Nachdem Binance's Deal zur Übernahme von FTX gescheitert ist, befindet sich die gebeutelte Kryptowährungsbörse in einer unsicheren Zukunftslage, was auch bei ihren Kunden zu Besorgnis führt. Die Frage stellt sich: Was passiert mit dem Krypto-Vermögen, wenn FTX zusammenbricht? Die Kryptowährungsbörse FTX versucht weiterhin diese Woche, eine Liquiditätslücke von bis zu 8 Milliarden US-Dollar zu decken, jedoch ist es immer unwahrscheinlicher, dass CEO Sam Bankman-Fried nach dem Absprung von Binance von einem potenziellen Fire-Sale-Deal noch Unterstützer finden wird. "Sam muss seine Illusionen, einen Deal zusammenzubringen, aufgeben. Es gibt niemanden auf der Welt, der FTX retten wird, es sei denn, die Fed ist dazu bereit. Das wird einfach nicht passieren", sagte Nic Carter, Mitbegründer und Vorsitzender von Coin Metrics und General Partner bei Castle Island Ventures, gegenüber Fortune's Leo Schwartz am Donnerstag.
Wenn FTX tatsächlich untergeht, könnte dies ein chaotisches Ende für Einzelinvestoren, die Risikokapitalgemeinschaft, Unterstützer und sogar andere Kryptounternehmen bedeuten. "Es wird hier große Opfer geben", so Carter. Viele Startups, insbesondere in Schwellenländern, haben ihre Gelder auf FTX verwahrt, da das Unternehmen einen ziemlich großen institutionellen Fokus hatte. "Es wird viele unschuldige Opfer geben, nicht nur Einzelpersonen, sondern auch andere Unternehmen wie Fintech-Unternehmen, Kryptounternehmen, die den Zugang für Endbenutzer bereitgestellt haben", sagt Carter. "Es wird sehr harte Folgen haben.
" Die Finanzbehörden in den USA und international sind möglicherweise machtlos. Kryptowährungen und die zugehörigen Geschäftseinheiten sind in den USA nicht reguliert wie andere Finanzinstitute wie Banken oder Kreditgenossenschaften. Kontroll- und Sparkonten vieler Verbraucher sind durch die Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) abgesichert, die verspricht, im Falle eines Bankversagens die Kunden vollständig zu entschädigen. Einzel- und institutionelle Anleger verwendeten FTX, um Kryptowährungen sowie Aktien, ETFs, Futures, Optionen, gehebelte Token und nicht fungible Tokens (NFTs) zu handeln. Kunden konnten das native Kryptowährungstoken FTT von FTX verwenden, um einen Rabatt auf Handelsgebühren zu erhalten, indem sie Trades mit dem FTX-Token bezahlten - je mehr FTT ein Benutzer hielt, desto größer war der Rabatt.
Aber anders als bei FDIC-versicherten Konten gibt es für Kryptoinvestoren auf einer Plattform wie FTX keine derartigen Sicherungen. Dies bedeutet im Wesentlichen, dass es keine Garantie dafür gibt, dass die Vermögenswerte der Kunden derzeit sicher sind - eine Realität, die Bankman-Fried subtil anerkannte. Obwohl er am Montag getwittert hatte, dass die FTX-Kundengelder in Ordnung seien, löschte Bankman-Fried diese Behauptung stillschweigend bis Mittwoch. "Zu diesem Zeitpunkt ist nicht klar, welche Schutzmaßnahmen FTX für seine Kunden im Falle eines Geschäftsausfalls getroffen hat", sagt Brock Pierce, Krypto-Milliardär und Vorsitzender der Bitcoin Foundation, gegenüber Fortune. Tatsächlich gibt es nur sehr wenige Regulierungen in der Kryptoindustrie, was es für Bundesbehörden wie die Securities and Exchange Commission oder die Commodity Futures Trading Commission schwierig macht, sich einzumischen.
Die CFTC überwacht die Situation, teilte aber Reportern mit, dass "jegliche regulatorischen Fragen derzeit unklar sind", so Axios. Währenddessen wird der Zusammenbruch von FTX von der SEC untersucht, sagten zwei informierte Personen der New York Times. Ein Teil der Probleme von FTX scheint daher zu kommen, dass es etwa 10 Milliarden US-Dollar an Kundengeldern verliehen hat, um seinem Schwesterunternehmen Alameda Research zu helfen. Angesichts der Tatsache, dass FTX etwa 16 Milliarden US-Dollar hatte, stellte dies mehr als die Hälfte seiner Gesamtvermögenswerte dar. "Wenn das tatsächlich die Tatsachen sind, dann scheint es möglicherweise der größte Finanzbetrug aller Zeiten im Maklerbereich zu sein - über alle Anlageklassen hinweg", sagt Gene A.
Grant II, Gründer und CEO von LevelField Financial, einem in Houston ansässigen Finanzdienstleistungsunternehmen. Wenn Betrug im Spiel war, könnte dies Untersuchungen und Anlegerklagen auslösen, aber die Einzelheiten und Umstände bleiben derzeit unklar. Letztendlich, so sagt Grant, sieht es nicht gut für Investoren aus. "Sollte es wahr sein, dass FTX Alameda Gelder geliehen hat und Alameda diese Gelder nicht mehr hat, ist die Kryptowährung wahrscheinlich für immer verloren. Kunden sollten sich auf erhebliche Verluste gefasst machen", sagt Grant.
"Kunden, die mit Offshore-Unternehmen wie FTX Trading interagieren, akzeptieren erhebliche Risiken, die nicht vollkommen offensichtlich sind, wenn es gut läuft." Verbraucher dürften bei einem Konkurs kaum gut fahren. Ein Insolvenzverfahren scheint auf dem Tisch zu liegen, aber wie genau die Abwicklung erfolgen würde, ist umstritten. Im Gegensatz zu Celsius und Voyager, zwei gescheiterten US-basierten Kryptofirmen, die Milliardensummen von Investorengeldern in Insolvenzverfahren gebunden haben, handelt es sich bei FTX um ein internationales Unternehmen mit Hauptsitz auf den Bahamas und eingetragen in Antigua und Barbuda. "Es ist fraglich, in welcher Gerichtsbarkeit FTX Trading die Insolvenzanmeldung einreichen wird.
Da es sich um eine Offshore-Korporation handelt, sollte sie dies in den USA tun? Das ist unklar", sagt Grant. Wenn FTX den Insolvenzweg geht, könnten die Gelder der Börse von einem Administrator beschlagnahmt werden, um ihre Schulden zu begleichen. FTX-Kunden würden wahrscheinlich unbesicherte Gläubiger werden, was bedeutet, dass sie am Ende der Schlange derer stehen, die entschädigt werden möchten. "Sie werden bloße unbesicherte Gläubiger in der Insolvenz und können nur hoffen, dass es eine Verteilung an solche Gläubiger gibt. Ohne ein von der Regierung eingeleitetes Entlastungsprogramm bin ich mir nicht sicher, ob es eine andere Möglichkeit für die Kunden gibt", sagt Jonathan Pasternak, Insolvenzanwalt bei Davidoff Hutcher & Citron.
In der jüngsten Abfolge von Kryptoinsolvenzen haben gescheiterte Kryptounternehmen im Wesentlichen die Position vertreten, dass Kundengelder Eigentum des Unternehmens sind und für alles verwendet werden können, was sie wollen, sagt Pasternak. "Viele dieser Gelder wurden wahrscheinlich bereits vom Unternehmen aufgebraucht." Wenn FTX untergeht, könnte das Ergebnis ähnlich sein wie bei Mt. Gox, einer japanischen Bitcoin-Börse, die 2014 abrupt den Betrieb eingestellt hat, sagt RA Wilson, Chief Technology Officer bei 1GCX, einer Kryptobörse, spezialisiert auf den Handel mit tokenisierten Rohstoffen und CO2-Guthaben. "Insolvenzverfahren werden stattfinden, und es wird Jahre dauern, bis jemand mit eingefrorenem Kapital eine Lösung sieht.
" Es geht zurück zum alten Sprichwort in der Welt der Kryptowährung: "Nicht deine Schlüssel, nicht deine Münzen", sagt CEO Marshall Hayner von Metallicus. "Wahrscheinlich wird es ein Insolvenzverfahren geben, das sich über Jahre hinziehen wird, und schließlich können Gläubiger irgendwo zwischen weniger als 10 % bis 25 % ihrer Gelder zurückerhalten", fügt er hinzu. "Man kann nur hoffen, dass die Kryptowährung in der Zeit, die die rechtlichen Verfahren dauern, an Wert gewinnen wird." Es ist erwähnenswert, dass Bankman-Fried, auch bekannt unter seinen Initialen SBF, in einer Erklärung auf Twitter am Donnerstag sagte, dass die derzeitige Liquiditätskrise nicht das Tochterunternehmen des Unternehmens in den USA, FTX.US, betrifft.
"Dabei ging es um FTX International. FTX US, die auf Amerikaner spezialisierte US-basierte Börse, war von diesem Schlamassel finanziell nicht betroffen. Es ist zu 100 % flüssig. Alle Benutzer könnten vollständig abheben (abzüglich Gasgebühren usw.)", schrieb Bankman-Fried in einem Tweet.
Aber der FTX-Investor Sequoia Capital hat den kompletten Wert seiner 214 Millionen US-Dollar Investition in FTX.com und FTX.US am Mittwoch abgeschrieben, ein beunruhigendes Zeichen dafür, dass das VC-Unternehmen keinen Ausweg sieht. Was können nun Kleinanleger tun? Für Kunden in den USA hat Bankman-Fried gesagt, dass sie in der Lage sein sollten, ihre Gelder vollständig abzuheben. In den letzten Tagen haben Kunden bereits mehr als 6 Milliarden US-Dollar aus der Börse abgezogen.
Internationale Kunden haben in dieser Woche Auszahlungen vorerst gestoppt gesehen, obwohl das Team gesagt hat, dass sie die Rückstände von Anfragen abarbeiten. "Wenn Verbraucher ein Konto bei FTX haben, ist ihr einziger Ausweg, geduldig zu warten und, sobald ihr Kapital freigegeben ist, es sofort von der Börse abzuziehen", sagt Wilson. Für die Zukunft sollten Kunden in Betracht ziehen, dezentralisierte Börsen wie Defi Swap und Uniswap zu verwenden, wo sie nicht die Verwahrung ihrer Kryptowährungen aufgeben, sagt Hayner. Sollte FTX tatsächlich untergehen, würde dies kurzfristig wahrscheinlich eine Belastung für die Branche darstellen, sagt Pierce. "Aber langfristig wird der Krypto- und Blockchainbereich weiterhin gedeihen.
Das ist letztlich eine Chance für die Branche, durch den Prozess von Versuch und Irrtum zu lernen und sich zu verbessern." Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation um FTX weiterentwickeln wird und wie die Kunden letztendlich betroffen sein werden. Inmitten dieser Unsicherheit werden Verbraucher, Investoren und die Krypto-Community gebeten, wachsam zu sein und ihre Investitionen sorgfältig zu überdenken.
