Netflix zu schauen gehört für viele zum Alltag, doch wenn es darum geht, den Streaming-Dienst auf Asahi Linux zu nutzen, wird das Vorhaben schnell kompliziert. Asahi Linux, ein spezielles Linux-Derivat für Apple Silicon Macs, stellt Nutzer vor einzigartige technische Hürden, gerade wenn es um die Unterstützung von DRM-Systemen wie Widevine geht. Widevine ist essenziell für die Wiedergabe von geschütztem Content auf Plattformen wie Netflix, daher wollen wir in diesem ausführlichen Beitrag die Hintergründe, Herausforderungen und praktikable Lösungen für das Streaming auf Asahi Linux beleuchten. Als jemand, der von macOS auf Asahi Linux wechselte, war eines der größten Ärgernisse, nicht mehr problemlos Netflix und Spotify mit der offiziellen App nutzen zu können. Vor allem Netflix erforderte eine spezielle Herangehensweise, da der Schutzmechanismus Widevine auf Apple Silicon und Asahi Linux aufgrund zahlreicher technischer Limitierungen nicht einfach so funktioniert.
Der Grundstein für das Abspielen von geschützten Inhalten auf Netflix ist die Installation der Widevine DRM-Komponente, welche jedoch offiziell nur für x86_64-Architekturen mit Desktop Linux, ChromeOS und Android verfügbar ist. Der Einsatz von Widevine auf Asahi Linux erfordert daher einen kreativen Lösungsansatz, um die fehlende offizielle Unterstützung zu umgehen, ohne gegen den Digital Millennium Copyright Act (DMCA) zu verstoßen. Dabei ist es wichtig, die Legalität im Blick zu behalten und keine Umgehungsmethoden für DRM einzusetzen, sondern vielmehr legale Mittel auszuschöpfen. Die größte Schwierigkeit liegt darin, dass Asahi Linux auf Apple Silicon mit einer speziellen Seiten-Größe von 16 Kilobyte arbeitet, während die verfügbare Widevine-Bibliothek nur für 4-Kilobyte-Seitengrößen gebaut wurde. Technisch betrachtet ist Widevine als Shared Library (libwidevinecdm.
so) im ELF-Format (Executable and Linkable Format) bereitgestellt. Dieses Format enthält Segmente, die beim Laden in den Speicher immer seitenbasiert ausgerichtet sein müssen, das heißt, sogenannte LOAD-Segmente müssen eine bestimmte Ausrichtung zwischen der virtuellen Adresse und dem Offset in der Datei erfüllen. Während dies bei Systemen mit 4-Kilobyte-Seitengröße passt, ergibt sich auf Asahi Linux mit 16-Kilobyte-Seiten eine Fehlanpassung, die dazu führt, dass die Widevine-Bibliothek nicht geladen werden kann. Das Problem lässt sich nicht mit einfachen Einstellungen lösen, da Änderungen am virtuellen Speicherlayout oder der Bibliothek zu Inkompatibilitäten und zum Absturz führen würden. Vielmehr ist ein Eingriff auf ELF-Datei-Ebene notwendig.
Durch gezieltes Einfügen von Padding zwischen den Segmenten in der libwidevinecdm.so wird die Datei so angepasst, dass die Adressierungsanforderungen bei 16-Kilobyte-Seitengröße erfüllt sind, während das geladene Programm im Speicher das erwartete Layout beibehält. Diese Modifikation erfordert tiefgehendes Verständnis der ELF-Struktur und der Art und Weise, wie der dynamische Loader in Linux funktioniert. Die Herausforderung liegt auch darin, sicherzustellen, dass selbst nach den Änderungen keine signifikanten Sicherheitsmechanismen beeinträchtigt werden. Besonders problematisch ist dabei die geringere Granularität der Speicherseiten, die dafür sorgt, dass bestimmte Schutzmechanismen wie RELRO (read-only relocations) nicht in vollem Umfang verwendet werden können und mathematisch eigentlich getrennte Speicherbereiche nun auf derselben physischen Seite zusammenfallen.
Die Folge ist, dass bei einer 16-Kilobyte-Seitengröße Zugriffsrechte für Speicherbereiche mit unterschiedlichen Anforderungen verschmolzen werden müssen. Dies führt dazu, dass Bereiche, die eigentlich nur lesbar oder ausführbar sein sollten, nun zusätzlich Schreibrechte erhalten, was die Sicherheit potentiell vermindert. Dennoch war die Praxis bisher, dass die Widevine-Bibliothek diese Situation toleriert und somit das Streaming über Netflix technisch ermöglicht wird. Auf der praktischen Ebene wurde für die Automatisierung dieser komplexen Anpassungen ein Skript in Python entwickelt, welches die ELF-Datei modifiziert und die notwendigen Patches anwendet. Dieses Tool ist inzwischen in Pakete wie das widevine-aarch64 AUR-Paket integriert, sodass Nutzer von Asahi Linux oder anderen mit 16-Kilobyte-Seitengröße ausgestatteten Systemen Widevine unkompliziert installieren können.
Damit ist der technisch schwierigste Teil überwunden. Zusätzlich ist es allerdings notwendig, ein korrekten User-Agent-String im Browser zu verwenden, da Netflix auf eine ChromeOS-ähnliche Umgebung auf einem aarch64-System bestehen kann. Ein Beispiel für einen funktionierenden User-Agent lautet etwa: "Mozilla/5.0 (X11; CrOS aarch64 15236.80.
0) AppleWebKit/537.36 (KHTML, like Gecko) Chrome/109.0.5414.125 Safari/537.
36". Nur so kann Netflix zugestimmt werden, das Streaming zu erlauben. Weiterhin ist zu beachten, dass die eingesetzte Widevine-Version in der sogenannten L3-Sicherheitsstufe betrieben wird, was die maximale Streamingqualität auf HD-Bereich (720p bis 1080p) begrenzt. Höhere Qualitäten, wie 4K, sind nur bei L1-Hardware-DRM möglich. Apple Silicon unterstützt zwar prinzipiell ein strengeres DRM auf Hardware-Ebene, jedoch fehlt aktuell die Linux-Unterstützung dafür, sodass es für Nutzer von Asahi Linux keine Möglichkeit gibt, eine höhere DRM-Sicherheitsstufe zu erreichen.
Neben technischen Herausforderungen sollten Anwender auch Sicherheitsaspekte bedenken. Die Anpassungen an Speicherrechten und das Deaktivieren gewisser Schutzmechanismen erhöhen das Risiko für Angriffe durch bösartige Webseiten, sollten Browser-Schwachstellen ausgenutzt werden. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, Netflix in einem separaten Browserprofil oder dedizierten Browser auszuführen, welchen man ausschließlich für Streaming nutzt. Der gesamte Prozess zeigt exemplarisch, wie schwierig und wenig benutzerfreundlich es derzeit ist, Widevine DRM auf Plattformen außerhalb der offiziell unterstützten umzusetzen. Während Raspberry Pi und andere ARM-basierte Geräte bereits mit mehr oder weniger gut verstandenen Workarounds Widevine anbieten können, ist die Kombination aus Apple Silicon Hardware und Asahi Linux eine besondere Herausforderung für Entwickler und Nutzer.
Trotz allem stellen diese Bemühungen eine positive Entwicklung dar, da sie ohne Verstöße gegen Gesetze oder Richtlinien versuchen, das Streamingangebot auch für offene Systeme zu erschließen. Darüber hinaus beleuchtet die Situation die Notwendigkeit, dass Hersteller wie Google die offizielle Unterstützung für aarch64-Linux-Distributionen wie Ubuntu oder Arch erweitern sollten. Eine Integration von Widevine in offiziell unterstützte Distributionen würde den Aufwand für Nutzer enorm reduzieren und eine größere Verbreitung nativer Anwendungen ermöglichen. Abschließend lässt sich sagen, dass der Weg Netflix auf Asahi Linux zum Laufen zu bringen zwar technisch möglich ist, jedoch mit erheblichen Einschränkungen und Kompromissen verbunden ist. Die Arbeit von Entwicklern, die solche Lösungen ermöglichen, ist ein wichtiger Beitrag, um die Vielfalt von Betriebssystemen und Architekturen besser zu unterstützen.
Gleichzeitig unterstreicht die Situation die Herausforderungen von DRM in modernen digitalen Medien und die Notwendigkeit, praktikable und rechtlich einwandfreie Ansätze zur Nutzung von geschütztem Content anzubieten. Nutzer, die auf Asahi Linux Netflix schauen möchten, sollten sich also auf einen technisch anspruchsvollen Prozess einstellen, der jedoch mit den richtigen Tools und Kenntnissen gut bewältigbar ist. Die Kombination aus Patchen der libwidevinecdm.so, dem Einstellen eines passenden User-Agent im Browser und dem Einsatz spezieller Widevine Pakete bildet das Rückgrat der Lösung für das Streaming mit DRM auf Apples neuer Linux-Plattform. Wer sich intensiver mit der Materie beschäftigt, gewinnt nicht nur Zugang zu Netflix und anderen Streaming-Diensten, sondern erhält auch ein tiefes Verständnis für die komplexen Zusammenhänge hinter moderner Media-DRM-Technologie, ELF-Binärformate und den Herausforderungen, die proprietärer Code und Software-Sicherheit in offenen Systemen mit sich bringen.
Für passionierte Linux-Nutzer und Technik-Enthusiasten bietet Asahi Linux somit neben einer spannenden Experimentierrplattform auch die Gelegenheit, aktiv an den Grenzen des Machbaren mitzuwirken.