Puerto Rico hat sich in den vergangenen Jahren als ein Hotspot für Kryptowährungsinvestoren etabliert und dabei durch verschiedene Steueranreize, vor allem durch das im Volksmund als Act 22 bezeichnete Gesetz, internationale Aufmerksamkeit erlangt. Mit dem Ziel, Investoren anzuziehen und gleichzeitig die wirtschaftliche Landschaft der Insel zu beleben, wurden Steuervergünstigungen für Einkünfte aus digitalen Vermögenswerten gewährt. Doch dieser populäre Status hat auch Schattenseiten, die nun verstärkt politisch und gesellschaftlich thematisiert werden. Im April 2025 hat die demokratische Abgeordnete Nydia Velázquez aus New York den Fair Taxation of Digital Assets in Puerto Rico Act eingeführt, welcher die bestehende Steuerpraxis für digitale Vermögenswerte reformieren soll. Dieser Gesetzesentwurf zielt darauf ab, das aktuelle Steuer-Schlupfloch zu schließen, das es reichen Kryptoinvestoren ermöglicht, ihre bundesstaatlichen Steuern zu umgehen, indem sie ihren Wohnsitz auf der Insel Puerto Rico deklarieren.
Die Gründe für den Vorstoß sind vielseitig. Seit Jahren nutzen wohlhabende US-Investoren das Steuersystem von Puerto Rico, um auf Einkünfte aus Krypto-Trading, Mining oder Staking keine bundesstaatlichen Kapitalertragssteuern zu zahlen, sofern sie mindestens 183 Tage pro Jahr auf der Insel verbringen. Diese Praxis hat zu erheblicher Kritik geführt. Kritiker argumentieren, dass die erhofften wirtschaftlichen Vorteile in Form von breiter lokaler Wertschöpfung und gesellschaftlichem Wohlstand nicht eingetreten sind. Stattdessen sehen viele eine verhärtete soziale Ungleichheit, steigende Mietpreise und Verdrängung einheimischer Bürger, die bereits mit einer Armutsrate von etwa 40 Prozent auf der Insel zu kämpfen haben.
Der von Velázquez eingebrachte Gesetzesentwurf möchte in erster Linie sicherstellen, dass Einnahmen aus digitalen Vermögenswerten, selbst wenn sie unter die Steueranreizprogramme wie Act 22 fallen, bundesstaatlich besteuert werden. Konkret bedeutet das, dass die finanziellen Vorteile, die vermögende Krypto-Investoren durch die Verlagerung ihres steuerlichen Wohnsitzes nach Puerto Rico bisher genießen, der Vergangenheit angehören würden. Die Bundessteuer würde somit auf sämtliche Gewinne aus digitalen Assets angewendet. Velázquez betont in diesem Zusammenhang, dass ihr Anliegen nicht darin besteht, die Autonomie Puerto Ricos im Bereich der lokalen Steuerpolitik einzuschränken, sondern vielmehr Steuerfairness auf US-Ebene zu schaffen. Das Thema ist von großer Bedeutung, da es die Balance zwischen wirtschaftlicher Entwicklung, sozialer Gerechtigkeit und staatlicher Einnahmepolitik betrifft.
Einerseits profitiert Puerto Rico von der Ansiedlung von Investoren, die Wohnungen kaufen, Unternehmen gründen und teilweise lokale Wohltätigkeitsorganisationen unterstützen. Andererseits zeigen Studien und Beobachtungen, dass der Einfluss dieser Investmentgruppen sich häufig auf bestimmte privilegierte Bevölkerungssegmente beschränkt und nicht zu einer nachhaltigen oder breit gefächerten Verbesserung der Lebensverhältnisse beiträgt. Einige der im Rahmen von Act 22 vorgeschriebenen gemeinnützigen Spenden werden zwar geleistet, jedoch wird deren Wirksamkeit und Verteilung oft als unzureichend eingeschätzt. Die Folgen für den lokalen Immobilienmarkt sind ein weiterer kontroverser Diskussionspunkt. Eine Untersuchung, die 2021 von einer Regierungsbehörde in Puerto Rico in Auftrag gegeben wurde, zeigte auf, dass zwischen 2015 und 2019 Empfänger von Act 22 mehr als 15.
000 direkte Arbeitsplätze geschaffen und über 1,3 Milliarden US-Dollar in den lokalen Immobilienmarkt investiert haben. Befürworter dieser Steuervergünstigungen argumentieren, dass solche Zahlen eine positive wirtschaftliche Hebelwirkung darstellen und Investitionen auf die Insel bringen, die langfristig Arbeitsplätze und Wachstum fördern. Kritiker hinterfragen jedoch, inwieweit diese Effekte tatsächlich der breiten Bevölkerung zugutekommen oder ob sie lediglich zu einer Gentrifizierung führen, die alteingesessene Bewohner verdrängt und den sozialen Zusammenhalt gefährdet. Darüber hinaus mahnen einige Experten an, dass die Zukunft Portoricos nicht nur von Finanzinvestitionen abhängt, sondern vielmehr von der Nachhaltigkeit und sozialen Verantwortung, die in die Entwicklung der Insel einfließen. Sie plädieren dafür, dass auch zukunftsweisende Investitionen, etwa in Bildung, Gesundheitsversorgung und den Klima- und Umweltschutz, gestärkt werden sollten.
Solche Maßnahmen könnten eine ausgewogenere wirtschaftliche Entwicklung fördern und dazu beitragen, die Ungleichheit langfristig zu reduzieren. Der Gesetzesentwurf von Velázquez wird im Kongress diskutiert, hat aber bisher noch keine Anhörung in einem Ausschuss erhalten. Die politische Unterstützung durch weitere demokratische Abgeordnete wie Alexandria Ocasio-Cortez aus New York und Delia Ramírez aus Illinois unterstreicht jedoch die wachsende Bedeutung des Themas. Es spiegelt sich hier eine breitere Debatte über die Regulierung von Kryptowährungen und deren Einfluss auf Steuerpolitik und Gesellschaft in den USA wider. Für Puerto Rico bietet diese Entwicklung eine Chance zur Neuausrichtung.
Die Insel könnte einen Mittelweg verfolgen, der Investitionen weiterhin willkommen heißt, aber zugleich sicherstellt, dass steuerliche Vergünstigungen nicht einseitig zu Gunsten weniger Wohlhabender gewährt werden und dabei die breite Bevölkerung benachteiligen. Solch ein Ansatz würde Transparenz und Gerechtigkeit in den Mittelpunkt stellen und helfen, das wirtschaftliche und soziale Potenzial der Insel nachhaltiger zu nutzen. Neben dem politischen Kontext spielt auch die öffentliche Wahrnehmung eine bedeutende Rolle. Viele Einwohner Puertoricos sehen die aktuelle Situation kritisch. Die steigenden Lebenshaltungskosten in vielen Vierteln, die durch die erhöhte Nachfrage nach Immobilien und Mietobjekten provoziert wurden, sind ein spürbarer Effekt des Kryptobooms.
Gleichzeitig wächst die Sorge, dass diese Entwicklung das traditionelle soziale Gefüge umgestaltet und alteingesessene Gemeinschaften auseinanderreißt. Weiterhin ist der Einfluss von Kryptowährungen auf die lokale Wirtschaft vielschichtig. Während einige Branchen wie Immobilien und Finanzdienstleistungen profitieren, bleibt unklar, ob die Krypto-bezogene Migration eine nachhaltige industrielle Basis schafft, die den Mittelstand und die breitere Bevölkerung stärkt. Ein Wachstum, das sich nur auf eine kleine Elite stützt, ist letztlich nicht tragfähig. Die Diskussionen rund um den Fair Taxation of Digital Assets in Puerto Rico Act verdeutlichen ein zentrales Spannungsfeld im Umgang mit neuen Technologien und der Finanzwelt.