Die Entscheidung, ein Startup zu gründen, ist eine der einschneidendsten beruflichen Veränderungen, die sich jemand vorstellen kann. Sebastian Hooker, einst Cloud Engineer bei Google und Microsoft, verließ im Juli 2023 seine sichere Anstellung, um ein eigenes Unternehmen zu starten. Heute, zwei Jahre später, blickt er auf eine Reise zurück, die von unsicherem Terrain, persönlichen Herausforderungen und erfüllenden Momenten geprägt ist. Seine Geschichte bietet wertvolle Einblicke für alle, die mit dem Gedanken spielen, den Sprung in die Selbstständigkeit zu wagen. Der Schritt in die Selbstständigkeit ist nie leicht, besonders wenn man eine gut bezahlte und stabile Position in der Tech-Branche aufgibt.
Für Hooker war das Alter ein entscheidender Faktor – mit Anfang 30 wollte er keine Zeit mehr verlieren, um unternehmerisch tätig zu werden. Damit verbunden war die Erkenntnis, dass ein finanzieller Rückschlag durchaus möglich ist und sich das Risiko nicht immer unmittelbar auszahlt. Trotz der anfänglichen finanziellen Einbußen sieht er den Weg als den erfüllendsten seiner beruflichen Laufbahn. Zu Beginn des Vorhabens war das Startup komplett bootstrapped, also ohne externe Finanzierung. Diese Phase war von Unsicherheiten geprägt, da jede Entscheidung genau abgewogen werden musste, um die Ressourcen optimal zu nutzen.
Doch sobald das Unternehmen die erste größere Kundenakquise erfolgreich abschloss, wurde klar, dass die Vision tragfähig ist. Im November 2024 entschied sich der Gründer daher, eine Pre-Seed-Finanzierungsrunde zu starten. Diese bedeutete einen wichtigen Meilenstein: Mit zusätzlichem Kapital konnten weitere Ingenieure eingestellt und professionalisierte Abläufe eingeführt werden, die für den Ausbau von Enterprise-Kunden unerlässlich sind. Die Erfahrung zeigt, dass Finanzierung nicht nur Geld bedeutet, sondern auch die Möglichkeit, Wachstum gezielt voranzutreiben und Risiken zu streuen. Gleichzeitig ist Hooker bewusst, dass der Wunsch, das Unternehmen komplett eigenfinanziert zu halten, nach wie vor stark ist.
Dennoch sprechen vor allem die Anforderungen der Kunden, wie Service-Level-Agreements und Support, für eine Professionalisierung der Firma. Ein Thema, das Sebastian Hooker sehr nahegeht, ist das Gesundheitssystem in den Vereinigten Staaten. Ohne die Absicherung über die Krankenversicherung seiner Frau würde sich sein persönlicher finanzieller Aufwand deutlich erhöhen. Gerade für Gründer ohne sozialen Sicherheitsnetz fällt es oft schwer, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Das US-Gesundheitssystem bindet Arbeitnehmer auf eine Weise an ihre Arbeitgeber, die über Gehalt und Karrierechancen hinausgeht.
Eine Reform hin zu einer flächendeckenden Krankenversicherung könnte laut Hooker zu einem unternehmerischen Aufschwung führen, indem mehr Menschen ermutigt werden, Risiken einzugehen und eigene Unternehmen zu gründen. Der Alltag eines Gründers ist dabei nicht nur von beruflicher Leidenschaft geprägt, sondern auch von der psychischen Belastung. Während die Arbeitswoche mit zahlreichen Meetings, Produktentscheidungen und Kundeninteraktionen gefüllt und motivierend sein kann, bringen die Wochenenden oft eine vollkommen andere Stimmung mit sich. Ohne die wöchentliche Geschäftigkeit setzt häufig Selbstzweifel ein. Diese Phasen der Reflexion sind einerseits wichtig, um die persönliche Balance zu halten, können aber auch frustrierend sein und Zweifel an der eigenen Zukunft hervorrufen.
Das Bewusstsein darüber, eine klare Vorstellung davon zu haben, was nach einer möglichen Geschäftsaufgabe kommen würde, fehlt oftmals. Soziale Vergleiche rücken ebenfalls in den Fokus. Gespräche mit ehemaligen Kollegen, die weiterhin die Karriereleiter in großen Unternehmen erklimmen, reichen aus, um an den eigenen Entschluss zu zweifeln. Die regelmäßigen, sicheren Einkommen und abgestuften Aufstiegsmöglichkeiten in Firmen finden bei manchem Gründer ihren Reiz, da sie finanzielle und persönliche Sicherheit bieten. Gleichzeitig erinnern sich viele, eben auch Hooker, an den Beschwerdepunkt Bürokratie, Politik und mangelnde Authentizität, die den früheren Alltag geprägt haben.
Der heutige Weg, die Anerkennung direkt von den Kunden zu erhalten, ist zwar härter, aber auch nachhaltiger und befriedigender. Eine der größten Herausforderungen ist es, die Identität des eigenen Erfolgs von der Entwicklung des Unternehmens zu trennen. Die Gründer neigen naturgemäß dazu, ihr Lebensgefühl stark mit der Performance ihres Startups zu verknüpfen. Wie Sebastian Hooker berichtet, besteht oft eine sogenannte Knappheitsmentalität, eine Angst davor, zu scheitern oder zurückzufallen in eine „sichere“ altbekannte Rolle. Jobsuchen werden teilweise als psychologischer Anker genutzt, um das aktuelle Selbstvertrauen zu stützen und sich selbst zu versichern, noch immer fähig zu sein, auf traditionellem Karriereweg erfolgreich zu sein.
Um diese komplexe Lage zu meistern, hat Hooker eine Art Prüfstein für den Fortbestand seiner Firma eingeführt: Er fragt sich wöchentlich, wer enttäuscht wäre, wenn das Unternehmen morgen nicht mehr existieren würde. Diese Fragen und das Aufschreiben der größten Befürworter sind für ihn ein klarer Kompass, um das fortwährende Marktfeedback nicht aus den Augen zu verlieren. Der enge Kontakt zu den Kunden und die konsequente Orientierung an deren Bedürfnissen helfen, das Produkt so zu verbessern, dass es echten Mehrwert bietet. Die Gründung eines Startups bedeutet daher weit mehr als nur wirtschaftlichen Erfolg. Es ist eine Reise voller persönlicher Entwicklung, Selbstreflexion und der Suche nach Sinnhaftigkeit im Tun.
Für viele Gründer wie Sebastian Hooker stehen Leidenschaft und der Wille, etwas Nachhaltiges zu schaffen, im Vordergrund, während finanzielle Absicherung zu Anfang eher sekundär ist. Darüber hinaus zeigt die Erfahrung, dass besonders in so herausfordernden Märkten wie den USA strukturelle Veränderungen nötig sind, um Unternehmertum attraktiver zu gestalten. Sozialpolitische Rahmenbedingungen spielen hier eine ebenso große Rolle wie unternehmerische Fähigkeiten und strategische Entscheidungen. Wer heute ein Startup gründet, muss flexibel, belastbar und offen für ständigen Wandel sein. Die Fähigkeit, aus Misserfolgen zu lernen und zugleich die Vision nicht aus den Augen zu verlieren, zeichnet erfolgreiche Gründer aus.
Abschließend lässt sich sagen, dass die ersten zwei Jahre eines Startups eine Zeit intensiven Lernens bedeuten. Sie bieten eine einmalige Gelegenheit, eigene Grenzen zu erkennen, stetig an der Verbesserung des Produkts zu arbeiten und einen Weg zu finden, finanzielle und persönliche Ziele in Einklang zu bringen. Die Erfahrung von Sebastian Hooker zeigt, dass der Mut, den sicheren Hafen zu verlassen, Risiken mit sich bringt, aber auch Chancen eröffnet, die sonst vermutlich unerreichbar blieben. Für viele ist genau dieser Weg der Beginn einer langfristigen, erfüllenden Karriere als Unternehmer.