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Bir Tawil – Das Land, das keine Nation will: Ein Blick auf das letzte unbeanspruchte Gebiet der Erde

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Welcome to the land that no country wants (2016)

Bir Tawil ist ein einzigartiges geografisches und politisches Kuriosum, das zwischen Ägypten und dem Sudan liegt und von keinem Staat beansprucht wird. Dieses Gebiet offenbart spannende Einsichten in die Komplexität von Grenzen, Kolonialgeschichte und moderner Staatsbildung, während es gleichzeitig als Symbol für territoriale Ambiguitäten und legale Grauzonen fungiert.

Mitten in der trockenen Wüste Nordafrikas, eingebettet zwischen Ägypten und Sudan, befindet sich ein Stück Land, das weltweit einzigartig ist – Bir Tawil. Diese Region gilt als letzte „terra nullius“ – ein Gebiet, das von keinem Staat beansprucht wird und somit praktisch staatenlos bleibt. Solch ein Phänomen ist heute so selten wie faszinierend, denn in einer Welt, die von festen Grenzen und klaren territorialen Zuständigkeiten geprägt ist, offenbart Bir Tawil die fragilen und dynamischen Prozesse, die Staaten und deren Grenzen definieren. Die Geschichte dieses Gebietes ist mehr als nur eine kuriose Fußnote auf Landkarten; sie erzählt von Kolonialverträgen, geopolitischen Streitigkeiten und persönlichen Abenteuern. Die Entdeckung von Bir Tawil und dessen paradoxe Position sind das Ergebnis komplexer historischer Beziehungen zwischen Ägypten und Sudan, die bis in die Kolonialzeit zurückreichen.

Im Jahr 1899 wurde durch einen Vertrag zwischen Großbritannien und Ägypten der Grenzverlauf zwischen den beiden Gebieten festgelegt, der eine gerade Linie entlang des 22. Breitengrades zog. Drei Jahre später erfolgte eine Anpassung, die die Verwaltung des Gebiets um den Berg Bartazuga, südlich des 22. Breitengrades, Ägypten zuordnete, während das größere Gebiet der Hala’ib-Dreieck nördlich des 22. Breitengrades an den Sudan fiel – aufgrund der dort ansässigen Volksgruppen.

Die unterschiedlichen Interpretationen und Ansprüche auf diese Gebiete führten in der Folge zu einem Grenzstreit, der bis heute andauert. Im Wesentlichen beruht der ungelöste Territorialkonflikt zwischen Ägypten und Sudan darauf, dass beide Länder Anspruch auf das Hala’ib-Dreieck erheben. Doch dieses umstrittene Gebiet hat eine höchst spezielle Folge: Bir Tawil, das im Gegensatz dazu eine weniger wertvolle, wasserlose und schwer zugängliche Fläche ist, fällt durch die jeweiligen Ansprüche aus beiden Staatsgebieten heraus. Während Ägypten Bir Tawil auf sudanesischem Gebiet sieht, ordnet Sudan das Gebiet Ägypten zu. Aus Angst, durch eine territoriale Beanspruchung Bir Tawils ihre Ansprüche auf das bedeutende Hala’ib-Dreieck zu verlieren, vermeidet es jeder der beiden Staaten, das Gebiet offiziell zu beanspruchen.

So entsteht ein kleiner Flecken Land mit rund 800 Quadratmeilen, der offiziell als „niemandes Land“ gilt. Für gewöhnlich sind Grenzen auf Karten klare Linien, die politische Souveränität und Verwaltung festlegen, doch Bir Tawil zeigt, wie künstlich und fragil Grenzen sein können. Sie spiegeln häufig historische Machtverhältnisse, koloniale Abmachungen und die Interessen der Mächtigen wider, nicht aber notwendigerweise die Realität vor Ort. Die Bewohner und nomadischen Stämme dieser Region verfügen über traditionelle Bewegungs- und Nutzungsrechte, die von modernen Staatsgrenzen unberührt bleiben. Im Jahr 2014 sorgte eine außergewöhnliche Aktion für weltweite Aufmerksamkeit: Jeremiah Heaton, ein amerikanischer Farmer aus Virginia, unternahm eine Reise ins Herz dieses Niemandslandes, um für seine Tochter Emily eine Prinzessin zu erschaffen.

Nachdem Emily ihn gefragt hatte, ob sie jemals eine richtige Prinzessin sein könne, entdeckte er Bir Tawil und „beanspruchte“ das Gebiet für sich und seine Tochter. Heaton proklamierte die Gründung des „Königreichs von Nord-Sudan“ (Kingdom of North Sudan), setzte seine Tochter als Prinzessin ein und machte medienwirksam auf sein neu gegründetes Territorium aufmerksam. Die Idee eines Mannes, der aus Liebe zu seiner Tochter ein Königreich in einer einsamen Wüste gründen will, erzeugte große mediale Resonanz – von belustigenden bis kritischen Kommentaren. Einige betrachteten Heaton als modernen Abenteurer und Träumer, andere warnten vor neo-kolonialen Übergriffen, insbesondere angesichts der historischen Bedeutung von terra nullius als rechtliche Begründung für Kolonialisierung und Landnahme an indigene Völker in der Geschichte. Über solche individuellen Ansprüche hinaus zeigt Bir Tawil vor allem eines: Grenzen sind wandelbar, oft das Ergebnis politischer Kompromisse, historischer Zufälle und machttaktischer Überlegungen.

Sie sind jedoch nicht unbedingt für die Ewigkeit bestimmt. Die Ambiguität um Bir Tawil erinnert uns daran, wie fragil die heutige politische Weltordnung ist und dass bestimmte Gebiete jenseits der staatlichen Ordnung existieren können, zumindest vorübergehend. Als Journalist und Autor hat Jack Shenker Anfang des Jahrzehnts persönlich versucht, Bir Tawil zu erreichen und mehr über dieses Gebiet und seine Hintergründe zu erfahren. Seine Reise begann in der sudanesischen Hauptstadt Khartum, von wo aus er sich mit einem Begleiter in das weite, unwirtliche Nubische Wüstengebiet begab. Die Reise selbst war von großen Herausforderungen geprägt, von der Suche nach einer geeigneten Transportmöglichkeit bis hin zur Auseinandersetzung mit lokalen Sicherheitskräften.

Selbst die ungeplante Eingewahrsamnahme durch Sicherheitsbehörden unterstrich die Komplexität und brisante Natur der Region und ihrer politischen Subtilitäten. Unterwegs begegneten sie argwöhnischen Militärpatrouillen, Goldsuchern, die in der Wüste ihr Glück versuchten, und den Karawanen der nomadischen Stämme, die Bir Tawil traditionell als Weidegebiet nutzen. Das Land ist höchst unwirtlich, ohne permanente Siedlungen, ohne fruchtbares Land oder Wasserquellen. Dennoch spiegelt seine Geschichte jahrtausendelange menschliche Aktivität wider, etwa durch die Nähe zu historischen Stätten wie dem Berg Jebel Barkal, der einst als heiliger Ort und Zentrum nubischer Königreiche diente. Die Armut der Gegend und die Präsenz von akuten Sicherheitsrisiken machten die Erforschung und mögliche zukünftige Nutzung des Gebietes schwierig.

Doch Bir Tawil bietet auch Anlass zum Nachdenken über den Umgang mit Grenzen, politischer Zugehörigkeit und sogar Ideen von Staatsgründung in einer globalisierten Welt, die gleichzeitig wieder nationalistische Tendenzen erlebt. Was verbirgt sich hinter der Faszination von unbeanspruchtem Land in unserer Zeit? Bir Tawil verkörpert den Traum vom unerschlossenen Raum, von Freiheit abseits des Staates und seinen Regulierungen – ein Mythos, der in der Realität aber oft an historische und soziale Komplexitäten stößt. Der Freiraum, der den Träumen von Abenteurern und idealistischen Staatsgründern offensteht, ist hierbei von der politischen Realität jenes Raumes begrenzt. Die sogenannte „Landgrabbing“-Welle, bei der internationale Konzerne und Staaten riesige Landflächen in Afrika pachten oder kaufen, zeigt einen weiteren Aspekt der geopolitischen Verschiebungen. Selbst scheinbar wertlose Wüstenflächen werden durch „Begrünungsprojekte“ oder mineralische Ressourcen plötzlich interessant, was wiederum lokale Gemeinschaften und deren Rechte vor neue Herausforderungen stellt.

Bir Tawil ist damit mehr als nur eine geographische Besonderheit. Es ist ein Symbol für die Unbeständigkeit von Grenzen, aber auch für die Konflikte, die durch deren Veränderungen entstehen. Die Tatsache, dass niemand offiziell für das Gebiet verantwortlich ist, spiegelt eine gewisse Rat- oder Machtlosigkeit der Staaten wider – zumal auch Interessen an angrenzenden Gebieten überschneiden. Vom oft romantisierten Bild eines „unbeanspruchten“ Landes sollte man sich jedoch nicht täuschen lassen: Die Weber menschlicher Gemeinschaften, kulturelle Bindungen an das Land und die Geschichte der Region prägen auch Bir Tawil. Die Sprache von terra nullius, die das Gebiet so oft beschreibt, wird der Realität nicht gerecht, da sie von Juristen und Historikern traditionell für Kolonialherrschaft und Aneignung missbraucht wurde.

Heute verbindet sich Bir Tawil mit Fragen der globalen Gerechtigkeit, politischer Zugehörigkeit und dem Anspruch auf Selbstbestimmung. Der Traum, Grenzen zu überschreiten oder neue Souveränitäten jenseits etablierter Staaten zu schaffen, klingt für viele verlockend, ist jedoch in der Praxis durch bestehende Machtstrukturen und historische Kontexte streng limitiert. Letztlich stellt Bir Tawil eine Einladung dar, politische und territoriale Konzepte zu hinterfragen: Wie selbstverständlich sind Grenzen? Wem nützen sie? Und welche Möglichkeiten gibt es, neue Formen der Zugehörigkeit und Staatlichkeit zu denken? Während die Welt draußen über neue Verschiebungen von Macht und Territorien debattiert, liegt im wüstengesäumten Niemandsland Bir Tawil ein stiller Zeuge der komplexen Realität moderner Grenzen. Mit der zunehmenden Dynamik geopolitischer Entscheidungen, Migration und globaler Umwälzungen wird Bir Tawil zu einem Sinnbild für jene Orte und Zustände, die jenseits des offiziell Anerkannten existieren und dort, wo sich der formale Rechtsrahmen auflöst, den Spielraum für neue Verhandlungen über Raum und Souveränität eröffnen. Die Faszination für das Land, das keine Nation will, liegt daher auch im Spannungsfeld von Vergangenheit, Gegenwart und möglichen Zukünften unserer Weltordnung.

Bir Tawil mahnt daran, sich mit der eigenen politischen Landschaft und den Grenzen unserer Gesellschaften auseinanderzusetzen. Nicht durch Flucht in unbekannte Wüstenregionen, sondern durch aktives Engagement und konstruktive Auseinandersetzung mit den sozialen und politischen Herausforderungen vor unserer Haustür können wir die wahren „Terra nullius“ in unserem Alltag verwandeln – jene Räume, die im Alltag der Menschen durch soziale Ausgrenzung, ökonomische Ungleichheit und politische Vernachlässigung entstehen. So bleibt Bir Tawil ein Ort der Rätsel, ein Motiv für Debatten und ein Spiegel unserer globalisierten Gegenwart.

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