Im Dezember ereigneten sich bei einer Testanlage von Amazon zwei auffällige Vorfälle, bei denen zwei Drohnen innerhalb weniger Minuten nacheinander abstürzten. Diese Ereignisse erhielten überregionale Aufmerksamkeit und werfen ein Licht auf die anspruchsvollen technischen Hürden, denen sich selbst ein innovativer Technologieriese wie Amazon bei der Umsetzung seiner visionären Paketlieferung per Drohne gegenüber sieht. Die Vorfälle zeigten beispielhaft, wie vielfältig und komplex die Herausforderungen bei der Entwicklung und dem Betrieb autonomer Lieferdrohnen sind, und geben zugleich Hinweise darauf, wie die Branche in Zukunft mit diesen Problemen umgehen muss, um das große Versprechen der Drohnenwirtschaft realisieren zu können. Amazon, das einen der prominentesten Drohnenlieferdienste betreibt, testet seine Fluggeräte bei genehmigten Flugzonen, unter anderem im US-Bundesstaat Oregon, bevor die kommerzielle Ausweitung in weitere Regionen erfolgen soll. Insgesamt stehen die im Testflug erprobten Geräte für eine technologische Evolution, die von verspielten Drohnen mit relativ geringer Traglast bis hin zu hochentwickelten Flugzeugen reicht, die autonom und über größere Distanzen Waren ausliefern können.
Beim schweren Unfall in der Testanlage kam es nach offiziellen Angaben zu einem plötzlichen Stromausfall der Propeller, was zum Absturz der Fluggeräte führte. Die Drohnen befanden sich zu diesem Zeitpunkt in einer Flughöhe von etwa 66 Metern beziehungsweise 56 Metern. Die unmittelbare Ursache für den Ausfall lag in fehlerhaften Messwerten der Lidar-Sensoren. Lidar, eine auf Laserstrahlen basierende Abstandsmessungstechnologie, ist ein zentraler Baustein für die präzise Navigation autonom fliegender Drohnen. In den betroffenen Testflügen erhielten die Sensoren aufgrund der vorherrschenden leichten Regenfälle falsche Signale, die die Software der Drohnen interpretierte, als wären sie bereits gelandet.
Daraufhin wurde das Signal zum Abschalten der Rotoren aktiviert, was unweigerlich zum Absturz führte. Ein besonders kritischer Punkt dieser Ereignisse war die Tatsache, dass die Lidar-Sensoren nach einem kürzlich durchgeführten Software-Update anfälliger für solche Fehlinterpretationen geworden waren. Dieses Update hatte unbeabsichtigt die Anfälligkeit der Sensoren gegenüber Witterungseinflüssen wie Regen erhöht. Solche wetterbedingten Sensorprobleme sind in der Welt autonomer Systeme bekannt, doch die spezifische Kombination aus Softwareänderung und Umweltbedingungen führte hier zu einem unerwarteten und gefährlichen Versagen. Hinzu kam, dass Amazon bei den jüngeren Drohnenmodellen einige redundante Sensoren entfernt hatte, die noch in früheren Versionen vorhanden waren.
Diese zweite Messquelle hätte in der Theorie als Backup dienen können, um Fehlinterpretationen zu vermeiden. Zwar betonte ein Unternehmenssprecher, dass die Funktion dieser entfernten Sensoren in anderer Form repliziert wurde, dennoch werfen diese Anpassungen Fragen hinsichtlich der Balance zwischen Kosteneffizienz, Gewichtseinsparungen und Sicherheit auf. Die Technik hinter den Amazon-Drohnen hat sich in den letzten Jahren erheblich weiterentwickelt. Beginnend mit einfacheren Designs, die noch erheblich von den Flugeigenschaften eines Hobbymodells beeinflusst waren und nicht besonders widerstandsfähig gegenüber Windböen waren, wurde eine solide Konstruktion entwickelt, die es erlaubt, Lasten von bis zu etwa 2,5 Kilogramm sicher zu transportieren. Das aktuelle Modell, der MK30, kann autonom mit einer Geschwindigkeit von bis zu 108 km/h fliegen und Pakete über eine Distanz von bis zu 12 Kilometern ausliefern.
Die Fluggeräte starten vertikal und wechseln dann in einen Gleitflugmodus ähnlich einem Flugzeug, was Effizienzgewinn und eine bessere Reichweite ermöglicht. Die Drohnen sollen vollständig autonom starten, fliegen und landen, was den Einsatz in der kommerziellen Zustellung revolutionieren kann, aber aufgrund der Komplexität und den entstehenden Sicherheitsanforderungen zahlreiche Herausforderungen mit sich bringt. Die Abstürze aus dem Dezember sind nicht die ersten im Verlauf von Amazons Drohnenexperimenten. 2021 kam es an derselben Testanlage sogar zu einem Vorfall mit einem Brand durch eine Drohne, der erhebliche Aufmerksamkeit erregte. Diese Zwischenfälle zeigen, dass trotz jahrzehntelanger Erfahrung in der Entwicklung von UAVs (unbemannten Luftfahrzeugen) und nach langwierigen Testphasen immer noch gravierende Risiken und technische Probleme auftreten können.
Die Herausforderungen bei der Entwicklungsarbeit sind vielfach technischer Natur und beziehen sich auf Umweltfaktoren, Sensorik, Softwarestabilität sowie die Integration aller Teilsysteme. Lidar-Sensoren weisen bei Regen, Nebel und anderen Witterungseinflüssen eine geringere Zuverlässigkeit auf, was die Frage nach redundanter Sensorik und ergänzenden Technologien wie Radar oder optische Kamerasysteme aufwirft. Darüber hinaus müssen Softwareupdates sehr gründlich geprüft werden, da unvorhergesehene Wechselwirkungen zwischen Programmänderungen und realen Umweltbedingungen schwerwiegende Folgen haben können. Auch die operative Seite stellt Anforderungen: Flugverkehrskontrolle, Regulierung durch Behörden wie die FAA, die Sicherstellung von Datenschutz und Sicherheit im urbanen Luftraum sind weitere Aspekte, die den Fortschritt verlangsamen oder komplizieren. Die Zustimmung der US-Luftfahrtbehörde zum Betrieb der Drohnen außerhalb der Sichtweite des Bedieners ist ein Meilenstein, gleichzeitig ein Zeichen für das hohe regulatorische Niveau und die notwendige Sicherheitsbereitschaft.
Die derzeitige Ausweitung der kommerziellen Nutzung ist auf bestimmte Regionen in den USA beschränkt, beispielsweise College Station in Texas oder Großraum Phoenix in Arizona. Weitere Regionen wie Kansas City, Dallas, San Antonio sowie auch internationale Märkte in Großbritannien und Italien sollen folgen, sobald die Systeme ausreichend ausgetestet und optimiert sind. Neben den technischen Schwierigkeiten geht es auch darum, die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen. Viele Menschen sind besorgt, wenn Drohnen über bewohnte Gebiete fliegen, vor allem wenn das Risiko eines Absturzes nicht vollständig ausgeschlossen ist. Die Ereignisse vom Dezember stellen daher nicht nur eine technische Herausforderung dar, sondern auch eine kommunikative, um Vertrauen in die Sicherheit der Technologie zu schaffen.
Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt ist die Kosten-Nutzen-Bilanz. Die Entwicklung von sicheren und leistungsfähigen Drohnen erfordert hohe Investitionen, die sich erst durch großflächige und zuverlässige Anwendungen rentieren. Gleichzeitig versuchen Unternehmen wie Amazon, durch die Reduktion von redundanten Komponenten und die Vereinfachung von Systemen Gewicht, Kosten und Komplexität zu reduzieren. Solche Kompromisse können jedoch zu erhöhten Risiken führen, wie die Vorfälle zeigen. In technischer Hinsicht wäre eine bessere Sensorredundanz durch den Einsatz mehrerer verschiedener Technologien wie Lidar, Radar, Ultraschall-Sensoren, sowie der Einsatz von physischen Landekontakten sinnvoll, um Fehlfunktionen bei einzelnen Sensoren auszugleichen.
Auch der Einbau von Magnet- oder Drucksensoren könnte zusätzliche Sicherheitsschichten bieten. Diese Multisensor-Ansätze erhöhen allerdings das Gewicht und die Kosten, weshalb ein geeigneter Kompromiss gefunden werden muss. Langfristig könnte die künstliche Intelligenz in der Lage sein, Sensordaten komplexer zu interpretieren und Fehlmessungen besser zu erkennen beziehungsweise auszugleichen. Amazon und andere Unternehmen investieren deshalb auch in verbesserte Softwarearchitekturen, die in Echtzeit auf Umgebungsbedingungen reagieren und Fehlfunktionen leichter erkennen können. In der Debatte rund um automatisierte Systeme und ihre Sicherheit werden immer wieder Vergleiche mit Luftfahrzeugen wie dem Boeing 737 Max gezogen, bei dem Softwareprobleme zu tödlichen Unfällen führten.
Auch wenn die Risiken bei Drohnen anders gelagert sind und die Auswirkungen von Abstürzen meist deutlich geringer, so zeigen diese Beispiele deutlich, wie wichtig umfassende Tests, Sicherheitsmechanismen und ein robustes Monitoring sind. Zusammenfassend spiegeln die Vorfälle im Dezember wider, dass die kommerzielle, autonome Drohnenlieferung sich noch in einem intensiven Entwicklungsstadium befindet. Fortschritte sind erkennbar, die Technik wird zunehmend ausgereift und ausgefeilter. Gleichzeitig zeigen sich die Gefahren und Herausforderungen, insbesondere bei Wetterabhängigkeiten und Sensorfehlern, die es zu beachten gilt. Für Unternehmen wie Amazon bedeutet dies, dass Softwareupdates besonders gründlich überprüft, Sensorredundanz wieder gestärkt und automatische Fehlererkennungen verstärkt werden müssen.