Viele Fitnessenthusiasten streben danach, stärker zu werden und gleichzeitig Verletzungen zu vermeiden. Ein Schlüssel dazu liegt oft in einem Element des Trainings, das leicht übersehen wird: den exzentrischen Übungen. Anders als bei konventionellen Trainingsmethoden, bei denen der Fokus meist auf der konzentrischen Muskelkontraktion – also dem Anspannen und Verkürzen der Muskeln – liegt, fördern exzentrische Übungen die Verlängerung der Muskeln unter Spannung. Dies kann erstaunliche Vorteile für Kraft, Muskelwachstum und die Gesundheit der Sehnen bieten. Beim Training denken viele zuerst an das Heben von Gewichten, bei dem die Muskeln aktiv verkürzen, wie zum Beispiel beim Hochziehen bei einem Bizepscurls.
Doch die Phase, in der das Gewicht abgesenkt wird – die exzentrische Phase – ist mindestens genauso wichtig, wird aber oft vernachlässigt. Während der exzentrischen Phase arbeiten die Muskeln gegen die Schwerkraft, während sie sich gleichzeitig verlängern. Diese Art der Muskelbelastung erfordert zwar auf den ersten Blick weniger Energie, bewirkt aber eine intensivere Muskelbeanspruchung und letztlich größeren Trainingseffekt. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass unsere Muskeln in der Lage sind, bei exzentrischen Bewegungen deutlich mehr Kraft zu entwickeln als bei konzentrischen. Das bedeutet, dass gerade beim kontrollierten Absenken von Gewichten oder bei Übungen, die eine Verlängerung der Muskulatur unter Last fordern, besonders hohe Belastungen auf den Muskel einwirken können.
Diese Belastung ist wiederum ein essentieller Reiz, um Muskelwachstum zu stimulieren und die Kraft nachhaltig zu steigern. Ein weiterer großer Vorteil exzentrischer Übungen liegt in der schonenden Belastung der Gelenke und Sehnen. Während das Heben schwerer Gewichte die Gelenke stark beanspruchen kann, verteilen exzentrische Bewegungen die Kraft anders und helfen dabei, die Sehnenfasern zu stärken und zu verdicken. Dies erhöht die Stabilität der Gelenke und reduziert langfristig das Risiko von Verletzungen. Gerade für Sportler oder Menschen, die sich von Verletzungen erholen, können exzentrische Übungen ein wertvolles Instrument sein, um die Muskulatur aufzubauen, ohne die Gelenke übermäßig zu strapazieren.
Besonders wirksam ist das fokussierte Training der exzentrischen Phase, wenn die Absenkbewegung des Gewichts bewusst kontrolliert und verlangsamt wird. Beispielsweise kann man beim klassischen Bizepscurl die Hantel in der Phase des Herablassens nicht einfach fallen lassen, sondern gezielt über mehrere Sekunden absenken. Diese Verlangsamung erhöht den Muskelreiz und fordert die Muskulatur intensiver als schnelle, unkontrollierte Bewegungen. In der Praxis gibt es viele Möglichkeiten, das Training exzentrisch zu gestalten. Übungen wie die Kniebeuge, bei denen das Absinken gespielt wird, oder negative Klimmzüge, bei denen man sich langsam von der Stange absenkt, können leicht in jedes Trainingsprogramm eingebaut werden.
Zusätzlich bieten spezialisierte Geräte in modernen Fitnessstudios die Möglichkeit, exzentrische Belastungen zu isolieren und gezielt zu steigern. Die Vorteile exzentrischer Übungen gehen über die reine Muskelkraft hinaus. Experten weisen darauf hin, dass gerade ältere Menschen von einem Training profitieren, das exzentrische Bewegungen fokussiert. Im Alter neigen Sehnen und Bänder zu Degeneration, was das Sturzrisiko und Verletzungen erhöht. Durch exzentrisches Training können diese Strukturen gestärkt und widerstandsfähiger gemacht werden, was ein wichtiger Beitrag zur Erhaltung der Mobilität und Lebensqualität ist.
Ein weiterer interessanter Aspekt ist die sogenannte verzögerte Muskelkater (DOMS), die vor allem nach intensiven exzentrischen Einheiten auftritt. Obwohl dieser Muskelkater zunächst unangenehm sein kann, ist er ein Zeichen dafür, dass Muskelfasern Mikroverletzungen erlitten haben, die im Regenerationsprozess zu stärkerer Muskulatur führen. Wichtig ist hier, das Training langsam zu steigern und dem Körper ausreichend Regenerationszeit zu geben, um Überlastung und Verletzungen zu vermeiden. Im Vergleich zu herkömmlichen Trainingseinheiten kann ein stark exzentrisches Training mit weniger Ermüdung bei gleichzeitig höherer Kraftentwicklung kombiniert werden. Das bedeutet, dass Sportler und Fitnessbegeisterte ihre Leistung effektiv steigern können, ohne sich länger erschöpft zu fühlen.
Dies macht es auch zu einer ausgezeichneten Methode für Athleten in der Vorbereitungsphase oder Menschen mit eingeschränkter Trainingskapazität. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass exzentrische Übungen eine unverzichtbare Ergänzung für jedes Trainingsprogramm darstellen. Sie bieten nicht nur eine hervorragende Möglichkeit, Muskelkraft und Masse zu vergrößern, sondern unterstützen auch die Gesundheit der Sehnen und Gelenke und helfen so langfristig Verletzungen zu vermeiden. Wer sich intensiver mit diesem Training befasst und die exzentrische Phase gezielt in sein Workout integriert, kann von nachhaltigen Verbesserungen in Kraft, Stabilität und allgemeiner Fitness profitieren. Der Einstieg in das exzentrische Training erfordert keine besonderen Vorkenntnisse oder spezielle Ausrüstung.
Bereits kleine Anpassungen im eigenen Trainingsstil, etwa bewusst langsames Absenken der Gewichte und Fokus auf die Muskelverlängerung, können große Effekte erzielen. Für Menschen, die sich unsicher fühlen oder Verletzungen haben, ist es ratsam, mit einem erfahrenen Trainer oder Therapeuten zusammenzuarbeiten, der die richtige Dosierung und Technik vermitteln kann. Letztlich bietet das exzentrische Training eine faszinierende Möglichkeit, das Trainingspotenzial zu erweitern und zugleich den Körper zu schützen. Es lohnt sich, diesen Ansatz in den eigenen Trainingsalltag zu integrieren und so zielgerichtet stärker zu werden und Verletzungen effektiv vorzubeugen.