Der brasilianische Fleischriese JBS hat einen bedeutenden Schritt zur Erfüllung seiner langjährigen Absicht gemacht, seine Aktien an der New Yorker Börse zu listen. Bei einer kürzlich stattgefundenen Abstimmung stimmten die Minderheitsaktionäre des Unternehmens mehrheitlich für die Pläne, die Aktien sowohl in São Paulo als auch in New York zu handeln. Dieser Erfolg wurde trotz vielfältiger Gegenwehr von Umweltaktivisten, US-amerikanischen Gesetzgebern und anderen kritischen Gruppen erreicht, die das Unternehmen aufgrund seiner Geschichte von Korruption, monopolistischem Verhalten und Umweltschäden kritisieren. JBS blickt auf eine wechselvolle Vergangenheit zurück, die immer wieder Schlagzeilen machte, nicht nur wegen seiner Größe, sondern auch wegen der politischen und ethischen Herausforderungen, mit denen es konfrontiert ist. Das Unternehmen betreibt mehr als 250 Produktionsstätten in 17 Ländern und erzielt etwa die Hälfte seines Jahresumsatzes in den Vereinigten Staaten, wo es als größter Rindfleischproduzent und zweitgrößter Erzeuger von Geflügel und Schweinefleisch gilt.
Die Entscheidung der Aktionäre wird als Ausdruck des Vertrauens in die Vorteile einer Doppelnotierung gesehen, die laut JBS CFO Guilherme Cavalcanti einen Mehrwert schaffen, den Zugang zu Investoren erweitern und zu wettbewerbsfähigeren Finanzierungskonditionen führen soll. So kann das Unternehmen Wachstumsmöglichkeiten finanzieren und seine Diversifizierungsstrategie beschleunigen. Die Aufnahme des Handels an der New Yorker Börse soll am 12. Juni beginnen, nachdem die US-Börsenaufsichtsbehörde SEC die Notierungsanfrage genehmigt hat. Trotz dieser Fortschritte war der Weg keineswegs frei von Kontroversen.
Umweltorganisationen wie Mighty Earth haben die Pläne scharf kritisiert und argumentieren, dass der Zugang zu Milliarden von US-Dollar neuen Mitteln für das Unternehmen die Abholzung und umweltschädliche Praktiken nur verstärken könnte. Glenn Hurowitz, CEO von Mighty Earth, bezeichnet die Börsennotierung als ein Signal, das eigentlich für mehr Transparenz stehen sollte, aber in Anbetracht von JBS‘ Verhalten eher eine Verschleierung der tatsächlichen Umweltauswirkungen, des CO2-Fußabdrucks und der Menschenrechtsverletzungen darstellt. Die Skepsis geht jedoch über Umweltfragen hinaus. Die Rückkehr der Brüder Joesley und Wesley Batista in den Vorstand des Unternehmens sorgte für zusätzliche Kritik. Beide sind Söhne des Gründers von JBS und waren 2017 kurzzeitig aufgrund von Korruptions- und Bestechungsvorwürfen in Haft.
Das renommierte unabhängige Investorberatungsunternehmen Glass Lewis empfahl daher, den Notierungsplänen nicht zuzustimmen und verwies auf die durch mehrere Skandale beschädigte Reputation, die Vertrauen unter den Interessensvertretern unterminiere und ein erhebliches Risiko für die Wettbewerbsfähigkeit des Konzerns darstelle. Während der Mutterkonzern der New Yorker Börse, Intercontinental Exchange, keine Stellungnahme zu den Vorgängen abgab, blieb JBS in seiner Darstellung optimistisch und sieht in der geplanten Doppelnotierung mehr als nur eine bloße Finanzmaßnahme. Für das Unternehmen soll sie ein strategischer Schritt sein, der Chancen auf internationalem Parkett eröffnet und den Konzern nach vorn bringt. Die Fleischindustrie selbst steht im Zentrum globaler Debatten über Nachhaltigkeit, Klimaschutz und verantwortungsbewusste Wirtschaftsweise. JBS als einer der Marktführer trägt eine besondere Verantwortung, da die Methoden der Fleischproduktion nach wie vor stark mit Umweltproblemen wie Abholzung, Emissionen und Landnutzungsänderungen verbunden sind.
Daher wird die Entwicklung genau beobachtet, wie JBS mit dem Druck von Investoren, Umweltgruppen und politischen Institutionen umzugehen vermag und ob sich daraus tatsächlich ein Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit und Transparenz ergibt. Für Anleger birgt die Einführung auf dem US-Markt neue Möglichkeiten, birgt jedoch auch Risiken in Hinblick auf Reputationsfragen und regulatorische Anforderungen. Die kommenden Monate werden zeigen, wie sich die Aktienbewertung an der NYSE entwickelt und ob JBS die Herausforderungen des modernen Kapitalmarkts bewältigen kann. Insgesamt markiert der jüngste Entschluss der Aktionäre einen Wendepunkt für JBS, der sowohl Chancen als auch Kritik mit sich bringt. Das Unternehmen hat bewiesen, dass es trotz diverser Gegenstimmen fest entschlossen ist, seinen Platz auf einem der größten Finanzmärkte der Welt zu sichern.
Gleichzeitig stellt sich die Frage, inwiefern JBS den Forderungen nach mehr Umweltverantwortung und ethischem Geschäftsgebaren gerecht werden wird, um langfristig erfolgreich und nachhaltig agieren zu können.