Polygon gilt als eine der führenden Plattformen im Bereich der Blockchain-Technologie und hat sich insbesondere durch seine Layer-2-Skalierungslösungen einen Namen gemacht. Die auf Zero-Knowledge-Technologie basierende zkEVM-Lösung versprach dabei, Ethereum-Smart-Contracts kostengünstiger und effizienter auszuführen, was das Potenzial besaß, die Massenakzeptanz von Blockchain-Anwendungen entscheidend voranzutreiben. Dennoch zeigt die jüngste Entwicklung um zkEVM, dass große Erwartungen nicht immer mit der Realität übereinstimmen. Forscher und Branchenexperten berichten von einem jährlichen Verlust, der inzwischen die Millionengrenze überschritten hat, sowie von einer grundlegenden technischen Stagnation, die den Wert und die Funktion der Plattform beeinträchtigt. Die Hintergründe dieser Entwicklung geben Aufschluss über die Herausforderungen in einem hart umkämpften Blockchain-Markt.
Polygon zkEVM entstand aus der Übernahme von Hermez, einem Projekt, das Ende 2021 von Polygon für rund 250 Millionen US-Dollar akquiriert wurde. Hermez brachte die erste Version der zkEVM-Technologie mit, die Zero-Knowledge-Proofs nutzen sollte, um Ethereum-Transaktionen zu bündeln und somit Kosten zu reduzieren sowie die Transaktionsgeschwindigkeit zu erhöhen. Die Integration der zkEVM wurde damals als Meilenstein für Polygon angesehen, da sie die Skalierbarkeit des Ethereum-Netzwerks verbessern und gleichzeitig die Sicherheit durch die Vertrauenswürdigkeit der Zero-Knowledge-Beweise gewährleisten sollte. Doch laut dem Forschungsleiter von GrowThePie, Lorenz Lehmann, hat die Weiterentwicklung der zkEVM-Technologie in letzter Zeit eine äußerst niedrige Priorität erhalten. Lehmann weist darauf hin, dass die Entwicklung sowohl verlangsamt als auch teils stillgelegt wurde, ohne das System mit der neuen Ethereum-Datenstruktur, den sogenannten Blobs, zu integrieren.
Diese Blobs sind für Rollups besonders wichtig, da sie die Kosten für die Datenverfügbarkeit signifikant senken und somit den Betrieb von Layer-2-Lösungen effizienter machen. Das Fehlen dieser Integration bedeutet, dass zkEVM nicht von den neuesten Verbesserungen profitieren konnte, was wiederum die Wettbewerbsfähigkeit und das Interesse der Nutzer beeinträchtigte. Zusätzlich zu den technischen Herausforderungen hat Polygon mit einer internen Führungsumstrukturierung zu kämpfen. Die Mitgründer Mihailo Bjelic, Jaynti Kanani und Anurag Arjun haben ihre operativen Rollen über die letzten Jahre verlassen, wodurch Sandeep Nailwal nun als einziger Gründer das Ruder als CEO übernommen hat. Diese Veränderung geht einher mit einem Strategiewechsel innerhalb des Polygon-Netzwerks, bei dem der Fokus stärker auf die Proof-of-Stake-Kette und Projekte wie AggLayer gelegt wird.
In diesem Zusammenhang scheint zkEVM auf der Prioritätenliste heruntergerutscht zu sein, was sich in mangelnder Weiterentwicklung widerspiegelt. Ein Indikator für diese Entwicklung ist der starke Rückgang des Total Value Locked (TVL) innerhalb von zkEVM. Im März 2024 erreichte der TVL mit rund 187 Millionen US-Dollar seinen Höhepunkt, nahm aber in den darauffolgenden Monaten ab und fiel im Jahr 2025 auf etwa 16,25 Millionen US-Dollar – ein Rückgang von fast 80 Prozent. Dieser dramatische Verlust an eingezahltem Kapital zeigt deutlich, wie der Nutzervertrauen schwindet und die Attraktivität der Plattform stark abnimmt. Das wirtschaftliche Resultat dieser Umstände spiegelt sich ebenfalls in den betrieblichen Zahlen wider.
Die zkEVM-Plattform läuft derzeit mit einem Jahresverlust von über einer Million US-Dollar, was für ein technologiegetriebenes Unternehmen in einem kompetitiven Marktumfeld eine beunruhigende Entwicklung ist. Dieses Defizit resultiert sowohl aus hohen Betriebskosten als auch aus dem mangelnden Wachstum der Nutzerbasis und der fehlenden Monetarisierung durch Anwendungen, die zkEVM nutzen. Die offizielle Kommunikation seitens Polygon sieht dennoch vor, zkEVM erst 2026 abzulösen oder stillzulegen. Laut Lorenz Lehmann könnte diese Zeitplanung allerdings den wahren Stand der Dinge verschleiern. Intern seien Pläne für eine schrittweise Abschaltung bereits in vollem Gange, was die offiziell verkündete Strategie in Frage stellt.
In einem Segment, das von Innovation und Geschwindigkeit geprägt ist, hat das deutliche Zurückfahren von Investitionen und Entwicklungsressourcen für zkEVM negative Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit von Polygon als Ganzes. Diese Situation verdeutlicht, wie schwer es ist, neben neuen Initiativen und Fokusverschiebungen ein komplexes Produkt wie zkEVM auf dem neuesten Stand der Technik zu halten und gleichzeitig profitabel zu betreiben. Die Zukunft von zkEVM bleibt derzeit unsicher, doch die Lehren aus diesem Fall sind für die gesamte Blockchain-Branche von Bedeutung. Sie zeigen die Notwendigkeit, technische Innovation mit nachhaltiger finanzieller Strategie und einer klaren Produktpositionierung zu verbinden. Darüber hinaus wird deutlich, dass selbst vielversprechende Technologien schnell in den Hintergrund geraten können, wenn der Markt, das Management oder die technische Weiterentwicklung nicht im Einklang stehen.