Die Umstellung auf digitale Prüfungen sollte ein bedeutender Fortschritt im Bildungswesen sein – effizienter, sicherer und moderner. Doch trotz dieser idealistischen Ziele kämpft der College Board, die Organisation hinter den SAT- und AP-Tests, weiterhin mit erheblichen technischen Schwierigkeiten. Besonders im Jahr 2025 kam es zu einer Reihe von Pannen und Ausfällen, die tausende Schüler landesweit betreffen. Diese Vorfälle werfen grundlegende Fragen über die Vorbereitung, Infrastruktur und das Verantwortungsbewusstsein des College Boards auf. Anfänglich versprachen digitale Prüfungen eine Revolution im Bildungsbereich.
Tests sollten reibungsloser ablaufen, Betrug schwerer sein und die Auswertung schneller erfolgen können. Jedoch zeigen die Erfahrungen in der Praxis, dass die digitale Umstellung komplexer ist als angenommen, insbesondere wenn Millionen von Prüfungen gleichzeitig abgehalten werden. Der jüngste Vorfall ereignete sich bei der AP Psychologie-Prüfung, bei der viele Schülerinnen und Schüler aufgrund eines Ausfalls der obligatorischen Bluebook-App den Zugang zum Test verwehrt bekamen. Die Bluebook-App, die bei 28 von 36 AP-Kursen als einzige Prüfungsplattform verwendet wird, hatte einen großflächigen Serverausfall, der landesweite Verzögerungen verursachte. Da es keine papiergebundenen Alternativtests mehr gibt, mussten viele Schüler stundenlang in überfüllten und oft kalten Schulräumen ausharren, ohne die Prüfung pünktlich bearbeiten zu können.
Diese Situation erzeugte verständlichen Frust und erhebliche Unsicherheit über das weitere Vorgehen. Betroffene Schüler und deren Familien reagierten mit verständlicher Empörung. Die Nachricht, dass sie unter Umständen erneut an einem späteren Datum antreten müssten, bedeutete nicht nur eine zeitliche Belastung, sondern auch zusätzlichen psychischen Druck, da sich viele intensiv auf den Termin vorbereitet hatten. Auf sozialen Medien und Diskussionsplattformen wie Reddit entlud sich die Wut zahlreicher Schüler, die teilweise tagelang ihr Sozialleben zugunsten des Lernens geopfert hatten. Gleichzeitig gab es vereinzelte Stimmen von weniger gut vorbereiteten Prüflingen, die die Verschiebung als Glücksfall betrachteten.
Der College Board reagierte zwar schnell mit einer offiziellen Erklärung, in der er das technische Problem anprangerte und sein Bedauern ausdrückte, doch diese Entschuldigung sorgte kaum für echten Trost. Die anhaltenden Probleme spiegeln die Herausforderungen wider, die mit der schnellen Digitalisierung eines komplexen Prüfungsumfelds verbunden sind. Zu den Schwierigkeiten gehört nicht nur die Stabilität der Software, sondern auch die Abhängigkeit von schulischer Infrastruktur. In einigen Fällen – wie etwa bei der AP-Statistik-Prüfung – lag das Problem nicht einmal am College Board selbst, sondern an lokalen Netzwerkproblemen in den Schulen. Diese Faktoren verdeutlichen die große technische Vulnerabilität des gesamten Systems.
Die Situation wird zusätzlich durch die hohen finanziellen Rahmenbedingungen verschärft: Während die Organisation aufgrund der Prüfungsgebühren sowie zahlreicher Zusatzangebote Millionen einnimmt, wurden für Führungskräfte erneut Spitzengehälter bezahlt. So erhielt der CEO des College Boards 2023 etwa 2,38 Millionen US-Dollar, während die für die AP-Programme und die Technologie verantwortlichen Vizepräsidenten Gehälter von knapp 700.000 beziehungsweise über 760.000 US-Dollar bezogen. Diese Tatsache stößt bei vielen Eltern und Schülern auf Unverständnis.
Die Erwartung ist, dass solch hohe Einnahmen in eine einwandfreie Durchführung der Prüfungen investiert werden, um Stresssituationen wie zuletzt zu vermeiden. Die wiederholten Technikpannen führen hingegen dazu, dass das Vertrauen in den College Board als verlässlichen Partner leidet. Ein weiteres großes Problem war die digitale SAT-Prüfung im März 2025. Über 250.000 Schüler nahmen daran teil, doch fast 10.
000 waren von einem Fehler im Bluebook-System betroffen, der dazu führte, dass ihre Tests vorzeitig automatisch eingereicht wurden. Wenige Jahre zuvor wäre so ein Fehler kaum denkbar gewesen, da Tests auf Papier grundsätzlich nicht vorzeitig beendet werden konnten. Der Schaden lag nicht nur im Zeitverlust, sondern auch in der psychologischen Belastung während der Prüfung. Der College Board bot als Entschädigung teilweise Rückerstattungen oder kostenlose erneute Testnahmen an, doch dies mildert kaum den Ärger vieler Prüflinge. Gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten sind diese Ausgleichsangebote zwar hilfreich, aber sie können die Unzulänglichkeiten und organisatorischen Schwächen nicht vollständig kompensieren.
Der Wandel zu digitalen Prüfungen bringt zweifelsohne viele Vorteile mit sich. Die Sicherheitsmechanismen lassen sich besser implementieren, die Vergabe von Ergebnissen wird beschleunigt und der ökologische Fußabdruck reduziert sich durch den Wegfall von Papier erheblich. Doch diese Vorteile erfordern eine stabile, skalierbare technische Infrastruktur und ausreichende Vorbereitung sowie Tests im Vorfeld. Hier scheinen sich im Fall des College Boards grundlegende Mängel aufzudecken. Neben den technischen Aspekten ist auch das Kommunikationsmanagement ein kritischer Punkt.
In echten Krisensituationen wünschen sich Schulen, Eltern und Schüler klare, transparente und vor allem schnelle Informationen. Wiederholt aber beklagen Betroffene, dass die Kommunikation unkoordiniert und verspätet erfolgt, was die ohnehin angespannte Lage weiter verschärft. Insgesamt ist das Beispiel des College Boards ein mahnendes Signal für das gesamte Bildungswesen: Die Digitalisierung von Prüfungen und anderen wichtigen Prozessen muss nicht nur technisch, sondern auch organisatorisch durchdacht und sorgfältig umgesetzt werden. Dabei müssen alle Beteiligten – von Softwareentwicklern über Technikverantwortliche bis hin zu Lehrkräften und Schülern – gut vorbereitet werden, um im Ernstfall flexibel reagieren zu können. Der Weg in eine digitale Zukunft wurde längst eingeschlagen, aber er ist noch längst nicht frei von Stolpersteinen.