Die Elektromobilität gewinnt weltweit zunehmend an Bedeutung. Angesichts der steigenden Nachfrage nach umweltfreundlichen Fahrzeugen und politischen Bemühungen, den CO2-Ausstoß zu reduzieren, rücken Elektroautohersteller verstärkt in den Fokus von Investoren. Besonders spannend sind dabei Unternehmen, die sich zwar in der Entwicklung befinden und Herausforderungen meistern müssen, aber dennoch mit innovativen Ansätzen und ambitionierten Zielen überzeugen wollen. Zwei solcher Firmen sind Rivian Automotive und Nio. Beide haben bereits bewiesen, dass sie auf dem Radar zahlreicher Anleger sind, stehen jedoch vor der Aufgabe, ihre bisherige Performance zu bestätigen und Profitabilität zu erreichen.
Ein genauer Blick auf die jüngsten Entwicklungen zeigt, wo Chancen und Risiken für diese Elektroauto-Aktien liegen. Rivian Automotive ist ein US-amerikanischer Hersteller von Elektrofahrzeugen, bekannt vor allem für seine E-Pickups und SUVs. Das Unternehmen hat es geschafft, in seiner kurzen Geschichte Aufmerksamkeit durch technologische Innovation und ein großes Produktionspotenzial auf sich zu ziehen. Ein Meilenstein war die Veröffentlichung der Ergebnisse für das vierte Quartal, in dem Rivian erstmals eine Bruttogewinnspanne ausweisen konnte. Das Unternehmen erzielte im letzten Quartal des Jahres 170 Millionen US-Dollar Bruttogewinn, was deutlich über den Erwartungen der Analysten mit 49 Millionen US-Dollar lag.
Diese Entwicklung signalisiert eine verbesserte Effizienz und Kostenkontrolle bei der Herstellung der Fahrzeuge. Allerdings gibt es einen wesentlichen Vorbehalt: Ein großer Teil des Umsatzes resultierte aus dem Verkauf von Emissionszertifikaten, sogenannten regulatorischen Credits. Diese Credits erhalten Hersteller für den Verkauf emissionsarmer Fahrzeuge und können an andere Automobilriesen verkauft werden, die ihre gesetzlich vorgegebenen Emissionsziele sonst nicht erreichen würden. Im vierten Quartal generierte Rivian durch den Verkauf von regulatorischen Credits einen Umsatz in Höhe von 299 Millionen US-Dollar, was einen erheblichen Teil des Gesamtumsatzes darstellte. Die Abhängigkeit von solchen Verkäufen birgt Risiken, insbesondere wenn sich der Markt für diese Zertifikate verändert.
Rivian hat angekündigt, dass der Verkauf von regulatorischen Credits auch im Jahr 2025 stabil bleiben soll. Die Geschäftsführung setzt darauf, die Kosten weiter zu senken und eine nachhaltige Bruttogewinnmarge zu erzielen, um den Weg zu einer echten Profitabilität zu ebnen. Dennoch zeigen kritische Stimmen aus der Analystenwelt, wie etwa von Bernstein, dass diese Zielsetzung möglicherweise bis 2027 auf sich warten lassen kann. Zudem stagniert das Wachstum bei Auslieferungen, was bei Investoren für Unsicherheit sorgt. Die Einführung des günstigeren Modells R2, das für das erste Halbjahr 2026 geplant ist, könnte den dringend benötigten Impuls für das Umsatzwachstum bringen.
Bis dahin bleibt die Beobachtung der Bruttogewinnentwicklung zentral, um Rivians wirtschaftliche Stabilität besser einschätzen zu können. Nio ist ein chinesischer Elektroautohersteller, der vor allem im Premiumsegment agiert und durch innovatives Fahrzeugdesign und eine starke Markenpräsenz überzeugt hat. Trotz hoher Ambitionen und dem Aufbau eines umfangreichen Produktportfolios kämpft Nio derzeit mit den Auswirkungen eines intensiven Preiswettbewerbs auf dem chinesischen Markt. Die Regulierungsbehörden und enttäuschte Nachfrage treiben einen harten Wettbewerb unter den EV-Herstellern, der die Margen belastet. Trotzdem verspricht Nio für 2025 eine starke Dynamik, die durch zwei neue Marken namens Onvo und Firefly befeuert werden soll.
Im vierten Quartal erzielte Nio 52.760 ausgelieferte Fahrzeuge der Premium-Marke Nio sowie 19.929 Einheiten der neuen Marke Onvo. Der Offroad-orientierte Onvo ist auf kundenfreundliche Preisgestaltung ausgelegt, um Marktanteile außerhalb der Premiumklientel zu gewinnen. Die im Quartal gestartete Firefly-Marke ist noch in der Frühphase, ihr Börsenstart blieb deshalb zunächst hinter den Erwartungen zurück.
Nichtsdestotrotz dürfte die Ausweitung auf diese neuen Marktsegmente für Nio ein positiver Umsatz- und Lieferimpuls sein, falls die Nachfrage wie prognostiziert anzieht. Für Nio ist es entscheidend, die Auswirkungen der chinesischen Preiskämpfe zu überstehen und zugleich eine kontinuierliche Umsatzsteigerung sowie Auslieferungswachstum zu zeigen. Die Einführung günstigerer Modelle und neue Fahrzeugreihen könnten dabei helfen, Schwankungen auszugleichen und diverse Kundensegmente zu bedienen. Die Herausforderung besteht darin, Profitabilität zu erreichen, ohne die Markenwahrnehmung und Qualität zu beeinträchtigen. Beide Unternehmen repräsentieren unterschiedliche Marktansätze im Elektrofahrzeugsektor.
Rivian fokussiert sich vor allem auf den US-amerikanischen Markt mit einem Fokus auf Lifestyle-Elektrofahrzeuge wie Pickups, die in den USA sehr beliebt sind. Im Gegensatz dazu operiert Nio in einem der größten und dynamischsten Märkte weltweit – China – mit einem breiten Spektrum verschiedener Fahrzeugklassen und preispolitischen Modellen. Gemeinsam ist ihnen, dass sie bereits grundlegend etwas bewiesen haben, aber weiterhin großes Wachstumspotenzial mitbringen, das es zu realisieren gilt. Für Investoren ist bei beiden Unternehmen das Verhältnis von Chancen zu Risiken besonders wichtig. Der Markt für Elektroautos wird nachhaltig wachsen, neue Technologien und staatliche Förderungen unterstützen die Nachfrage.
Jedoch steht die Profitabilität im Mittelpunkt der Bewertung, denn sowohl Rivian als auch Nio haben in der Vergangenheit vor allem hohe Investitionen und Verluste ausgewiesen. Ein positiver Bruttogewinn und nachhaltiges Umsatzwachstum sind Zeichen dafür, dass diese Firmen den Übergang zu stabilerer wirtschaftlicher Leistung schaffen. Zudem ist die Konkurrenz in der Branche nicht zu unterschätzen. Tesla hat sich mit großem Vorsprung als Marktführer etabliert, viele traditionelle Hersteller rüsten industriell um und neue Anbieter drängen ebenfalls auf den Markt. Dies führt zu Preisdruck und Innovationserfordernissen, die vor allem junge Unternehmen vor Herausforderungen stellen.
Die nächsten Monate und Jahre werden zeigen, ob Rivian seine Kostenstrukturen weiter verbessern und neue Modelle erfolgreich auf den Markt bringen kann. Für Nio wird entscheidend sein, die Expansion über neue Marken effektiv zu gestalten und trotz Wettbewerbsdrucks finanzielle Stabilität zu bewahren. Investoren tun gut daran, die Quartalszahlen und Marktentwicklungen aufmerksam zu verfolgen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Rivian und Nio als zwei vielversprechende Elektroautohersteller gelten, die den Beweis erbringen müssen, dass sie nachhaltige Geschäftsmodelle besitzen. Ihre Entwicklungen spiegeln die Dynamik und Herausforderungen einer Branche wider, die gerade erst am Anfang einer möglichen industriellen Revolution steht und für Anleger sowohl attraktive Chancen als auch Risiken bereithält.
Wer langfristig auf Elektromobilität setzen möchte, sollte diese Aktien mit einem genauen Blick auf finanzielle Kennzahlen, Produktportfolio und Marktstrategien beobachten.