Die Landschaft der Unternehmenssoftware erlebt gerade eine tiefgreifende Transformation, die von künstlicher Intelligenz angetrieben wird. Jahrelang haben marktbeherrschende Anbieter von Systemen der Aufzeichnung (Systeme of Record, SoR) wie SAP, Oracle NetSuite, Salesforce und Workday den Softwaremarkt für Unternehmen nahezu uneinnehmbar kontrolliert. Ihre dominierende Stellung basierte nicht nur auf einem breiten Angebotsportfolio und einer tiefen Integration in betriebliche Abläufe, sondern auch auf hohen Einstiegshürden, komplexen Implementierungen und der proprietären Verwaltung von geschäftskritischen Daten. Doch dank der rasanten Fortschritte im Bereich der KI beginnt sich ein fundamentaler Wandel abzuzeichnen: Systeme der Aktion (Systems of Action) drängen auf den Markt und versprechen Unternehmen eine bahnbrechende Effizienzsteigerung und Flexibilität. Die bisherigen Systeme der Aufzeichnung wurden über Jahrzehnte hinweg als zentrale Sammelstelle für Unternehmensdaten definiert.
Sie stellen sicher, dass alle wichtigen Interaktionen, Transaktionen und Prozesse dokumentiert werden. Diese Systeme sind tief in den Arbeitsalltag eingebettet, umfassten langwierige Einführungszyklen und baten oft um hohe Investitionen, weshalb ein Wechsel für Unternehmen bislang mit erheblichen Risiken und Kosten verbunden war. Der technologische Umbruch, den KI heute ermöglicht, zeigt jedoch Wege auf, diese sperrigen Strukturen aufzubrechen: Mit fortschrittlichen Grundlagenmodellen und intelligenten Agenten können Daten nun strukturierter verarbeitet, besser integriert und vor allem automatisiert genutzt werden. So wird das mühsame manuelle Erfassen von Daten zunehmend überflüssig, da KI die Arbeitsabläufe selbständig steuert und optimiert. Einer der zentralen Treiber für die Veränderung ist die Automatisierung von Implementierungs- und Integrationsprozessen.
Früher waren aufwändige Anpassungen und Datenmigrationen erforderlich, die sich über Monate oder sogar Jahre erstreckten. KI-gestützte Tools für Codegenerierung und Automatisierung reduzieren diese Zeiten drastisch. Experten berichten von einer Beschleunigung um bis zu 90 Prozent bei der Erstellung maßgeschneiderter Integrationen. Dadurch sinken nicht nur Kosten, sondern es wird auch möglich, schneller auf neue Marktanforderungen zu reagieren. Unternehmen, die noch vor kurzem von ihren Altsystemen gebunden waren, können nun wesentlich agiler auf Veränderungen reagieren.
Vielversprechende Start-ups und Technologieanbieter setzen bereits hier an. Sie kombinieren KI mit menschlichen Services, um die sensiblen Phasen der Systemmigration und Datenintegration zu vereinfachen und beschleunigen. Beispielhaft ist der Einsatz von Agenten, die in domänenspezifischen Sprachen automatisiert Skripte schreiben, um Daten auch aus komplexen Legacy-Systemen sicher zu übertragen. Zudem nutzen einige neue SoR-Anbieter KI, um die Anpassung ganzer Workflows per natürlicher Sprache zu ermöglichen. Anwender können so ohne tiefgreifende technische Kenntnisse betriebliche Prozesse definieren, die das System automatisch umsetzt.
Neben der Herausforderung der Implementierung galt lange Zeit auch die Datenproblematik als großes Hindernis. Unternehmen haben über Jahre hinweg Daten manuell eingepflegt, oft fragmentiert über E-Mails, verschiedene Kommunikationstools und persönliche Notizen verteilt. Die Bündelung und Migration dieser informationsreichen, aber unstrukturierten Daten war eine Mammutaufgabe. KI-Systeme hingegen sind in der Lage, Kommunikationsflüsse passiv zu analysieren und relevante Informationen eigenständig zu extrahieren. So entstehen digitalisierte, aktuelle Datenbestände, die unmittelbar für Analyse- und Entscheidungsprozesse nutzbar sind.
Technologieunternehmen wie Day.ai implementieren KI-Lösungen, die Daten aus E-Mails, Chats und Telefonaten zusammenführen und daraus prioritäre Handlungsempfehlungen ableiten. Diese Datengetriebenheit bietet darüber hinaus völlig neue Funktionalitäten und Effizienzgewinne. KI-basierte Systeme können Arbeitsschritte automatisieren, die zuvor zeitintensiv und fehleranfällig waren. Von der Erfassung von Vertriebsgesprächen, automatischer Zusammenfassung von Kundeninteraktionen bis hin zur Finanzplanung und Prognose – viele Routineaufgaben können mit intelligenten Agenten autonom erledigt werden.
Für Mitarbeiter bedeutet dies eine Entlastung von repetitiven Tätigkeiten, während Unternehmen von schnelleren und präziseren Abläufen profitieren. Wichtige Branchen wie das Gesundheitswesen, die Rechtsbranche oder das Notfallmanagement sind bereits Beispiele für den Wandel durch KI-Systeme der Aktion. So setzen manche Anbieter von Notrufzentralen Sprach-KI ein, die Anfragen vorfiltern und den menschlichen Dispatcher entlasten. Im Rechtsbereich automatisieren AI-gestützte Systeme die Erfassung und Verwaltung geistigen Eigentums, was zur Effizienzsteigerung in einem sonst sehr beratungsintensiven Feld führt. Durch diese „Keil“-Produkte gelingt es neuen Anbietern, schrittweise in etablierte Märkte einzudringen und schlussendlich die beherrschenden Systeme abzulösen.
Das Versprechen einer um das Zehnfache verbesserten Kundenerfahrung spielt bei diesem Wandel eine zentrale Rolle. Während früher der Umstieg auf Cloud-basierte SoR-Systeme vor allem aus Kostengründen oder moderner Technologie erfolgte, revolutionieren jetzt KI-Systeme den Arbeitsalltag spürbar. Automatisierte CRM-Lösungen befreien beispielsweise Verkaufsteams von der lästigen Pflicht der handschriftlichen Dokumentation, liefern aber auch fokussierte Prioritätenlisten für den Arbeitstag, basierend auf Echtzeitdaten aus diversen Kommunikationskanälen. Das Resultat ist nicht nur eine höhere Produktivität, sondern auch eine bessere Entscheidungsqualität. Die strategische Bedeutung von KI-Systemen der Aktion spiegelt sich zudem darin wider, dass sie heute als Startpunkt vertikale und oft als unverkäuflich geltende Kundensegmente adressieren.
Durch Innovationen in Nischenmärkten, die von den etablierten SoR-Anbietern wenig beachtet wurden, verschaffen diese Systeme sich einen Wettbewerbsvorteil. Mit wachsendem Funktionsumfang und steigender Akzeptanz wird dann der Sprung ins Kernsegment ermöglicht. Die Zukunft der Unternehmenssoftware gleicht damit einem Generationswechsel – weg von starren Datenbanken hin zu intelligenten, automatisierten Aktionssystemen. Der Markt, der heute mit geschätzten 400 Milliarden US-Dollar im Bereich SoR jährlich punktet, steht vor einer disruptiven Welle. Nicht nur das Speichern von Daten, sondern vor allem deren intelligente Nutzung wird in den Mittelpunkt rücken.
Für Gründer und Innovatoren bieten sich hier enorme Chancen. Die Kombination aus AI-native Produkten, Automatisierung der Integration und der Nutzung unstrukturierter Daten hat das Potenzial, ganze Industrien zu verändern. Gleichzeitig ist Geduld gefragt, denn die vollständige Umstellung auf Systeme der Aktion wird nicht von heute auf morgen passieren. Es ist ein Prozess, der sich über Jahre erstreckt, aber dessen Ausgang das Gesicht der Unternehmenssoftware nachhaltig prägen wird. Wer sich frühzeitig auf die Möglichkeiten der KI-Systeme der Aktion einlässt, profitiert von Effizienzgewinnen und einer Position am Puls der Zeit.
Unternehmen, die den Wandel aktiv mitgestalten, können sich entscheidende Wettbewerbsvorteile sichern und ihre Arbeitsweisen grundlegend neu definieren. In einer Welt, in der Daten zunehmend als der wertvollste Rohstoff gelten, sind Systeme der Aktion der Schlüssel, um diesen Wert zielgerichtet zu erschließen und geschäftlichen Erfolg neu zu denken.