Die Schweiz wird bald Gastgeber des weltweit höchsten Wohngebäudes aus Holz sein. Mit dem Namen Rocket&Tigerli entsteht in der Stadt Winterthur, nahe Zürich, ein beeindruckendes Bauprojekt, das vier Gebäude umfasst – darunter ein 100 Meter hohes Holzhochhaus. Dieses Projekt ist nicht nur aufgrund seiner Höhe bemerkenswert, sondern auch wegen seiner innovativen Konstruktionsweise, die Holz als nachhaltige Alternative zu traditionellen Baustoffen wie Beton und Stahl nutzt. Die Architektur des Projekts stammt von der dänischen Firma Schmidt Hammer Lassen Architects (SHL), die großen Wert auf eine Verbindung von modernem Design und historischem Kontext legt. Die Fassade des Gebäudekomplexes ist mit dunklen roten und gelben Terrakottaziegeln sowie staubgrünen Details gestaltet, um die Farbgebung der umliegenden historischen Gebäude mit roten Dächern und gelben Ziegeln widerzuspiegeln.
So entsteht eine harmonische Einbindung in das Stadtbild Winterthurs. Die Bezeichnung Rocket&Tigerli erinnert an die Lokomotiven, die einst an derselben Stelle produziert wurden. Damit knüpft das Projekt bewusst an die industrielle Geschichte des Standorts an, während es gleichzeitig einen zukunftsweisenden Schritt in der Holzbauweise darstellt. Das Herzstück des Projekts ist die 100 Meter hohe Holzstruktur, die mit einem neuartigen System gebaut wird, bei dem der übliche Betonkern durch Holz ersetzt wurde. Diese innovative Technik ermöglicht nicht nur eine größere Holznutzung bei hohen Gebäuden, sondern reduziert auch den eingebetteten Kohlenstoff im Bauprozess erheblich.
Holz als Baustoff gewinnt vor allem wegen seiner Nachhaltigkeit an Bedeutung. Es ist ein erneuerbarer Rohstoff, der CO2 bindet, und trägt somit zu einer Reduktion der Treibhausgasemissionen bei. Mit der steigenden Nachfrage nach umweltfreundlichen Baustoffen sind Projekte wie Rocket&Tigerli ein wegweisendes Beispiel dafür, wie nachhaltige Architektur in der Praxis aussehen kann. Die Verwendung von Holz reduziert zudem das Gewicht des Gebäudes, was günstigere Fundamente und weniger Materialaufwand bedeutet. Das neue Wohngebäude wird nicht nur hohen Wohnkomfort bieten, sondern auch eine lebendige Nachbarschaft fördern.
Neben den Wohnungen sind in den vier Gebäuden auch Einzelhandelsflächen, eine Skybar und ein Hotel geplant. Ziel ist es, tagsüber und abends attraktive öffentliche Räume zu schaffen, die das soziale Leben bereichern. Besucher und Bewohner sollen die hellen Passagen und den grünen offenen Platz genießen können, die von den Gebäuden umschlossen werden. Lichtdurchflutete Räume sind ein zentrales Gestaltungselement im Entwurf von SHL. Statt eines geschlossenen Blockbaus wurde eine offene Struktur gewählt, die nicht nur mehr Tageslicht in die Wohnungen lässt, sondern auch den Kontakt zur umliegenden Umgebung verstärkt.
Diese Bauweise wurde von einer internationalen Jury als klarer Vorteil bewertet und war ein entscheidender Faktor für den Zuschlag an SHL, die sich im Wettbewerb gegen acht weitere Architekturteams durchsetzten. Winterthur ist mit seiner Expertise im Holzbau ein idealer Standort für dieses Projekt. Die Schweiz verfügt über langjährige Erfahrung und Wissen im nachhaltigen und hochwertigen Bauen mit Holz. Dazu kommen hohe Standards in Bezug auf Brandschutz, Statik und Energieeffizienz, um die Sicherheit und den Komfort der Bewohner zu gewährleisten. Zudem passt die innovative Bauweise zu den schweizerischen Zielen der Emissionsreduktion und der Förderung klimafreundlicher Technologien.
Die Fertigstellung von Rocket&Tigerli ist für das Jahr 2026 vorgesehen. Es wird erwartet, dass das Projekt nicht nur ein Architekturhighlight darstellt, sondern auch Impulse für zukünftige Wohnbauprojekte weltweit gibt. Bereits heute zeigt sich eine steigende Nachfrage nach Holzhochhäusern: Das 2019 eröffnete Mjøstårnet in Norwegen, mit 85,4 Metern Höhe, war bis dato das höchste Holzgebäude der Welt. Rocket&Tigerli übertrifft diesen Rekord deutlich. Der Aufstieg der Holzhochhäuser steht im Kontext einer globalen Entwicklung hin zu nachhaltigerem Bauen.
Die Bauindustrie gilt als eine der größten Quellen von CO2-Emissionen, weshalb Architekten und Ingenieure nach klimafreundlichen Alternativen suchen. Holz bietet hier große Chancen, da es fossile Ressourcen ersetzt und dabei Ästhetik und Funktionalität vereint. Zudem überzeugen Holzbauten durch schnelle Bauzeiten und ein angenehmes Raumklima. Die Architektur von Rocket&Tigerli zeigt, dass Holz nicht nur ein traditioneller Baustoff für kleinere Häuser oder Innenausbauten ist, sondern auch für anspruchsvolle Großprojekte geeignet sein kann. Dabei wird deutlich, wie moderne Fertigungstechniken, Forschung und Design zusammenkommen, um die Grenzen des Möglichen zu erweitern.