Die maritime Industrie befindet sich im Wandel. Der steigende Druck zur Reduzierung von Emissionen, die Optimierung von Betriebskosten und die Erhöhung der Sicherheit an Bord treiben die Branche dazu, innovative Technologien zu integrieren. Ein herausragendes Beispiel für diese Entwicklung ist die jüngste Kooperation zwischen der in Singapur ansässigen Reederei Eastern Pacific Shipping (EPS) und dem Technologiekonzern Avikus, einer Tochtergesellschaft von HD Hyundai. Dabei hat EPS einen Retrofit-Vertrag abgeschlossen, um zwei seiner Schiffe mit einem KI-basierten Navigationssystem auszustatten, das signifikante Vorteile hinsichtlich Kraftstoffeinsparungen, Sicherheit und Effizienz verspricht. Dies ist nicht nur ein Meilenstein für EPS, sondern auch für Avikus, da es deren erste kommerzielle Nachrüstung außerhalb Koreas darstellt und das internationale Wachstum des Unternehmens fördert.
Die Herausforderung der maritimen Navigation ist komplex. Schiffe navigieren in oft wechselhaften meteorologischen Bedingungen und müssen dabei optimale Routen wählen, um Kraftstoffverbrauch und Reisezeit zu minimieren. Traditionell beruht die Navigation auf den Erfahrungen der Besatzung, manuellen Berechnungen und begrenzten elektronischen Hilfsmitteln. Durch die Integration von künstlicher Intelligenz (KI) tritt nun eine neue Ära an: Maschinen lernen fortlaufend aus Umgebungsdaten, analysieren vielfältige Parameter in Echtzeit und unterstützen Kapitäne bei präzisen und vorausschauenden Entscheidungen. Das von Avikus eingesetzte System HiNAS Control kombiniert Hardware- und Softwarekomponenten, um diese komplexen Anforderungen zu bewältigen.
Durch die Echtzeitverarbeitung von Sensordaten, maschinelles Lernen und intelligente Algorithmen wird das Schiff in der Lage sein, autonomere Routenentscheidungen zu treffen. Dabei werden verschiedenste Variablen berücksichtigt – von Strömungen und Windbedingungen bis hin zu Schiffsbeladung und aktuellem Treibstoffverbrauch. Das Ergebnis ist eine optimierte Navigation, die nicht nur den Kraftstoffverbrauch senkt, sondern auch die Betriebssicherheit erhöht. Ein weiterer wesentlicher Bestandteil des Systems ist HiNAS Cloud, eine cloudbasierte Plattform, die detaillierte Analysen der Reisen ermöglicht. Diese Plattform unterstützt sowohl die an Bord befindliche Crew als auch die in den Häfen oder Zentralen arbeitenden Teams durch tiefgehende Einblicke in die Datenlage.
Die operative Effizienz wird dadurch erheblich gesteigert, da auf dieser Grundlage fundierte Entscheidungen zur weiteren Optimierung der Flotte getroffen werden können. Besonders hervorzuheben ist, dass die Kombination aus Onboard-Technologie und cloudbasiertem System eine nahtlose Integration von Echtzeitdaten und strategischer Langzeitplanung erlaubt. EPS als einer der weltweit führenden Schiffseigner verfolgt schon seit längerem eine Digitalisierungsstrategie, die neben Automatisierung auch nachhaltige Schifffahrtspraktiken beinhaltet. Der Einstieg in die künstliche Intelligenz zur Schiffsführung ist ein logischer Schritt in diesem Kontext. Sachin Saharawat, technischer Direktor bei EPS, unterstreicht, wie diese Partnerschaft mit Avikus dazu beiträgt, die digitale Transformation zu beschleunigen und zugleich greifbare Leistungs- und Nachhaltigkeitsverbesserungen zu erzielen.
Gerade während steigender regulatorischer Anforderungen an Emissionsminderung und Umweltstandards ist es für Unternehmen essentiell, innovative Lösungen frühzeitig einzuführen. Darüber hinaus umfasst der Vertrag nicht nur die Installation der Hardware und Software an Bord, sondern auch das vollständige System-Commissioning und ein umfassendes Schulungsprogramm für die Crew. Die Schulungen erfolgen sowohl direkt an Bord als auch über fortlaufende Online-Trainingsmodule. Diese Kombination stellt sicher, dass die Besatzung nicht nur technisch geschult wird, sondern auch die optimalen Anwendungs- und Sicherheitsmaßnahmen im Umgang mit den neuen Systemen versteht. Die Bedeutung der menschlichen Komponente darf gerade bei autonomen Systemen nicht unterschätzt werden – die vertrauensvolle Zusammenarbeit von Mensch und Maschine ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor.
Für Avikus bietet der Auftrag mit EPS die Chance, seine bewährten Systeme international noch stärker zu etablieren. Das Unternehmen verfügt bereits über eine beeindruckende Referenz von über 350 Schiffen, die mit seinen Navigationsassistenzsystemen ausgestattet sind. In der Kombination von Neufahrzeugen und Nachrüstungen konnte Avikus seine Technologie ständig weiterentwickeln und an reale Anforderungen anpassen. Der internationale Durchbruch außerhalb Koreas zeigt die gestiegene Nachfrage weltweit nach KI-Lösungen im maritimen Sektor. Der Trend hin zu autonomen und KI-unterstützten Technologien ist nicht auf die Navigation allein beschränkt.
Bereits im Vorjahr nutzte EPS nachhaltige Innovationen mit der Auswahl des spanischen Unternehmens bound4blue, das automatisierte, windunterstützte Antriebssysteme (eSAIL) für neue Tankerschiffe liefert. Diese Innovationen ergänzen sich ideal, da sowohl effizienterer Antrieb als auch intelligente Navigation zusammen eine wesentliche Reduktion von Treibhausgasemissionen erreichen können. Die zunehmende Integration von künstlicher Intelligenz im Schiffsbetrieb steht im Einklang mit den globalen Bemühungen zur Dekarbonisierung der Schifffahrt. Internationale Organisationen wie die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (IMO) setzen ambitionierte Ziele zur Emissionsreduktion bis 2050. Dabei werden autonome Technologien als wichtige Hebel angesehen, um effizientere Routen zu fahren, Treibstoff effizient zu nutzen und die Sicherheit der Schiffe zu erhöhen.
Die Investitionen von EPS und Avikus sind somit nicht nur wirtschaftlich motiviert, sondern leisten auch einen Beitrag zu den Umweltzielen der internationalen Gemeinschaft. Sicherheitsaspekte spielen bei autonomen und KI-gestützten Systemen eine zentrale Rolle. Auf See, wo Wetterbedingungen schnell wechseln können und unerwartete Hindernisse auftreten, muss das System zuverlässig funktionieren und die Crew in Echtzeit unterstützen. Durch maschinelles Lernen verbessert das System kontinuierlich seine Entscheidungsfähigkeit, indem es aus früheren Erfahrungen lernt. Fehlfunktionen werden minimiert, und in kritischen Situationen kann die Mensch-Maschine-Kooperation Leben retten.
Avikus hebt hervor, dass ihre Technologie messbare Verbesserungen der Sicherheit an Bord liefert und gleichzeitig die Belastung der Besatzung reduziert. Wirtschaftlich betrachtet sorgt die verbesserte Routenplanung und präzisere Steuerung für spürbare Einsparungen, speziell im Kraftstoffverbrauch. Gerade in Zeiten schwankender Rohölpreise und steigender Umweltabgaben wird das Einsparpotenzial zunehmend attraktiver für Schiffseigner. Auch für die Kunden von EPS wirkt sich dies positiv aus, da der Transport nachhaltiger, kosteneffizienter und zuverlässiger durchgeführt werden kann. Neben Kosten- und Umweltvorteilen generiert die digitale Vernetzung durch Systeme wie HiNAS Cloud eine Fülle an Daten, die für künftige Innovationen genutzt werden können.
Das maritime Internet der Dinge (IoT) gewinnt dadurch an Bedeutung. Daten aus der Navigation, Wartungszuständen, Umweltinformationen und Crew-Aktivitäten fließen in intelligente Analyseplattformen ein. Dies erlaubt vorausschauende Instandhaltung, Echtzeit-Monitoring und optimierte Flottensteuerung. Die so entstehenden Erkenntnisse helfen, Betriebsabläufe weiter zu verbessern und den Lebenszyklus der Schiffe zu verlängern. Die Rolle Singapurs als wichtiger Schifffahrts- und Technologiestandort kommt in diesem Kontext des Projekts ebenfalls zum Tragen.
Singapur als einer der weltweit größten Umschlagshäfen und globales Zentrum für maritime Innovationen bietet ideale Voraussetzung für die Erprobung und Einführung neuer Technologien. Durch Partnerschaften wie diejenige zwischen EPS und Avikus wird der Standort weiter gestärkt und das maritime Ökosystem positiv beeinflusst. Insgesamt zeigt die Zusammenarbeit von Eastern Pacific Shipping und Avikus eindrucksvoll, wie die Verschmelzung von traditioneller Seefahrt und modernster künstlicher Intelligenz neue Perspektiven eröffnet. Die Nachrüstung von Schiffsflotten mit KI-basierter Navigation ist nicht länger Zukunftsmusik, sondern wird zur Realität, die Hand in Hand mit den Zielen einer nachhaltigen, sicheren und wirtschaftlichen Schifffahrt geht. Die Investitionen in solche Technologien sind langfristige Weichenstellungen, die sowohl ökologisch verantwortungsvoll als auch ökonomisch sinnvoll sind.
Während die Anforderungen an die maritime Industrie steigen, wird die Rolle von innovativen Technologielösungen immer zentraler. Die Geschichte von EPS und Avikus illustriert, wie entscheidend es ist, nicht nur in neue Schiffe zu investieren, sondern auch in die digitale Nachrüstung bestehender Einheiten. Diese Kombination aus technologischem Fortschritt, enger Zusammenarbeit und umfassendem Training der Menschen an Bord bildet die Grundlage für die erfolgreiche Transformation der Schiffsnavigation. Die Zukunft der Seeschifffahrt wird von solchen intelligenten Systemen geprägt, die Sicherheit erhöhen, Emissionen senken und den wirtschaftlichen Betrieb verbessern – ein Gewinn für alle Beteiligten.