Die US-amerikanische Wissenschaft befindet sich an einem kritischen Wendepunkt. Die zweite Amtszeit von Präsident Donald Trump hat bereits in den ersten Monaten eine bemerkenswerte Zäsur geschaffen, die tiefgreifende Folgen für die wissenschaftliche Gemeinschaft, Forschungsinstitutionen und die Zukunft von Innovation und Technologie hat. Historisch gesehen sind die Vereinigten Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg zur führenden Wissenschaftsnation aufgestiegen, getragen von langfristigen staatlichen Investitionen und einer engen Zusammenarbeit von Bund, Hochschulen und privaten Institutionen. Doch diese etablierte Ordnung wird durch die jüngsten politischen Veränderungen massiv erschüttert. Die Trump-Administration hat begonnen, etablierte Wissenschaftsbehörden zu schwächen, indem Zehntausende von Mitarbeitern entlassen wurden – darunter Wissenschaftler und technische Experten, die zentrale Rollen in Krankenversuchen, Klimaforschung und anderen kritischen Projekten innehatten.
Parallel dazu wurden mehr als tausend Forschungsstipendien besonders in Bereichen wie dem Klimawandel, Krebs, Alzheimer und HIV-Prävention beendet, was nicht nur laufende Studien abrupt stoppte, sondern den Wissenschaftsstandort USA nachhaltig schwächt. Finanzielle Kürzungen treffen dabei insbesondere die National Institutes of Health (NIH) und die National Science Foundation (NSF). Die NIH gilt als Kronjuwel der amerikanischen Forschung und ist verantwortlich für die Finanzierung von mehr als 60.000 Projekten pro Jahr. Ihre Förderungen tragen maßgeblich zur Entdeckung neuer Medikamente bei – zwischen 2010 und 2019 basieren über 99 Prozent der in den USA zugelassenen Arzneimittel auf Forschung, die von den NIH unterstützt wurde.
Trotz dieser Erfolgsgeschichte sieht sich das Institut Kürzungen von bis zu 40 Prozent gegenüber, was viele Experten als existenzbedrohend bewerten. Diese Sparmaßnahmen werden vom Argument der Trump-Administration begleitet, Verschwendung, Betrug und Missbrauch in Regierungsbehörden entgegenzutreten. Doch unabhängige Beobachter und Wissenschaftler sehen darin vor allem einen Versuch, staatliche Forschungsinfrastrukturen grundlegend zu schwächen und teilweise zu privatisieren. Die National Weather Service, ein weiteres Beispiel, leidet unter Entlassungen, die vor allem seine Wettervorhersagefähigkeit beeinträchtigen und einen Rückzug des Staats aus essenziellen öffentlichen Diensten begünstigen könnten. Neben den direkten Einschnitten in Forschung und Personal schlagen die restriktiven Einwanderungspolitiken der neuen Regierung ebenfalls negativ durch.
Wissenschaftliche Hotspots wie die USA leben von der internationalen Zusammenarbeit und dem Zuzug hochqualifizierter Forscherinnen und Forscher. Bereits jetzt berichten viele Akademiker von einem verstärkten Brain Drain, bei dem Talente ins Ausland abwandern, um Forschung unter stabileren und unterstützenden Bedingungen fortzusetzen. Diese Entwicklung birgt die Gefahr, dass die USA langfristig ihre Stellung als Innovationsführer einbüßen könnten. Die Reaktionen aus der Wissenschaftsgemeinschaft sind alarmierend. Im März 2025 veröffentlichte die US National Academies of Sciences, Engineering, and Medicine eine offene Erklärung, in der sie den Niedergang der nationalen Forschungslandschaft als Notfall signalisierten.
Eine Umfrage unter Nature-Lesern zeigte, dass die überwältigende Mehrheit der Befragten tief besorgt um die Zukunft der amerikanischen Wissenschaft und die Negativfolgen für die weltweite Forschung ist. Universitäten geraten unter Druck, da sowohl die Finanzierung als auch politische Einflussnahmen zunehmen. Große Einrichtungen wie Harvard, Columbia oder das Massachusetts Institute of Technology (MIT) sehen sich nicht nur Kürzungen von Fördergeldern gegenüber, sondern auch mit Forderungen konfrontiert, politisch motivierte Auflagen zu erfüllen. Dies stellt die langjährige Partnerschaft zwischen Wissenschaft und Regierung vor eine Zerreißprobe. Die Kürzungen treffen insbesondere die Grundlagenforschung, die oft keinen unmittelbaren kommerziellen Nutzen bringt, aber auf lange Sicht Innovationen ermöglicht, die Gesellschaft und Wirtschaft transformieren.
Privatwirtschaftliche Investitionen orientieren sich meist an kurzfristigen Ergebnissen und tragen selten die hohen Risiken und Kosten der frühen Forschungsphasen. Der Rückzug des Staates aus dieser Rolle gefährdet deshalb den Fortbestand eines stabilen Innovationsökosystems, das zu vielen technologischen Durchbrüchen der letzten Jahrzehnte geführt hat – vom Internet bis hin zu GPS und moderner Medizintechnik. Aus Expertenkreisen hört man die Warnung, dass die Wiederherstellung dieses zerstörten Forschungssystems Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, in Anspruch nehmen wird. Der Verlust an Know-how und institutioneller Erfahrung sei unwiederbringlich, und die derzeitigen politischen Entscheidungen könnten der amerikanischen Wissenschaft einen dauerhaften Schaden zufügen. Der Weg nach vorn ist unklar.
Während die Trump-Regierung von einer „goldenen Ära der amerikanischen Innovation“ spricht, deuten die Tatsachen auf eine Zerreißprobe für die gesamte Wissenschaftslandschaft hin. Der Rückhalt im Kongress ist bislang stärker auf der Seite der Administration, was die Umsetzung von Kürzungen und Restrukturierungen erleichtert. Gleichzeitig wächst der Widerstand von Forschern, Akademien und internationalen Partnern. Einige Institutionen haben begonnen, sich juristisch gegen die politisch motivierten Einschnitte zur Wehr zu setzen. Auf gesellschaftlicher Ebene setzt die Debatte um die Zukunft der US-Wissenschaft ein starkes Signal für den Wert von staatlich geförderter Forschung und der Bedeutung von Offenheit, Vielfalt und internationalem Austausch in der Innovationsförderung.
Zusammenfassend steht die US-Wissenschaft unter Trump 2.0 vor einer bisher beispiellosen Herausforderung. Die Kombination aus massiven Budgetkürzungen, Entlassungen und politischen Einmischungen gefährdet fundamentale Funktionen der Forschung und die Rolle der Vereinigten Staaten als globale Wissenschaftsmacht. Der Schaden durch diese Maßnahmen wird nicht kurzfristig behoben werden können. Eine kritische Auseinandersetzung mit der Bedeutung von wissenschaftlicher Infrastruktur, langfristiger Förderung und der Stärkung der internationalen Zusammenarbeit ist dringend notwendig, um die Zukunftsfähigkeit amerikanischer und globaler Forschung zu sichern.
Angesichts dieser Entwicklung bleibt die Frage, ob die USA es schaffen werden, ihr Forschungssystem zu stabilisieren und neu auszurichten, ohne ihre führende Rolle auf dem Gebiet der Wissenschaft und Innovation nachhaltig zu verlieren. Die kommenden Monate und Jahre werden zeigen, ob die amerikanische Forschungslandschaft den Herausforderungen trotzen und gestärkt aus dieser Phase hervorgehen kann – oder ob ein bedeutender Rückschritt eingeleitet wird, der weit über die Landesgrenzen hinaus Folgen haben wird.