Marktforschung ist für Unternehmen und Gründer ein unverzichtbares Werkzeug, um die Bedürfnisse und Wünsche ihrer Zielgruppe zu verstehen. Doch wie viel Marktforschung ist wirklich notwendig? Wann ist zu wenig Risikobereitschaft gefährlich und wann birgt zu viel Recherche die Gefahr, wichtige Chancen zu verpassen? Diese Fragen beschäftigen viele, die vor der Aufgabe stehen, ein neues Produkt zu entwickeln oder eine Dienstleistung am Markt zu platzieren. Der Schlüssel liegt darin, die richtige Balance zu finden, die den Aufwand der Recherche mit der Komplexität und dem Umfang des Projekts in Einklang bringt. Der Einstieg in die Marktforschung beginnt oft mit der grundlegenden Erkenntnis, dass jede Situation anders ist. Eine pauschale Antwort auf die Frage, wie viel Marktforschung nötig ist, gibt es nicht.
Es hängt stark davon ab, wie groß die geplante Investition ist, wie komplex das Produkt oder die Dienstleistung ist und wie hoch das Risiko bei einer Fehleinschätzung der Kundenbedürfnisse ist. Ein kleines Software-Projekt mit begrenztem Budget und relativ einfacher Funktionsweise benötigt weniger umfangreiche Marktforschung als die Entwicklung eines völlig neuen Produkts für einen unbekannten Markt. Ein Ratschlag, der häufig gegeben wird, lautet: "Wenn du dir unsicher bist, fang klein an und teste schnell am Markt." Dies bedeutet, lieber ein minimal funktionsfähiges Produkt (Minimum Viable Product, MVP) zu entwickeln und es einer echten Kundengruppe zu zeigen, statt Monate mit theoretischen Analysen zu verbringen. Auf diese Weise erhält man direktes Feedback und kann das Produkt basierend auf realen Bedürfnissen iterativ verbessern.
Diese „Ready, Fire, Aim“-Strategie erfreut sich zunehmender Beliebtheit, insbesondere in schnelllebigen Branchen wie der Softwareentwicklung. Doch Vorsicht: Trotz der Vorteile schneller Prototypen darf man die Bedeutung von Kundenkommunikation nicht unterschätzen. Selbst bei einem „Small Coding“-Projekt lohnt es sich, ein paar Stunden mit potenziellen Nutzern zu sprechen. Solche Gespräche helfen, die Prioritäten besser zu verstehen und technische Ressourcen gezielter einzusetzen. Je größer das Projekt, desto wichtiger wird die intensive Marktanalyse vor dem ersten Entwicklungsschritt.
Oft lässt sich sagen: Der Aufwand für die Marktforschung sollte in etwa zum Umfang der geplanten Lösung passen. Erfahrung spielt eine große Rolle bei der Einschätzung, wie viel Recherche angemessen ist. Wer schon mehrere Projekte begleitet hat, entwickelt mit der Zeit ein Gespür dafür, welche potenziellen Risiken und Fallstricke zu bedenken sind. Ein hilfreicher Denkanstoß ist, sich zu fragen, ob man rückblickend bereuen würde, nicht mehr Zeit in die Marktforschung investiert zu haben. Gerade Anfänger sind hier oft unsicher, weil sie die Komplexität des Marktes und das Verhalten der Kunden noch nicht vollends einschätzen können.
Die Methoden der Marktforschung haben sich mit der Digitalisierung stark verändert. War früher eine ausführliche Umfrage oder eine lange Präsentation mit statistischen Auswertungen der Standard, so setzen viele heute auf schnellere und pragmatischere Ansätze. Anstelle von PowerPoint-Präsentationen und detaillierten Wunschlisten sind Prototypen und echte Anwendungsbeispiele in der Kundenansprache oftmals überzeugender. Diese bieten eine greifbare und realistische Vorstellung vom Produkt und ermöglichen schnelleres Feedback. Dennoch haben auch Kunden ihre Grenzen, wenn es um die Nennung ihrer Wünsche geht.
Manchmal kennen sie ihre Bedürfnisse nicht vollständig oder kommunizieren diese nur ungenau. Kundeninterviews können wichtige Einblicke liefern, doch sie eignen sich nicht immer, um sämtliche Aspekte des Marktes abzudecken. Es kann daher sinnvoll sein, verschiedene Methoden zu kombinieren – qualitative Gespräche, quantitative Umfragen, Beobachtungen und Markttests. Ein weiterer Aspekt ist der Kontext des Produkts und der Zielgruppe. In manchen Märkten, zum Beispiel bei Nischenprodukten oder Innovationen in noch wenig erforschten Bereichen, ist intensive Forschung nötig, um überhaupt zu verstehen, was Kunden wollen oder akzeptieren.
In anderen Fällen, beispielsweise bei bekannten Produktkategorien mit klar definierten Kundenbedürfnissen, reicht manchmal eine kurze Validierung, bevor die Entwicklung startet. Darüber hinaus ist zu beachten, dass zu viel Marktforschung auch hemmend wirken kann. Es besteht die Gefahr, sich in endlosen Analysen zu verlieren und dadurch Geschwindigkeit und Innovationskraft zu verlieren. Dieses „Paralysis by Analysis“ genannte Phänomen führt oft zu verspäteten Produkteinführungen oder verpassten Marktopportunitäten. Daher sollte Marktforschung immer zielgerichtet stattfinden und eng mit den Entwicklungsprozessen verzahnt sein.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die richtige Dosierung der Marktforschung immer eine Gratwanderung ist. Zu wenig Vorarbeit birgt das Risiko, an den Bedürfnissen der Kunden vorbeizuentwickeln, während zu viel Recherche Chancen und Agilität einschränken kann. Durch den Aufbau von Erfahrung, die Orientierung an der Komplexität des Projekts und die Kombination verschiedener Forschungsmethoden lassen sich diese Risiken minimieren. Der beste Weg ist meist, schnell kleine Schritte zu gehen, von Kunden zu lernen und die Marktforschung als kontinuierlichen Prozess zu verstehen, der sich flexibel an das jeweilige Vorhaben anpasst.