Derek Muller, der kreative Kopf hinter Veritasium, einem der erfolgreichsten Wissenschafts-Youtube-Kanäle der Welt, hat sich mit einem neuen Thema von größter gesellschaftlicher Relevanz beschäftigt: den sogenannten PFAS, den „Forever Chemicals“. Diese per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen sind eine Familie von Chemikalien, die wegen ihrer extremen Beständigkeit in der Umwelt enorm problematisch sind. Was Derek Muller besonders macht, ist seine persönliche Herangehensweise an die Thematik. Anders als bei vielen anderen Informationsformaten illustriert er die Dringlichkeit, indem er seinen eigenen Bluttest auf PFAS veröffentlicht – mit alarmierenden Ergebnissen. PFAS, eine Gruppe von über 9.
000 Chemikalien, die seit den 1940er Jahren in industriellen Anwendungen wie wasser- und schmutzabweisenden Beschichtungen, Teflon-Pfannen, Feuerlöschschaum und sogar in der Lebensmittelverpackung genutzt werden, zeichnen sich durch ihre außergewöhnliche chemische Stabilität aus. Daraus resultiert der Name „Forever Chemicals“, denn sie zersetzen sich in der Natur kaum und reichern sich ständig an. Diese Persistenz sorgt dafür, dass PFAS kaum aus Wassersystemen, Böden oder Organismen verschwinden, sondern sich global verbreiten – selbst in entlegenen Regionen wie der Arktis oder dem Tibet-Plateau wurden bereits Nachweise erbracht. Die Folgen für Gesundheit und Umwelt sind im wissenschaftlichen Diskurs noch nicht vollständig abschließend geklärt, doch zahlreiche Studien legen eine Verbindung zu schwerwiegenden Erkrankungen nahe. Dazu zählen beispielsweise Beeinträchtigungen des Immunsystems, hormonelle Störungen, Krebsrisiken sowie negative Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern.
Besonders beunruhigend ist, dass nahezu jeder Mensch mittlerweile Spuren von PFAS in seinem Blut trägt – eine Entwicklung, die Derek Mullers persönliche Analyse eindrücklich bestätigt. In seinem umfassenden und emotional aufgeladenen Video „How One Company Secretly Poisoned the Planet“ zeigt Muller auf, wie der systematische Einsatz von PFAS-Produkten über Jahrzehnte von einigen wenigen großen Chemiekonzernen geheim gehalten wurde. Dabei werden die skandalösen Praktiken der Industrie beleuchtet, die Warnhinweise ignorierte, die Umwelt langfristig belastete und die Öffentlichkeit in Unwissenheit ließ, während sie Milliarden verdiente. Die zeitliche Verknüpfung des Videostarts mit der überraschenden Entscheidung der Umweltschutzbehörde EPA, einige der kürzlich eingeführten PFAS-Einschränkungen zurückzunehmen, verstärkte die Aktualität und Dringlichkeit des Themas enorm. Derek Mullers berufliche Laufbahn als Wissenschaftskommunikator zeigt seinen besonderen Zugang zu komplexen Themen.
Er hat als Physiker mit einem Doktortitel in Lernwissenschaften über die Bedeutung von kognitiver Dissonanz und „Friction Learning“ geforscht. Seine Methode basiert darauf, Menschen durch das Aufdecken von Fehlvorstellungen in Zweifel zu versetzen, um tiefere Einsichten zu ermöglichen. Diese Herangehensweise überträgt er auch auf die Aufklärung über PFAS. Das Video geht weit über reine Faktenvermittlung hinaus und ist eine emotionale wie rationale Reise vom Mikrofon am Straßenrand bis hin zu persönlichen Erfahrungswerten im eigenen Körper. Die Höhepunkte von Mullers Video sind die verblüffenden Blutwerte, die er selbst erhielt.
Die Konzentrationen mancher PFAS-Verbindungen in seinem Blut lagen um das Zwei- bis Sechsfache über den nationalen Durchschnittswerten. Dieses Ergebnis verdeutlicht auf eindrückliche Weise, dass PFAS kein abstraktes Umweltproblem sind – sie sind Teil unseres Alltags, unserer Körper, unserer unmittelbaren Lebenswelt. Wissenschaftliche Untersuchungen der Risikogruppen empfehlen bei solchen Konzentrationen bereits eine ärztliche Untersuchung auf mögliche Gesundheitsfolgen. Das Bewusstsein für diese Fakten ist in der Öffentlichkeit bis heute gering, was Mullers Arbeit umso bedeutender macht. Neben dem dramatischen Aufzeigen von Gefahren spricht das Video auch über Lösungen und Herausforderungen.
Die Zerstörung von PFAS ist technisch extrem anspruchsvoll, und die Entwicklung von Mikroben und anderen biologischen Verfahren zur Zersetzung steht noch am Anfang. Zugleich sind viele Regulierungen und Verbote im internationalen Kontext uneinheitlich und werden politisch oft zurückgehalten oder verwässert. Die jüngste Entscheidung der EPA unterstreicht den politischen Gegenwind, dem diese Regulierungen ausgesetzt sind, und zeigt die Spannungen zwischen wirtschaftlichen Interessen und Gesundheitsschutz. Mullers Ansatz ist dabei nicht nur investigativ, sondern auch pädagogisch wertvoll. Seine Videos erheben den Anspruch, Menschen nicht nur zu informieren, sondern sie in die Lage zu versetzen, kritisch zu denken und aktiv zu werden.
Dabei unterstreicht er immer wieder die „unverfälschte Wahrheit“ als Basis jeder Diskussion. Sein Engagement, seine eigene Verwundbarkeit durch die Veröffentlichung seiner Blutwerte zu zeigen, schafft eine Verbindung zwischen Fakten und Menschlichkeit, die das Thema für seine Millionen von Zuschauern greifbar macht. Neben dem persönlichen Aspekt ist Mullers Video ein Spiegelbild der größeren gesellschaftlichen Problematik. Die Wegwerfgesellschaft, der gigantische industrielle Verbrauch an Chemikalien und die oft unzureichende staatliche Kontrolle treffen bei PFAS auf eine weltweit verbreitete Umweltkatastrophe in Zeitlupe. Die langanhaltende Persistenz führt dazu, dass selbst zukünftige Generationen unmittelbar von heute getroffenen Entscheidungen betroffen sind.
Gleichzeitig illustriert das Video die Rolle von Whistleblowern und engagierten Wissenschaftlern, die trotz enormem Widerstand gegen die chemische Lobby und wirtschaftliche Interessen für Transparenz kämpfen. Die Medienlandschaft profitiert von Mullers Format, das wissenschaftliche Fakten mit packendem Storytelling verbindet. Dieses Format hat Veritasium zu einem Leuchtturm der YouTube-Wissenschaft gemacht und ermöglicht es, komplexe, techniklastige Themen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Kombination aus investigativem Journalismus, persönlicher Betroffenheit und didaktischer Tiefe sorgt dafür, dass das Thema PFAS die nötige Aufmerksamkeit erhält und auch in politischen Debatten und im Umweltschutz Gehör findet. Abschließend stellt sich die Frage, wie jeder Einzelne mit der Bedrohung durch PFAS umgehen kann.
Während der Ausstieg aus Produkten, die diese Chemikalien enthalten, fast unmöglich scheint, gibt es Hinweise für gesundheitliche Vorsorgemaßnahmen und Forderungen nach verstärktem Trinkwasserschutz. Zudem wird die Forderung nach einer strikteren Regulierung und internationalem Verbotsrecht immer lauter. Das Engagement von Derek Muller zeigt beispielhaft, wie Wissenschaftskommunikation und Aktivismus ineinandergreifen können, um globale Probleme ins Bewusstsein zu rücken. Derek Mullers Konfrontation mit den „Forever Chemicals“ ist eine eindringliche Mahnung, dass Umweltverschmutzung nicht nur abstrakte Daten bedeutet, sondern reale Auswirkungen auf unser eigenes Leben und unseren Körper hat. Durch seine einzigartige Mischung aus Wissenschaft, Empathie und Mut öffnet er das Tor zu einem tieferen Verständnis dieser unsichtbaren Gefahr.
Für die Zukunft bleibt die Herausforderung, Öffentlichkeit, Politik und Industrie gleichermaßen auf diesem Weg zu mobilisieren und dauerhaft Lösungen zu finden.