wirtschaftliche Risiken. Während die Tesla-Aktien zwischen 2020 und 2024 massiv gestiegen sind – von unter 30 auf über 430 US-Dollar pro Aktie – sind diese im Jahr 2025 wieder um knapp 34 Prozent gefallen. Der Umsatzrückgang und die fallenden Verkaufszahlen, insbesondere in wichtigen Märkten, spiegeln die Herausforderungen wider, mit denen das Unternehmen aktuell konfrontiert ist. Diese Entwicklung wird zum Teil direkt auf das umstrittene Verhalten von Elon Musk zurückgeführt, der durch seine öffentliche Kritik an Gewerkschaften, seine konfliktgeladenen politischen Positionen und diverse Skandale das Vertrauen vieler Anleger erschüttert hat.
Auch in den USA wird der Druck auf Pensionsfonds größer, Tesla zu meiden. Insbesondere der New Yorker Rechnungshof prüft rechtliche Schritte gegen Tesla, um mögliche Schäden für die städtischen Pensionsfonds aufgrund falscher Angaben von Musk zu adressieren. Gewerkschaften, wie die American Federation of Teachers, unterstützen diese Initiativen und drängen auf eine strategische Umorientierung der Anlagen. Die kalifornische CalPERS, der größte Pensionsfonds der Vereinigten Staaten, sieht sich zudem massiven Forderungen von Organisationen wie dem National Institute for Workers’ Rights und LatinoJustice gegenüber, den Tesla-Anteil wegen rassistischer Diskriminierungsvorwürfe und Klimaschutzversäumnissen zu verkaufen.Die Argumentation von CAPE ist tief in der Geschichte internationaler Gewerkschaftsbewegungen verwurzelt, die schon in der Vergangenheit durch divestment-Kampagnen gegen Regime wie das Apartheidsystem in Südafrika auf gesellschaftliche Umbrüche gedrängt haben.
Die Größe der Pensionsfonds bedeutet, dass ihre Investitionsentscheidungen nicht nur finanzielle Auswirkungen haben, sondern auch ein wichtiges Instrument für soziale Veränderung sind. Die kanadische Gewerkschaft sieht sich als Teil dieser Tradition und hofft, dass ihr Aufruf weitere Pensionsfonds im Land inspiriert, ethische Kriterien bei ihren Investitionen konsequenter zu verfolgen.Die Diskussion um Tesla und die Forderungen nach Divestment sind ein Spiegelbild größerer gesellschaftlicher Debatten über den Einfluss großer Technologie- und Industrieunternehmen auf Politik, Arbeitsrechte und Umwelt. Immer häufiger stehen die Verantwortung von Führungskräften, die Transparenz von Unternehmensstrukturen sowie die Nachhaltigkeit von Investments im Mittelpunkt. Während Tesla für viele lange als Hoffnungsträger einer umweltfreundlichen Mobilitätswende galt, ist die Fassade zunehmend brüchig geworden.
Die enge Verknüpfung zwischen Unternehmenswerten, den Prinzipien der sozialen Gerechtigkeit und einer nachhaltigen Wirtschaft macht solche Kampagnen zu einem Eckpfeiler moderner Gewerkschaftsarbeit.Die Herausforderungen für die kanadische Bundesregierung und insbesondere für das Ministerium für Finanzen liegen auf der Hand: Wie kann ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Renditeerwartungen, ethischer Verantwortung und sozialem Engagement hergestellt werden? Die öffentliche Debatte, verstärkt durch CAPE, legt nahe, dass die Fortsetzung von Investitionen in Unternehmen mit fragwürdigen Arbeitnehmerpraktiken und politischen Eingriffen nicht ohne Konsequenzen bleiben kann. Zudem macht der Fall Tesla deutlich, wie internationale politische Entwicklungen und lokale soziale Forderungen zusammenspielen und die Gestaltung öffentlicher Pensionsfonds beeinflussen.Zukunftsweisend ist auch der Blick auf potenzielle politische Veränderungen in Kanada selbst. CAPE warnt vor möglichen „DOGE-ähnlichen“ Angriffen auf den öffentlichen Dienst in Kanada, sollte eine Regierung unter Premierminister Mark Carney oder Oppositionsführer Pierre Poilievre den Kurs in Richtung Deregulierung und Kürzungen ändern.