Die Ankündigung von McKinsey, weltweit über 5.000 Mitarbeiter zu entlassen, hat in der Beratungsbranche und darüber hinaus für Aufsehen gesorgt. Dies entspricht mehr als zehn Prozent der globalen Belegschaft des renommierten Beratungsunternehmens und markiert die größte Restrukturierung in der fast hundertjährigen Firmengeschichte. Die Gründe für einen derart drastischen Schritt sind vielfältig und komplex, doch eine zentrale Frage steht dabei im Raum: Spielt generative Künstliche Intelligenz (Gen-AI) eine entscheidende Rolle bei diesen Entlassungen? Um diese Frage fundiert zu beantworten, bedarf es einer umfassenden Betrachtung der wirtschaftlichen, technologischen und unternehmensspezifischen Rahmenbedingungen, die McKinseys Umstrukturierung begleitet haben.In den Jahren nach der Corona-Pandemie boomte die Nachfrage nach Beratungsleistungen im Bereich Digitalisierung und Transformation wie nie zuvor.
McKinsey reagierte darauf mit einem kräftigen Personalaufbau, der die Zahl der Mitarbeiter um fast zwei Drittel erhöhte. Diese Wachstumsphase wurde getragen von einem globalen Wirtschaftsaufschwung, der umfangreiche Projekte im Bereich Big Data, Analytics und digitale Strategien nach sich zog. Allerdings flachte dieser Boom in den letzten Monaten merklich ab. Die weltweite Konjunktur zeigte Anzeichen einer Verlangsamung, und Kunden schränkten ihre Budgets für Beratungsprojekte ein. Die Pipeline für große Beratungsaufträge, die zuvor als zuverlässig galt, kühlte merklich ab, was McKinsey vor die Herausforderung stellte, die eigene Kostenstruktur anzupassen und die Profitabilität zu sichern.
Neben den ökonomischen Faktoren gab es weitere Belastungen für das Unternehmen. Die juristischen Folgen aus der Beteiligung McKinseys an Beratungen für Hersteller von OxyContin im Rahmen der Opioidkrise in den USA führten zu Zahlungen von insgesamt rund 1,6 Milliarden US-Dollar in Vergleichszahlungen. Diese finanziellen Belastungen schmälern nicht nur das operative Ergebnis, sondern haben auch das Renommee des Unternehmens beeinträchtigt. In einer Branche, in der Vertrauen und Reputation entscheidend sind, wirken solche Krisen nach und beeinflussen indirekt auch die Nachfrage nach den Dienstleistungen.Die Einführung strengerer Leistungsbewertungssysteme bei McKinsey führte zu einem weiteren Wandlungsprozess innerhalb der Belegschaft.
Mitarbeiter, die nicht die geforderten Leistungen erbrachten, wurden zum Verlassen des Unternehmens gedrängt. Zusätzlich wurden Abfindungen angeboten, um freiwillige Austritte zu fördern. Eine erste Welle von Entlassungen betraf vor allem Backoffice-Stellen im Jahr 2023, gefolgt von Kürzungen in den Bereichen Daten- und Softwareentwicklung im Jahr 2024. Die aktuellen Massenentlassungen sind daher als Teil einer langfristigen Umstrukturierung und strategischen Neuausrichtung zu sehen.In den sozialen Medien und im öffentlichen Diskurs wird dabei zunehmend die Rolle von generativer Künstlicher Intelligenz als Treiber dieses Wandels thematisiert.
Prominente Stimmen aus der Tech-Welt deuten darauf hin, dass KI-Modelle wie ChatGPT, Claude oder Gemini zunehmend in der Lage sind, Aufgaben zu übernehmen, die früher den Beratern vorbehalten waren. Dies betrifft unter anderem die Erstellung von Berichtsvorlagen, strategischen Analysen oder sogar kundenspezifischen Empfehlungen, was Effizienzgewinne und Kostensenkungen ermöglicht. Die Aussicht auf eine Automatisierung komplexer Beratungsleistungen durch KI-Technologien ließ bei vielen Branchenbeobachtern die Befürchtung aufkommen, dass traditionelle Beratungsmodelle grundlegend infrage gestellt werden.Zahlreiche Experten warnen vor einer grundlegenden Umwälzung der Arbeitswelt durch die bevorstehende Produktivitätsrevolution, die durch KI befeuert wird. Aussagen von Führungspersönlichkeiten wie dem CEO von Zoho, Sridhar Vembu, unterstreichen die Dringlichkeit, sich auf einen Wandel einzustellen, der viele Berufsbilder, insbesondere im Software- und Dienstleistungssektor, nachhaltig verändern könnte.
Analogien wie „Only the paranoid survive“ erinnern an die Phase disruptiver Innovationen in der Vergangenheit, die Unternehmen zur ständigen Anpassung zwangen.Dennoch versucht McKinsey, die Situation differenziert zu sehen. Offizielle Stellungnahmen betonen, dass trotz der Entlassungen weiterhin in strategisch wichtige Bereiche investiert und neue Talente eingestellt werden. Die Botschaft lautet, dass nicht eine vollständige Abkehr von Beratungsexpertise erfolgt, sondern eine Neuausrichtung mit Fokus auf Wirkungsgrad und Innovationskraft. Die Transformation der Branche verlangt danach, Althergebrachtes zu überdenken und Beratungsmodelle mit technologischen Möglichkeiten zu verschmelzen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Vergleiche mit Mitbewerbern verdeutlichen die unterschiedlichen Strategien im Umgang mit der gegenwärtigen Marktsituation. So konnte etwa die Boston Consulting Group (BCG) zuletzt einen Umsatzanstieg von zehn Prozent verzeichnen und die Belegschaft weiter ausbauen. Diese divergierenden Entwicklungen illustrieren, dass es nicht nur eine Ursache für die Entlassungen gibt, sondern dass Unternehmensstrategie und Marktpositionierung entscheidend dafür sind, wie Firmen auf den Wandel reagieren.Die Entlassungen bei McKinsey sind ein Spiegelbild größerer Trends in der gesamten Beratungsbranche. Auch andere große Unternehmen wie PwC reagieren mit Stellenabbau auf den Wandel in der Projektlandschaft und den wirtschaftlichen Druck.
Die Zeit des grenzenlosen Wachstums in der Beratungsbranche scheint zu Ende zu sein, und es beginnt eine Phase der Konsolidierung und Kosteneffizienz. AI-Technologien können dabei als Katalysator wirken, der zwingt, Geschäftsmodelle zu überdenken und unternehmensinterne Prozesse zu automatisieren.Die Perspektive für die Zukunft der Beratungsbranche ist somit geprägt von Unsicherheit und zugleich Chancen. Während Automatisierung und intelligente Software einen Teil der bisherigen Tätigkeiten ersetzen können, entsteht auf der anderen Seite Raum für neue Beratungsfelder, die den Umgang mit KI und digitalen Innovationen selbst thematisieren. Berater werden verstärkt als Partner für Transformation und Innovation gefordert sein, die Maschinenkompetenz und menschliches Urteilsvermögen kombinieren können.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass generative KI zweifelsohne eine Rolle bei den Massenentlassungen bei McKinsey spielt, jedoch nicht als alleiniger Grund verstanden werden darf. Vielmehr handelt es sich um das Zusammenspiel verschiedener Einflussfaktoren, darunter wirtschaftliche Rahmenbedingungen, juristische Belastungen, strukturelle Veränderungen im Geschäftsmodell und technologische Disruption. Die Beratungsbranche steht vor einem tiefgreifenden Wandel, der neue Antworten und flexible Denkweisen erfordert. Unternehmen wie McKinsey müssen einen Spagat meistern zwischen Tradition, Innovation und digitaler Transformation, um langfristig im Wettbewerb bestehen zu können und zugleich die Beschäftigungsperspektiven ihrer Mitarbeiter zu wahren.Die Ereignisse um McKinseys Restrukturierung und den Einsatz von KI können als Weckruf für den gesamten Dienstleistungssektor verstanden werden, sich frühzeitig auf Veränderungen einzustellen und proaktiv neue Strategien zu entwickeln.
Die Zukunft der Arbeit wird hybrid sein – eine Symbiose aus menschlicher Expertise und technologischem Fortschritt. Wer diesen Wandel verpasst, riskiert, in der Konsequenz von „der neuen Beraterwelt“ überrollt zu werden.