In den letzten Jahren hat sich ein besorgniserregender Trend in der internationalen Wissenschaftsgemeinschaft abgezeichnet: Immer mehr wissenschaftliche Konferenzen, die traditionell in den Vereinigten Staaten stattfanden, werden verschoben, abgesagt oder ins Ausland verlegt. Hauptursache dafür sind die wachsenden Ängste und Unsicherheiten, die mit der US-Grenz- und Einwanderungspolitik verbunden sind. Diese Entwicklung hat weitreichende Konsequenzen für Forscherinnen und Forscher sowie für den wissenschaftlichen Fortschritt weltweit. Die Vereinigten Staaten galten lange als ein Zentrum der wissenschaftlichen Innovation und als Magnet für Talente aus aller Welt. Internationale Konferenzen boten eine Plattform für den Austausch neuester Forschungsergebnisse, gemeinsame Projekte und persönliche Vernetzung, die für eine erfolgreiche Karriere in der Wissenschaft unerlässlich ist.
Doch die zunehmenden Einreisebeschränkungen und Kontrollen an den US-Grenzen haben die Teilnahme für viele ausländische Wissenschaftler erheblich erschwert und verunsichert. Ein wesentlicher Faktor für diese Entwicklung sind strengere Visa-Vorgaben und wiederholte Berichte über langwierige Kontrollverfahren an Flughäfen, häufige Ablehnungen von Einreiseanträgen sowie Fälle von Festnahmen und Befragungen, die sich besonders gegen internationale Forschende richten. Wissenschaftler berichten von Ängsten, durch solche Erfahrungen ihre Forschungspläne oder gar die Karriere gefährdet zu sehen, was die Bereitschaft mindert, an Kongressen in den USA teilzunehmen. Diese Unsicherheiten wirken sich unmittelbar auf die Veranstalter von Konferenzen aus. Institutionen und Organisationen, die bisher auf den USA als Veranstaltungsort gesetzt haben, sehen sich zunehmend gezwungen, Meetings zu verschieben, komplett abzusagen oder alternative Austragungsorte in Europa, Asien oder Kanada zu wählen.
Dieser Trend ist nicht nur auf einzelne Fachgebiete begrenzt, sondern betrifft eine Vielzahl von Wissenschaftsbereichen, von den Lebenswissenschaften über die Physik bis hin zu angewandter Technik. Die Verlagerung von Konferenzen ins Ausland hat vielfältige Auswirkungen. Für internationale Forscherinnen und Forscher reduziert sich der Aufwand und das Risiko, wenn Reisen zu Veranstaltungen außerhalb der USA einfacher, sicherer und planbarer sind. Zugleich wird jedoch die wissenschaftliche Präsenz der USA auf globaler Ebene geschwächt, was langfristig Folgen für den akademischen Austausch und die Innovationskraft des Landes haben kann. Darüber hinaus steht hinter der Sorge um Grenzformalitäten auch eine breitere Debatte über die Bedeutung von Offenheit und Vielfalt in der Wissenschaft.
Forschung lebt vom freien Ideenfluss und der Zusammenarbeit über Grenzen hinweg. Einschränkungen bei der Mobilität gefährden nicht nur einzelne Projekte, sondern untergraben ein fundamentales Prinzip der wissenschaftlichen Gemeinschaft. Die Beweggründe für die Verschärfung der US-Einwanderungspolitik sind vielschichtig und oft politisch motiviert. Verschärfte Sicherheitsmaßnahmen sollen zwar legitime Sicherheitsinteressen_ADDRESSERWÄHNEN, ein fester Bestandteil der Einwanderungspolitik sind jedoch auch administrative Hürden, die weniger zwingend mit nationaler Sicherheit zu tun haben. Für viele Forschende führt das zu einer subjektiven Wahrnehmung, als wären sie gezielt Zielscheiben einer restriktiven Politik.
Innerhalb der akademischen Gemeinschaft reagieren Universitäten, Forschungseinrichtungen und wissenschaftliche Verbände auf diese Herausforderungen mit unterschiedlichsten Maßnahmen. Einige bieten nun virtuelle Konferenzen als Alternative an, andere bemühen sich verstärkt um Lobbyarbeit, um politische Entscheidungsträger auf die negativen Konsequenzen restriktiver Einwanderung aufmerksam zu machen. Trotz dieser Bemühungen bleibt die Lage angespannt. Der Verlust von Konferenzen in den USA kann auch ökonomische Auswirkungen haben. Wissenschaftliche Tagungen generieren bedeutende Umsätze für die lokalen Wirtschaften, sei es durch Hotelbuchungen, Gastronomie oder kulturelle Veranstaltungen.
Eine Abwanderung der Veranstaltungen schwächt nicht nur den wissenschaftlichen, sondern auch den wirtschaftlichen Standort und das internationale Prestige der USA. Für Forschende aus Ländern mit besonders restriktiven Visa-Bestimmungen – darunter viele aus Asien, Afrika und Lateinamerika – wirken die verschärften Einreisebestimmungen abschreckend. Dabei ist die Diversität der Teilnehmer nicht nur eine Bereicherung, sondern oft auch entscheidend für innovative Ansätze und eine ausgewogene Betrachtung von Forschungsthemen. Die Einbindung verschiedenster Perspektiven sichert eine hohe wissenschaftliche Qualität. Eine Rückkehr zu einer offen gestalteten, transparenten und fairen Einreisepolitik könnte daher der Schlüssel sein, um der Abwanderung von Konferenzen entgegenzuwirken.
Einige Fachgesellschaften fordern daher, dass selbst in sicherheitspolitisch anspruchsvollen Zeiten wissenschaftliche Zusammenarbeit nicht geopfert werden sollte. Ein positives Signal aus der Politik würde sowohl den wissenschaftlichen als auch den kulturellen Austausch fördern. Schließlich zeigt sich, dass viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht nur höhere Bürokratie- und Reisekosten, sondern auch ein Gefühl der Unsicherheit und Exklusion erleben. Angesichts der globalen Herausforderungen, von Klimawandel bis Gesundheitskrisen, ist ein freier und ungehinderter internationaler Dialog wichtiger denn je. Die derzeitige Situation rund um US-Grenzpolitik und Konferenzverlagerungen macht jedoch deutlich, dass die Wissenschaftswelt hier in Gefahr gerät, sich selbst auszubremsen.