In der heutigen schnelllebigen Softwareentwicklung sind GitHub-Metriken zu einem weitverbreiteten Werkzeug geworden, um die Leistung von Entwicklungsteams zu messen. Engineering Manager und Führungskräfte erhalten regelmäßig Dashboards mit Zahlen wie der Anzahl der gemergten Pull Requests, Commits oder der geschriebenen Codezeilen. Auf den ersten Blick scheinen diese messbaren Werte klare Indikatoren für Produktivität und Erfolg zu sein. Doch die Realität ist komplexer: Viele dieser Metriken vermitteln ein verzerrtes Bild und können die echte Leistung von Entwicklern und Teams kaum abbilden. Was steckt hinter diesen falschen Eindrücken, und wie lassen sich aussagekräftige Kennzahlen erheben, die tatsächlich den Entwicklungsprozess verbessern? Ein grundlegendes Problem bei vielen GitHub-basierten Metriken ist ihre Tendenz, lediglich das zu erfassen, was sich leicht messen lässt.
Die reine Anzahl der Commits etwa ist kein objektives Maß für Produktivität. Ein Entwickler, der einen einzelnen großen Feature-Branch in mehrere kleine Commits aufteilt, kann auf dem Dashboard sehr eifrig erscheinen, ohne dass dies zwangsläufig mit tatsächlichem Mehrwert einhergeht. Zudem existieren Tools, die automatisch zahlreiche kleine Commits generieren, was das Bild zusätzlich verfälscht. Ebenso messen Linie-der-Code-Zähler schlicht die Schreibmenge und nicht den Wert oder die Qualität des geschriebenen Codes. Dabei ist bekannt, dass weniger Code oft besser ist, da er leichter zu warten und zu verstehen ist und die Komplexität reduziert.
Softwareentwicklung beinhaltet jedoch viele unsichtbare Aktivitäten, die nicht durch reine Zahlen erfasst werden können. Planungsgespräche, das Eintauchen in komplexe Architekturentscheidungen, Mentoring von Junior-Entwicklern, Fehlersuche und die Vorbereitung zukünftiger Funktionserweiterungen sind nur einige Beispiele. Diese Tätigkeiten sind entscheidend für den langfristigen Erfolg eines Projekts, bleiben aber in typischen GitHub-Metriken unsichtbar. Paradoxerweise sind es oft die erfahrensten Entwickler, die weniger Commits oder Codezeilen einbringen, weil sie sich auf diese kritischen und beratenden Aufgaben konzentrieren. Ein weiterer Schwachpunkt ist der falsch verstandene Umgang mit Lines of Code.
Das Schreiben vieler neuer Zeilen wird oft als Zeichen für Produktivität gewertet, obwohl es häufig zu mehr Komplexität und erhöhter Fehleranfälligkeit führt. Das Löschen oder Refaktorisieren von Code, um Systeme zu vereinfachen und wartbarer zu machen, wirkt sich in diesen Metriken negativ aus. Dies kann paradoxerweise falsche Anreize setzen – Entwickler schreiben mehr, anstatt weniger und sinnvolleren Code zu produzieren. Ein verbesserter Ansatz im Metriken-Dschungel sind die sogenannten DORA-Kennzahlen (DevOps Research and Assessment). Diese messen beispielsweise die Häufigkeit von Deployments oder die Zeit, die ein Feature von der Entwicklung bis zur Auslieferung benötigt.
Im Vergleich zu rohen GitHub-Metriken bilden diese Werte bessere Indikatoren für die Performance eines Teams ab, da sie ergebnisorientiert sind und das gesamte Team berücksichtigen. Dennoch sind auch diese Zahlen keine Allheilmittel. Sie können keine internen Probleme wie fehlende Produktklarheit, technologische Schulden oder die Überlastung einzelner Schlüsselpersonen sichtbar machen. Wirkliche Erkenntnisse entstammen daher häufig aus einer Kombination von Zahlen und qualitativem Feedback. Die eingehende Kommunikation mit Entwicklerteams, das Verständnis der Teamdynamik und die Berücksichtigung kontextueller Faktoren sind unverzichtbar, um Leistungsbremsen zu identifizieren.
Metriken sollten immer nur Ausgangspunkt für Fragen sein, nicht deren letzte Antwort. Wichtiger als die reine Messbarkeit ist die absichtliche Auswahl von relevanten Kennzahlen, die gezielt Probleme aufdecken und die Entwicklung fördern. Beispielsweise kann eine erhöhte Anzahl an offenen Pull Requests auf Überlastungen beim Reviewprozess hinweisen, was Burnout bei Schlüsselpersonen begünstigen kann. Ein gesteigerter Revert-Rate weist auf potenzielle Qualitätsprobleme hin, und lange Wartezeiten auf Beiträge von anderen Teams können Blockaden im Entwicklungsfluss sichtbar machen. Diese Daten sind allerdings oft nicht direkt in GitHub verfügbar und müssen aus verschiedenen Quellen zusammengeführt werden.
Die wohl wichtigste Kennzahl, die Entwicklungsleiter bedenken sollten, ist die Zufriedenheit der Entwickler selbst. Studien von GitHub zeigen deutlich, dass zufriedene Entwickler produktiver, engagierter und nachhaltiger arbeiten. Wenn ein Team sich wertgeschätzt, unterstützt und mit sinnvollen Aufgaben versorgt fühlt, lässt sich kein Commit-Count oder Deploy-Metrik ersetzen. Das Gefühl der Autonomie und Klarheit treibt die Innovationskraft und letztlich den Geschäftserfolg voran. Ein wichtiger Aspekt dabei ist, statt auf reine Zahlen zu fixieren, eine Unternehmenskultur zu fördern, die Vertrauen und offene Kommunikation lebt.
Wenn Metriken als Werkzeug zur Unterstützung und nicht als Leistungsdruck verstanden werden, setzen sie Impulse für Wachstum und Verbesserung. Entwickler müssen verstehen, wie ihr Beitrag zum Endprodukt und zum Kundennutzen führt. Nur so ist es möglich, auch technische Risiken frühzeitig anzusprechen und eine Atmosphäre zu schaffen, in der echte Zusammenarbeit und gegenseitiges Unterstützen belohnt wird. Es lohnt sich daher, die Messbarkeit weniger zum Selbstzweck werden zu lassen. Vielmehr sollte der Fokus darauf liegen, die richtigen Fragen zu stellen und Metriken intelligent in den Kontext einzubetten.
Ein gutes Metrikensystem ist flexibel, passt sich der Reife des Teams an und kultiviert einen offenen Dialog. Statt das Arbeiten mit Zahlen zu scheuen, gilt es diese bewusst und reflektiert einzusetzen. Abschließend lässt sich sagen, dass GitHub-Metriken zwar einen Einblick in bestimmte Aspekte des Entwicklungsprozesses liefern können, jedoch keinesfalls als alleinige Bewertungsgrundlage taugen. Ein zu starrer Fokus auf oberflächliche Kennzahlen kann negative Verhaltensanreize setzen und die eigentliche Qualität und Innovationsfähigkeit einer Softwareentwicklung verschleiern. Die Kunst liegt darin, diese Kennzahlen kritisch zu hinterfragen, in einen größeren Zusammenhang zu stellen und neben harten Daten stets den Menschen, der dahintersteht, nicht aus den Augen zu verlieren.
Nur wer das Zusammenspiel aus Technik, Teamkultur und Produktfokus versteht, kann wirklich produktive und nachhaltige Softwareentwicklung gestalten.